vonHelmut Höge 31.10.2006

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt.

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So langsam geraten auch der offline-taz die Hausmeister ins Visier – und sei es nur wegen der albernen Uschi-Debatte (auch – noch alberner – “Unterschicht-Diskurs” genannt). Hier die diesjährige Ausbeute:

1. Aus einer Theaterrezension der taz-hamburg über die Science-Fiction-Lichtspiel-Operette “Kongress der Planetenvereinigung:”

Das dort eingefrorene wissenschaftliche Orchester taut auf, das Spektakel beginnt, unter musikalischer und humoristisch wissenschaftlicher Leitung des Fachmanns für die leichte Muse, Jaques Palminger, zu sehen ebenfalls auf Leinwand in der Rolle des Leiters des visuellen Kongresses und zuständig für Herzschmerz. Die Hausmeisterin Frl. Cooper verliebt sich nämlich abgöttisch in ihn, was höchstwahrscheinlich nicht gut geht, aber dann doch im Happy End mündet. “Das verrate ich aber noch nicht”, schmunzelt die Hausmeisterin-Darstellerin Lana Cooper. (Katrin Jäger)
2. Aus “hamburger szenen”:

Allgemein scheint der im Haus wohnende Hausmeister dem Hausmeisterdienst zu weichen. Niemand klagt darüber – es sei denn, der mobile Hausmeisterdienst verweigert sein Kommen über Gebühr lange. Mein Hausmeister in Berlin bedrohte mich, als ich die Papiermülltonne nach einem alten Kassenzettel absuchte. Er verbot mir, über den Rasen hinweg zur Wäscheleine zu gehen.

Meine Hausmeisterin in Bremen erzählte mir noch vor dem Einzug, wie ihr Mann plötzlich an Krebs verstorben war. Sie erzählte es so sachlich wie detailreich und mit Sinn für das Dramatische der Geschichte. Ähnlich sprach sie über den Mieter, der nun schon lang im Gefängnis saß, einen anderen, der trank, aber mit dem Randalieren aufgehört hatte, und über die Paare vom Drogenstrich, deren Kondome morgens im Hof herumlagen. Und sie sagte, dass sich die Nachmieterin wegen der Löcher in der Wand nicht so haben sollte.

Jetzt wohne ich in Hamburg, in einer teureren Wohnung. Mein neuer Hausmeister schenkte mir zum Willkommen ein Schokoladen-Bonbon. Ich durfte mir bei ihm den Schlüssel zum Fahrradschuppen nachmachen lassen. Der Hausbesitzer, sagte der neue Hausmeister, würde am liebsten noch dafür Miete nehmen. Doch da, so der Hausmeister, habe er mit seinem Auszug gedroht. “Die Mieter müssen zusammenhalten, Mädchen”, sagte mein neuer Hausmeister und bot mir seine Bohrmaschine an. (Friederike Gräff)

3. taz-Berlin:

Zum Glück gibt es noch die Hausmeisterin, sonst würde ich gar nichts mehr erfahren. Vor zwei Monaten traf ich sie unten im Flur. Sie stand vor den Briefkästen und betrachtete nachdenklich einen Kasten, aus dem die Post quoll. “Da stimmt etwas nicht”, sagte sie mit ihrem osteuropäischen Akzent, “ich habe den schon lange nicht mehr gesehen.” Der Mieter der Wohnung ganz oben unter dem Dach. Ich kannte ihn nicht. Vielleicht ist er verreist, sagte ich, vielleicht ist ihm etwas passiert, sagte sie, was kann man machen? Ich wollte mir nicht vorstellen, dass der Mann allein gestorben war und jetzt in seiner Wohnung lag, von niemandem vermisst. So etwas liest man in der Zeitung. So etwas passiert nicht im eigenen Haus.

Letzte Woche haben sie ihn gefunden. Die Feuerwehr kam mit einem Leiterwagen und ist durch ein Fenster eingestiegen. Er lag wohl schon seit letztem Mai da. Rente aufs Konto, Miete vom Konto. Muss ein angenehmer Mieter und Nachbar gewesen sein: nie Beschwerden, immer ruhig. (Stefan Kuzmany)

4. taz-ticker:

Hausmeisterin Else Kling nimmt Schürze und Kopftuch ab und verläßt die “Lindenstraße”. Am 28. Mai soll die 91 Jahre alte Schauspielerin Annemarie Wendl das letzte Mal auf dem Bildschirm zu sehen sein. Sie werde den Serientod sterben, teilte die ARD mit. In welcher Form – das wird noch nicht verraten. (dpa)

5. taz-Umfrage unter Russlanddeutschen Jugendlichen: Was ist deine schönste Erinnerung?
Als ich die Schulolympiaden in Mathematik und Russisch gewonnen habe.
(ANJA, 11 Jahre. Mutter: Ökonomin)

Als ich mit Freunden im Dreamland war! (Das ist ein Unterhaltungspark in Minsk.) EGOR, 11 Jahre. Vater: stellvertretender Filialleiter. Mutter: Hausmeisterin in einem Wohnheim

6. taz-bremen “heute”: Die Hausmeister der Bremer Schulen debattieren über Arbeitszeiten und Schließsysteme

taz: Wann beginnt Ihr Arbeitstag, normalerweise?

Marion Gühler, Hausmeisterin an der Grundschule Fährer Flur: Um 6.05 Uhr: Aufschließen, Lüften, Kontrollgang.

Und wann hören Sie auf?

Laut Arbeitsvertrag um 18 Uhr.

Das macht 50,5 Stunden die Woche!

Ja, da sind Bereitschaftszeiten mit drin. Die allermeisten Kollegen haben noch einen Zusatzarbeitsvertrag, von 18-22 Uhr, und ein Teil arbeitet auch an Wochenenden. Das können schon mal zwei volle Tage sein.

Geht das?

Nicht mehr. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs sind nur noch 48 Wochenstunden erlaubt, einschließlich Bereitschaft.

Was heißt das?

Dass bei uns dann um 20 Uhr Schluss wäre. Eventuell könnte man danach noch so eine Art Notdienst anbieten. Das zählt dann nicht mehr zur Arbeitszeit. Erst mal sollen wir alle Änderungskündigungen bekommen.

Was sagen die HausmeisterInnen zu dem Urteil?

Wir sind gerne bereit, auch mehr zu arbeiten als 38,5 Stunden – aber wir möchten diese 9,5 Mehrstunden bezahlt haben.

Was sagt der Bildungssenator dazu?

Der möchte am liebsten alles so behalten wie es ist. Also Schlussrundgang um 22 Uhr. Aber er hat kein Geld.

Könnten Schließanlagen helfen?

In Hamburg gibt es eine Schule, wo das erprobt wird. Da läuft das totale Chaos. Die ganze Geschichte lässt sich nur lösen über mehr Personal. Oder die Übungsleiter müssten selbst abschließen, abends. Aber die sind alles andere als begeistert. (sim)

7. taz-kommentar über Natascha Kampusch:

Einen großen Schritt weiter geht eine frühere Hausmeisterin. Sie ist überzeugt, dass die Mutter das Mädchen seinerzeit verkauft hat. Auch das wird gesendet. Kommentarlos, distanzlos, ungeprüft. Psychiater, die mit Natascha Kampusch sprechen, äußern sich vor laufenden Kameras. Fotos der jungen Frau gibt es – noch – nicht. Aber dafür zahlreiche Computersimulationen, die den zeitlichen Abstand von acht Jahren zu überbrücken suchen. (Bettina Gaus)

8. ein taz-nachruf auf Annemarie Wendl:

Else Kling! Ein Name wie eine gefühlte Pest, und das zu einem Gesicht, das sich mit der ersten Folge der “Lindenstraße” ins deutsche Fernsehgemüt eingefräst hat. Die Kling, das war die neidische, missgünstige, fiese, leumundzersetzende Hausmeisterin, die Schwule verlästerte, Ausländer für ein Gräuel hielt, mindestens für Verbrecher und, ausgerüstet mit Kopftuch über dem Gesicht und dem Wischeimer in der Hand, neugierig bis hin zu einer Aura, die sie als schrecklichste aller Treppenhausheimsuchungen auswies. (Jan Feddersen)

9. taz-berichtigung:

Da hat sich die auflockernde Seitengestaltung selbst ins Knie geschossen. Auf der ersten Seite in dem großen Text von Gabriele Goettle über die Hausmeisterin der Berliner “Schokofabrik” war per Initial ein A hervorgehoben worden, weil es der Anfang der wörtlichen Rede war. So fiel aber das wichtige Anführungszeichen weg. (Der Text, um den es hier geht, folgt)

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https://blogs.taz.de/hausmeisterblog/2006/10/31/hausmeister-strukturen/

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