vonericbonse 06.06.2020

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Die Bundesregierung und die Europäische Zentralbank stützen die Wirtschaft gegen den Corona-Schock. Doch die Waffen sind ungleich verteilt, die Schieflage in der EU wird noch größer.

Es ist ein Programm der Superlative: Mit 130 Mrd. Euro nimmt Deutschland rund ein Viertel der Summe in die Hand, die die Eurogruppe in ihrem Rettungsplan für die gesamte Eurozone bereitstellt (540 Mrd. Euro).

Auch den Vergleich mit dem neuen Recovery-Plan der EU muss Berlin nicht scheuen. 750 Mrd. sieht Brüssel für die nächsten drei Jahre vor – für 27 EU-Staaten. Deutschland liegt weit über dem rechnerischen Durchschnitt.

Das ist auch gut so, werden viele sagen. Wenn die deutsche Wirtschaft brummt, geht es auch Europa und dem Euro besser. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn zum einen kommt das deutsche Programm aus EU-Sicht zu spät.

Schon vor Corona war die deutsche Wirtschaft zurückgefallen, schon vor der Krise hat Brüssel eine deutsche Investitions-Offensive gefordert. Doch vor allem Kanzlerin Merkel hat gezögert und gebremst.

Zum anderen plant Berlin nun vor allem konsumptive Ausgaben, bis hin zum Helikoptergeld für Kinder. Das ist nicht exakt das, was die europäische Wirtschaft braucht, die Investitionen kommen zu kurz.

Zudem dürfte das neue Programm die Schieflage in der EU vergrößern. Deutschland gibt am meisten Staatsbeihilfen, Deutschland hat das größte Konjunkturprogramm – und die mildeste Rezession.

Dagegen drohen schwer getroffene Länder wie Italien oder Frankreich zurückzufallen. Diese Sorge treibt offenbar auch die EZB in Frankfurt um. Sie hat ihre umstrittenen Anleihenkäufe fast verdoppelt – auf 1,35 Billionen Euro.

Und das trotz der deutschen Bedenken, die das Bundesverfassungsgericht ultimativ vorgetragen hat, und die die Bundesbank zum Ausstieg aus dem Kaufprogramm zwingen könnten.

Zur Begründung verweist EZB-Chefin Lagarde auf die sich verschlimmernde Krise: Das Bruttoinlandsprodukt in der Euro-Zone dürfte in diesem Jahr um 8,7 Prozent einbrechen, so Lagarde.

Anders gesagt: Mit der Eurozone geht es rasant bergab. Doch ausgerechnet das Land, das am wenigsten betroffen ist, stemmt sich am stärksten gegen den Abschwung – und beschwert sich dann auch noch am lautesten über Anleihekäufe…

Siehe auch: Wie deutsche Corona-Hilfen der EU schaden und “Deutsches Recht über alles?

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