vonericbonse 12.06.2020

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Der türkische Sultan Erdogan provoziert weiter. Nachdem er im Februar den Flüchtlingsdeal für beendet erklärt hatte, will er nun vor der Küste Kretas nach Gas bohren. Griechenland ist alarmiert – und bringt den Streit auf den nächsten EU-Gipfel.

Ich habe einen Brief des griechischen Regierungschefs bekommen”, sagte der EU-Außenbeauftragte Borrell. Die EU wolle sich um eine gemeinsame Antwort bemühen und beim nächsten Gipfel (am 19. Juni) über die Türkei sprechen.

Gründe gibt es genug – nicht nur wegen der Öl- und Gasbohrungen, die Erdogan von Zypern auf Griechenland ausweiten will. Ärger gibt es auch in Libyen, wo der Sultan eine Waffenruhe ablehnt – trotz der Absprachen in Berlin.

Auch der Streit um die Flüchtlinge ist noch nicht gelöst. Die Türkei hat zwar aufgehört, Migranten an die EU-Außengrenze nach Griechenland zu karren und für ihre Erpressungsstrategie zu instrumentalisieren. Doch Geld von der EU will sie immer noch.

Nach einem deutschen Medienbericht soll die EU nun bereit sein, zusätzliche 485 Millionen Euro bereitzustellen – on top auf die 6 Mrd. Euro, die Kanzlerin Merkel dem Sultan schon 2016 zugesagt hatte. In Brüssel wurde das bislang aber nicht bestätigt.

Vielmehr darf man davon ausgehen, dass das Geld als Verhandlungsmasse benutzt wird, um Wohlverhalten zu erkaufen – oder Erdogan wenigstens von offenen Provokationen abzuhalten. Denn zu Sanktionen kann man sich immer noch nicht durchringen.

Zypern und neuerdings auch Griechenland fordern zwar eine härtere Gangart gegen Erdogan. Doch Deutschland steht auf der Bremse. Zufällig übernimmt Kanzlerin Merkel am 1. Juli den EU-Vorsitz – und darf sich dann um eine Lösung bemühen…

Siehe auch “Merkel verspricht Erdogan mehr Geld”

P.S. Griechenland und Italien haben einen Vertrag über die Seegrenzen im Mittelmeer unterzeichnet. Dies sei ein klares Signal an Erdogan, schreibt “Kathimerini”. Zuvor hatte der Sultan einen ähnlichen Vertrag mit Libyen unterschrieben – den allerdings niemand anerkennt. Das Papier soll die türkischen Besitzansprüche im südlichen Mittelmeer sichern und Seebohrungen ermöglichen – auch vor der griechischen Küste…

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