vonHans Cousto 10.02.2013

Drogerie

Aufklärung über Drogen – die legalen und illegalen Highs & Downs und die Politik, die damit gemacht wird.

Mehr über diesen Blog

Rauschkunde  bezeichnet die wissenschaftliche Beschäftigung mit Rauschzuständen. Rausch  meint in diesem Zusammenhang einen veränderten  Bewusstseinszustand  wie er durch Drogen  hervorgerufen oder auch durch Meditation  und andere Trance-Techniken erreicht wird. Der Begriff „Rauschkunde“ wurde durch die Buchreihe „Edition Rauschkunde“ bekannt, die der Autor und Verlger Werner Pieper in seinem Verlag MedienXperimente ab 1994 herausgegeben hat. Bis 1980 hieß der Verlag „Die Grüne Kraft“, wurde jedoch in Abgrenzung zu den aufkommenden Grünen umbenannt. Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts schrieb Werner Pieper unter den Pseudonym Ronald Rippchen die „Heiter Weiter“ DrogenKolumne in der TAZ, die unter dem Titel „Kräuter-Pillen-Drogen“ (KPD) erschien.

Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts, als Werner Pieper die „Edition Rauschkunde“ gründete, wusste die große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht, was das Internet oder das Netz (World Wibe Web) ist. Das World Wibe Web wurde erst vor knapp 20 Jahren am 30. April 1993 im CERN in Genf freigeschaltet. Für die Kommunikation nutzte man damals das Telefon, das Faxgerät und die Briefpost, für die Information Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, das Fernsehen und Radioprogramme. Erst gegen Ende der 90er Jahre gewann das Internet eine größere Bedeutung für die Kommunikation und Information. Texte und Bilder wurden weltweit ins Netz gestellt, abgerufen oder versendet. Und erst in den Jahren nach der Jahrtausendwende, als die Übertragungsraten der digitalisierten Daten deutlich schneller wurden, gewann das Internet an Bedeutung für die Übermittlung von Musik und Videos. Das Internet hat innerhalb von etwa 20 Jahren das Informationsmonopol von Regierungen und Redaktionen überwunden und wohl den größten Beitrag seit Menschengedenken zur Demokratisierung des Informationsflusses und des Wissens geleistet.

PSI-TV ist ein freies Video–Projekt zur Dokumentation und Berichterstattung von Veranstaltungen zum Themenkreis Drogen und Rauschkunde. PSI-TV hat bisher 70 Eigenproduktionen wie Interviews und Themenspecials realisiert – Trailer nicht mit eingerechnet. PSI-TV ist ein eher kleines aber sehr feines Projekt und verdient aufgrund seiner Qualität einen weit größeren Bekanntheitsgrad, als es bisher hat. Spiritus Rector von PSI-TV ist Martin Steldinger, auch unter dem Namen tribble bekannt.

PSI-TV-Logo: Tanzende Pilzmaennchen
PSI-TV-Logo: Tanzende Pilzmännchen

PSI-TV dokumentiert vor allem Vorträge, die auf Veranstaltungen wie den Sonics Netzwerktreffen, dem Gathering of the Tribes, der Entheovision, dem Welt Psychedelik Forum oder dem Anarchistischen Kongress gehalten werden. Auch ganze Tagungen wie die ‚Drug-Checking-Tagung’ im Roten Rathaus zu Berlin wurden schon dokumentiert. Die Videos sind anspruchsvoll (akademisches Niveau) und dauern im Schnitt etwa eine Stunde. PSI-TV ist eine authentische Informationsquelle und verfolgt keine kommerziellen Ziele. Drei Kriterien sind für PSI-TV besonders wichtig:

1. unkommerziell: Alle Produktionen werden unter Creative Commons License veröffentlicht.

2. unabhängig: PSI-TV will bei der Umsetzung allein seinem Gewissen verantwortlich sein! Strafrechtlich relevante Inhalte wie Konsumaufforderungen werden jedoch nicht verbreitet.

3. psychedelisch: PSI-TV widmet sich ausschließlich dem riesigen Themenkreis Drogen, Rauschkunde und Psychedelika.

In den schamanischen Wissenschaften spielt die Rauschkunde eine ganz zentrale Rolle. Obwohl diese Wissensgebiete eng miteinander verknüpft sind, gibt es keinen Artikel zu „Rauschkunde“ in der Wikipedia (wurde am 28. Dezember 2007 gelöscht) und der Artikel „Schamanismus“ gilt als der längste Artikel in dieser Enzyklopädie. Einer, der diese Wissensgebiete in seiner Forschung immer wieder in ihrer Beziehung untersucht, ist Christian Rätsch. Christian Rätsch ist Altamerikanist und Ethnopharmakologe. Sein Fachgebiet ist die Erforschung des ethnomedizinischen und rituellen Gebrauches von Pflanzen, insbesondere der kulturellen Nutzung psychoaktiver Pflanzen im Schamanismus. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, von denen die „Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen“ das wohl am häufigsten zitierte ist. Von Christian Rätsch gibt es fünf Videos auf PSI-TV, die insgesamt gut 70.000 mal angeschaut wurden. Die Favoriten hierbei sind sein Vortrag „50 Jahre Pilzerfahrung“, den er am 18. Juni 2005 auf dem Open Air „Spiritual Healing“ am Badesee in Preddöhl (Prignitz/Brandenburg) gehalten hat (34.000 Views) sowie sein Vortrag „Die Wirkung der Musik auf das Bewusstsein“, den er am 30. September 2011 auf der Klangwirkstoff Record Release Party in der Ritter Butzke in Berlin-Kreuzberg gehalten hat (25.000 Views).

Den Zauberpilzen sind einige weitere interessante Beiträge auf PSI-TV gewidmet. In zwei Interviews zu den Themen „Forschung und Erfahrung mit dem Fliegenpilz und Pantherpilz“ (5.700 Views) und „Pharmacognosis“ (4.500 Views) erzählt Jonathan Ott auf der Buchmesse in Frankfurt am Main 2005 von seinem Interesse für wirksame Substanzen und wie er dieses Interesse mit Studien befriedigte, um danach seinen eigenen Beitrag zur Erforschung der Entheogene zu leisten. Auch das Referat und das anschließende Interview von und mit dem Pharmazeuten Tibor Harrach vom 16. April 2005 in der Offenen Uni Berlin zum Thema „psychoaktive Pilze“ macht viele Leute neugierig (insgesamt 5.400 Views). Auch von Joachim Eul gibt es einen interessanten Vortrag zu dem „Magic Mushrooms“ (3.700 Views).

Zum Thema „Speed – Eine Gesellschaft auf Droge“ gibt es drei Beiträge von dem Autor Hans-Christian Dany: eine Lesung (4.800 Views), ein Vortrag (6.100 Views) und eine kurze Kompaktinfo als Trailer (24.500 Views). Ja, Speed ist eine „schnelle“ Droge, deshalb begnügen sich wohl die meisten bei diesem Thema mit der nur ca. neun Minuten dauernden Kompaktinfo.

Bei Speed und anderen synthetischen Substanzen wissen die Konsumenten oft nicht, wie rein der Stoff ist und wie groß die Wirkstoffmenge ist. Um dies fest zu stellen werden in verschiedenen Ländern Drug-Checking-Programme durchgeführt, das heißt, von auf dem Schwarzmarkt kursierenden Pillen, Pappen und Pulver werden Proben qualitativ und quantitativ analysiert und die Resultate werden den Überbringern mitgeteilt. Drug-Checking ist eine Interventionsstrategie zur Schadensminderung und zur Erhaltung von Gesundheit. Zum Thema Drug-Checking fand am 13. November 2008 im Roten Rathaus von Berlin eine Fachtagung statt, an der Alexander Bücheli von Safer-Party in Zürich, der Professor für Strafrecht Cornelius Nestler aus Köln, Rüdiger Schmolke vom Chill-Out e.V. in Potsdam und der Pharmazeut Tibor Harrach von der LAG-Drogenpolitik der Grünen referierten. Insgesamt wurden über 7.200 Videos von diesen Vorträgen angeschaut. Das Video „Drug-Checking mit Marquis Farbtest“ von Tribble aus dem jahr 2006 wurde 5.300 mal angeschaut.

Auf PSI-TV gibt es nicht nur substanzspezifische Informationen, sondern auch Beiträge zur Drogenpolitik. Die zwei Referate von Hans Cousto – Autor dieser Zeilen – „Drogengenusskultur – Drogenautonomie: Gundlegende Begriffe“ und „Prohibitionskritische Analyse und Recht auf Rausch“, die am 10. und 11. April 2009 im Rahmen der Seminarreihe „Autonome Rauschpositionen“ auf dem AKongress in Berlin vorgetragen wurden, wurden insgesamt 8.200 mal angeschaut. Für die Lesung mit Mathias Bröckers aus seinem Buch „Die Drogenlüge“ im TAZ-Café am 2. Februar 2011 interessierten sich 8.600 Leute und die Beiträge zu Cannabis als Weltkultur respektive zu Psychonautik als Weltkulturerbe von Hans Cousto machten insgesamt 4.500 Leute neugierig. Die Podiumsdiskussion zur Drogenpolitik vom 17. September 2011, veranstaltet von der Piratenpartei im Yaam an der Spree in Berlin, schauten gut 3.100 Leute an.

Auch zum Thema Partypolitik wird man auf PSI-TV fündig. 4.700 mal wurde die Podiumsdiskussion „Party-Kultur zwischen Freiraum und Kommerz“ angeschaut. An der Diskussion vom Gathering of the Tribes 2007 in Frankfurt am Main beteiligten sich Conni Mali (Playground e.V.), Eule vom Fusion Festival, Dr. Motte (Ex-Loveparade), Trauma XP (Fuckparade) und Hans Cousto (Eve&Rave). Die Moderation führte Wolfgang Sterneck (Alice Projekt Frankfurt am Main). Die Präsentation von Hans Cousto und Markus Berger „Die kosmische Oktave im Lichte des Glasperlenspiels – Was hat Drugchecking mit kosmisch gestimmter Musik zu tun?“, die am 28. September 2012 in der Ritter Butzke in Berlin-Kreuzberg auf der Party „Klangwirkstoff Records meets Eclipse e.V.“ aufgenommen wurde, ist der neueste Beitrag von PSI-TV zum Thema Partypolitik. Dieser Beitrag wurde bisher 1.200 mal angeschaut.

Die Kongresse der Reihe „Entheovision“ befassen sich seit 2003 mit allen Themen rund um bewusstseinsverändernde Pflanzen und Substanzen. Dazu gehören Betrachtungen zu Ethnobotanik, Psychologie, Kunst, Spiritualität, Politik, Medizin und zu pharmakologischen Aspekten. Auf PSI-TV sind ein gutes Dutzend der Vorträge dieser Kongresse zu finden, die insgesamt 20.100 mal angeschaut wurden. Seit September 2007 fand aus finanziellen Gründen keine „Entheovision“ mehr statt, doch im Mai 2013 wird es wieder eine „Entheovision“ geben. Der Kongress wird wieder in den Hörsälen des Botanischen Museums im Botanischen Garten in Berlin-Dahlem stattfinden. Dort kann man einige Referenten, von denen Beiträge auf PSI-TV archiviert sind, live erleben. In der Zwischenzeit fand jedoch am gleichen Ort im September 2012 ein analog gestalteter Kongress namens „Entheo Science“ mit gleicher Zielsetzung, jedoch anderer Kongressleitung, statt. Die Vorträge dieser Veranstaltung sind als Download auf der Website „Entheo Science“ verfügbar.

Die Auflistung der PSI-TV-Videos findet man hier im Internet Archive und hier bei YouTube.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/drogerie/2013/02/10/rauschkunde-in-bild-und-ton-%e2%80%93-teil-1-psi-tv/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert