vonericbonse 13.02.2021

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

Mehr über diesen Blog

Was wird aus dem enormen Schuldenberg, den die EU-Staaten in der Coronakrise anhäufen? Über diese Frage ist eine Grundsatzdebatte entbrannt, bei der es um verdammt viel geht.

Auf dem Spiel steht nicht nur die Finanz-Stabilität von Ländern wie Belgien, das mit 35,6 Mrd. Euro die größte Staatsverschuldung der Geschichte meldet. Es geht um das Schicksal der ganzen Eurozone.

Mehr als hundert Wirtschaftswissenschaftler, darunter der prominente französische Ökonom T. Piketty, haben nun die Europäische Zentralbank in einem offenen Brief zu einem massiven aufgefordert.

Die solle staatliche Schuldtitel in Höhe von insgesamt 2,5 Billionen Euro abschreiben, heißt es in einem in mehreren europäischen Medien, darunter “Le Monde”, veröffentlichten Schreiben.

Alternativen zu einem Schuldenerlass seien neue Kredite im Rahmen einer Umschuldung, Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen. Die EU plant bisher eine Rückzahlung bis 2050, äußert sich aber nicht zu den Details.

Piketti & Co. fürchten, dass nach dem Auslaufen des zeitlich befristeten Corona-Aufbaufonds, vermutlich 2024, eine Phase der harten Austeritätspolitik oder der Steuererhöhungen beginnt. Beides wäre Gift für die Konjunktur.

Doch die EZB lehnt die Forderung nach einem Schuldenschnitt ab. Die Forderung stehe im Widerspruch zum Verbot der Staatsfinanzierung in den EU-Verträgen und könne daher nicht einmal ins Auge gefasst werden, so Lagarde in “Le Monde”.

Das ist ein beinhartes Nein. Doch immerhin findet in Frankreich eine Debatte statt. In Deutschland hingegen wird das Thema weitestgehend ignoriert. Dabei steht eine Bundestagswahl bevor, die Politiker laufen sich warm.

So äußerte sich Bundesfinanzminister Scholz am Wochenende optimistisch, dass Berlin die Corona-Schulden binnen zehn Jahren abtragen könne.

Dabei könne eine Vermögenssteuer helfen, sagte Scholz der “Tagesschau”. Ein möglicher Schuldenschnitt wurde nicht einmal erwähnt…

Siehe auch “Rücksturz in die Rezession – noch eine verlorene Dekade?” sowie unseren Update “Grüne gegen Schuldenschnitt”

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/lostineurope/2021/02/13/schuldenschnitt-oder-austeritaet/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert