vonHildegard Willer 06.11.2014

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Die Pressekammer des Landgerichtes Hamburg hatte am 24. Oktober über eine Frage zu entscheiden, die weit jenseits ihrer Kompetenz liegen dürfte: Darf man in deutschen Medien schreiben, dass in Peru illegal Regenwald abgeholzt wird?

Begeklagt  war die deutsche NGO „Rettet den Regenwald“. Diese hatte im Rahmen ihrer Kampagne gegen Palmölanbau behauptet, die Firma  „Cacao del Perú Norte SAC“ würde den Regenwald im peruanischen Departament Loreto ohne Genehmigung abholzen.

Geklagt hat der US-Amerikaner Dennis Melka. Melka war in seinen jungen Jahren Investment-Banker bei der Credit Suisse, bevor er sich daran machte im weltweiten Palmöl-Business eigenes Geld zu machen. Seit 2007 taucht er als Inhaber verschiedenster Agrobusiness-Firmen in Malaysia auf. Seit einigen Jahren hat er, offensichtlich im Verbund mit malayischen Kapitalgebern, sein Tätigkeitsfeld auf das peruanische Amazonasgebiet ausgeweitet. Dort kauft er dem Staat oder privaten Besitzern grosse Flächen ab und richtet sie für den Anbau von Ölpalmen her.  In der Praxis heisst das – auch – Rodung bestehenden Waldes .

Bereits im Februar  2014 hatte Melka von der Karibikinsel St. Maarten aus  in Hamburg eine einstweilige Verfügung erreicht, die „Rettet den Regenwald“ verbot, weiterhin zu behaupten, er würde den Regenwald illegal abholzen. Die NGO musste daraufhin ihre Texte zur Kampagne gegen die Rodungen im peruanischen Regenwald umschreiben.

In Peru ruft dieses Verfahren Kopfschütteln hervor:  Die Firma „Cacao del Perú Norte SAC“ (eine der 13 peruanischen Firmen Melkas) steht seit mindestens einem Jahr unter Beobachtung nicht nur der peruanischen NGOs und der Presse, sondern auch im Fokus der Justiz und der Politik. Anfang September diesen Jahres hat das peruanische Umweltministerium Anklage erhoben gegen eine jener Firmen, weil sie keine Genehmigung zur Landnutzungsänderung  und kein Umweltgutachten vorgelegt habe. Am 20. Oktober  verhängte das Landgericht von Ucayali deswegen einen Rodungsstopp gegen die Firma.

Am 24. Oktober, also am selben Tag, an dem die Pressekammer des Landgerichtes Hamburg entscheiden sollte, befragte eine parlamentarische Untersuchungskommission den peruanischen Agrarminister Juan Manuel Benites nach seiner Verantwortung in dem anrüchigen Palmöl-Wald-Deal. Benites leugnete die Verantwortung seines Ministeriums. Im Rahmen der Dezentralisierung wurden 2009 die Kompetenzen im Forstbereich an die jeweiligen Regionalregierungen vergeben. Der Minister machte vor dem Ausschuss jedoch deutlich, dass es beim Genehmigungsverfahren der Region Loreto nicht rechtens zugegangen sei.

Warum also nimmt Melka eine eher kleine NGO im fernen Deutschland ins Visier, während renommierte peruanische Umwelt-NGOs sowie verschiedenste peruanische Medien seit mindestens einem Jahr über den Palmöl-Skandal  in den selben oder noch harscheren Worten berichten, ohne von Melka behelligt zu werden ?

Vieles deutet darauf hin, dass der Palmölimpresario ein ihm vorteilhaftes Urteil eines deutschen Gerichtes benutzt, um die peruanischen Behörden zu verwirren. Mit der einstweiligen Verfügung aus Hamburg legt er der deutschen NGO einen Maulkorb an, unabhängig davon, ob das, was sie verbreitet, wahr ist oder nicht.

Diese Figur einer „vorauseilenden Zensur“ gäbe es in der peruanischen Rechtssprechung nicht, erklärt Julia Urrunaga von der peruanisch-amerikanischen NGO „Environmental Investigation Agency“.  Deshalb hätte eine Klage gegen eine peruanische NGO keine Aussicht auf Erfolg; Im Gegenteil, eine Klage würde der Verbreitung des Skandals nützen.

Die einstweilige Verfügung aus Hamburg gibt Melka nicht in der Sache recht – sie macht keine Aussagen, ob es recht- oder unrechtmässig ist, den Regenwald abholzen. Aber sie tut ihm anderweitig guten Dienst.  Da die einstweilige Verfügung auf deutsch ist, hatte Melka viel Freiheit, das Urteil ins Spanische zu übersetzen.

Bereits am 24. Februar 2014 – keine zwei Wochen nach dem Erlass der einstweiligen Verfügung in Hamburg – berichteten zwei Regionalzeitungen aus Loreto und Ucayali: „Peruanisches Unternehmen gewinnt vor deutschem Gericht“. Daneben eine Kopie des Gerichtsurteils in deutscher Sprache – die in Loreto und Ucayali kaum jemand sprechen dürfte.

Und wie haben die Richter in Hamburg am 24. Oktober über diesen Fall entschieden ? Erstmal salomonisch. Die beiden Parteien sollen sich gütlich einigen. Wenn das nicht möglich ist, darf sich das Hamburger Landgericht nochmal der Frage widmen, ob die Abholzung des Regenwaldes rechtens sein kann.

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https://blogs.taz.de/latinorama/ein-urteil-aus-hamburg-macht-furore-im-regenwald/

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kommentare

  • “Die Pressekammer des Landgerichtes Hamburg hatte am 24. Oktober über eine Frage zu entscheiden, die weit jenseits ihrer Kompetenz liegen dürfte:
    “Darf man in deutschen Medien schreiben, dass in Peru illegal Regenwald abgeholzt wird.”

    Bereits die Frage stellt mir ein wenig die Nackenhaare auf.
    Natürlich “Darf man in deutschen Medien schreiben, dass in Peru illegal Regenwald abgeholzt wird”! Und zwar, wenn es den Tatsachen entspricht.
    Wenn nicht, kann die Publikation üble Folgen haben, z.B. Rufschädigung, Diffamierung und, und, und…
    Wenn sich jemand auf diese Weise in seinen Rechten beeinträchtigt fühlt, kann er/sie selbstverständlich gerichtlich gegen den veremintlichen Verursacher vorgehen. Insofern liegt es sehr wohl in der Kompetenz eines Landgerichtes, über eine solche Frage zu entscheiden.

    Rettet den Regenwald e.V ist “eine kleine NGO”?!
    Wenn eine NGO, die Zeitschriften in Auflagen von rund 100.000 Stück herausgeben kann, klein ist, darf man dies bezweifeln.
    Und natürlich kennt auch eine NGO ihre Pappenheimer, sprich ihre ärgsten Widersacher und sollte genau dafür ein wenig Kleingeld in der Kriegskasse haben.
    Rettet den Regenwald e.V als armen Winzling darzustellen, der vom bösen Melka gegen die Wand gedrückt wird, dient da wohl eher einer gewissen Strategie. Verstehen Sie mich nicht falsch, deswegen ist mir der Knabe nicht symphatischer…

    “Vieles deutet darauf hin, dass der Palmölimpresario ein ihm vorteilhaftes Urteil eines deutschen Gerichtes benutzt, um die peruanischen Behörden zu verwirren.”
    Also Frau Willer: wirklich…!
    Erstens, was sollte Melka denn von ”Verwirrung” haben, wenn man in Peru ganze Behörden kaufen oder mit dem gleichen Kleingeld harsche Fakten schaffen kann; und zweitens fragen Sie selbst ein paar Zeilen weiter haarscharf, wer in Loreto und Ucayali schon deusche Gerichtsurteile in deutscher Sprache versteht? Und was für die Selva gilt, gilt auch für alle anderen Gebiete Perus.

    Und warum geht Melka nicht gegen “renommierte peruanische Umwelt-NGOs sowie verschiedenste peruanische Medien“ vor, die noch deutlicheren Klartext gesprochen haben? Nun ja, zum Einen wildert man nicht im eigenen Garten und zum Anderen ist es kein Geheimnis, dass Umweltvereine und Medien in Peru im Allgemeinen und unter Berücksichtigung der als korrupt verschrieenen peruanischen Justiz im Speziellen reichlich wenig zu melden haben. Es sind also keine ernstzunehmenden Gegner, mit denen man sich abgeben müsste.

    Sofern, wie sie sagen, in Deutschland eine einstweilige Verfügung vorliegt, kann man diese bereits aus sachlichen Gründen nicht, wie von Ihnen, Frau Willer, getan als „vorauseilenden Zensur” bezeichnen. Im übrigen existiert auch in Peru das juristische Instrument der einstweiligen Verfügung.

    “Mit der einstweiligen Verfügung aus Hamburg legt er der deutschen NGO einen Maulkorb an, unabhängig davon, ob das, was sie verbreitet, wahr ist oder nicht.”
    Also Frau Willer…
    Wenn das, was da verbreitet wurde, unwahr war, dann war “der Maulkorb” (der dann de fact keiner war) absolut legitim – und wenn das Verbreitete wahr war, braucht sich Rettet den Regenwald e.V über einen Maulkorb keine Sorgen zu machen – zumindest nicht in good old Germany.

    Doch Sie schreiben ja das Hamburger Gericht hätte salominisch enscheiden (was irgendwie positiv klingt…) ”Die beiden Parteien sollen sich gütlich einigen.” Ja, wenn sich Pareien schon gütlich einigen sollen, dann ist doch wohl nicht wirklich etwas angebrannt, oder?

    Davon abgesehen, könnte sich das Palmöl-Problem in Peru von selbst lösen. Nicht so, wie es dem Einen oder Anderen gefallen wird, doch eine gewisse Lösung: Bei meinen kürzlichen Reisen in das peruanische Amazonasgebiet wurde mir allerorts zugetragen, den Palmölfirmen gingen die Arbeiter aus, was teilweise die Ernten ruiniert hätte.
    Wie das?
    Die Koka-Barone zahlen den Arbeitern einfach mehr als die Palmöl-Barone!
    Doch ich gebe es zu: Die Lösung ist wie die Wahl zwischen Pest und Colera.

    Bis sich etwas bessert, möge Rettet den Regenwald e.V weiterhin streithaft bleiben, hin und wieder auch mal eine Anfrage beantworten (…) und über alles objektiver berichtet werden.

    Saludos aus Lima/Peru
    Gringito

  • kopfschütteln, unverständniss?
    Wieder mal das Geld in den Händen weniger die Urteile und Gerichtsurteile bestimmen?
    F+++ The SYSTEM,- Feige Justtiz,
    der Kerl gehört bestraft!

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