vonericbonse 03.04.2021

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Die Europäische Union macht sich Sorgen um ihren Corona-Hilfsfonds. Schuld daran ist der vorläufige Stopp der Ratifizierung in Deutschland.

Die EU-Kommission wiegelt zwar ab: Der Zeitplan für die schuldenfinanzierten Hilfen von bis zu 750 Mrd. Euro sei nicht gefährdet, heißt es in Brüssel.

Doch in Paris, Rom und im Europaparlament sieht man die Entwicklung im größten EU-Land mit wachsendem Unbehagen.

Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, das den Stopp anordnete, bereits mehrfach die Finanzpolitik der EU infrage gestellt.

Der deutsche Ratifizierungs-Stopp führe zu Unsicherheit in Südeuropa, warnt der grüne EU-Abgeordnete Rasmus Andresen, der im Haushaltsausschuss des Europaparlaments sitzt.

„Das Bundesverfassungsgericht sollte sich nicht vor den Karren nationalkonservativer Männer spannen lassen, die in der Sache politisch keine Mehrheit mehr haben und jetzt mit Verfassungsbeschwerden ihre politischen Vorstellungen durchsetzen wollen“, so Andresen.

Warnungen kommen auch aus Paris und Rom. Die EU müsse bei den Finanzhilfen aufs Tempo drücken und den Fonds notfalls aufstocken, sagte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron beim EU-Videogipfel am vergangenen Donnerstag.

Der neue italienische Regierungschef Mario Draghi ging noch weiter – und forderte Eurobonds. Der Corona-Fonds könne nur der erste Schritt zu europäischen Anleihen mit gemeinsamer Haftung sein, sagte Draghi.

Bisher sind nur EU-Anleihen ohne Gemeinschaftshaftung geplant. Jedes EU-Land soll entsprechend seines Anteils an den Eigenmitteln haften, nicht mehr und nicht weniger.

Zudem hat Kanzlerin Angela Merkel durchgesetzt, dass der Hilfsfonds nach einigen Jahren ausläuft und die Schulden zurückgezahlt werden. Wie dies geschehen soll, ist allerdings noch unklar.

Außerdem unterliegt der neue Coronafonds kaum parlamentarischer Kontrolle. Das Europaparlament hat ihn ohne große Änderungen durchgewunken.

Umso größer ist das Gewicht des höchsten deutschen Gerichts, wieder einmal. Nach dem Karlsruher “Hängebeschluss” droht eine Hängepartie…

Siehe auch “Karlsruhe stoppt Gesetz zum EU-Coronafonds”

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https://blogs.taz.de/lostineurope/2021/04/03/macron-und-draghi-wollen-mehr/

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