vonericbonse 23.05.2021

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

Mehr über diesen Blog

Wie redet die grüne Kanzlerkandidatin A. Baerbock über EUropa? Beim WDR-Europaforum hat sie eine erste Kostprobe gegeben. Es klang fast, als würde eine Amerikanerin sprechen – mit einer bemerkenswerten Ausnahme.

Baerbock sprach sich gegen die Gaspipeline Nord Stream 2 aus und forderte, die Interessen der Ukraine, Polens und des Baltikums stärker zu berücksichtigen. Das hätte ein amerikanischer Europapolitiker nicht besser sagen können.

Allerdings hat die US-Regierung gerade erst mitgeteilt, vorerst auf weitere Sanktionen wegen Nord Stream 2 zu verzichten. Darauf ging die Grünenicht ein – sie ist ein großer Fan dieser Sanktionen und hat nun eine Niederlage erlitten.

Statt das einzuräumen, behauptete sie, die Bundesregierung stehe mit dem Pipeline-Projekt gegen die anderen Europäer – wurde allerdings von Moderatorin Ehni darauf hingewiesen, dass dies nicht für alle EU-Staaten gelte.

Ein Faible für die Amerikaner bewies Baerbock auch bei der Frage, wer der wichtigste Partner außerhalb der EU sei: Die USA. Nur CDU-Chef Laschet kam auf die Idee, auch noch Großbritannien zu erwähnen.

Dass man sich von Amerika emanzipieren müsse – wenigstens “ein Stück weit”, wie Noch-Kanzlerin Merkel zu sagen pflegt – kam der Kandidatin nicht in den Sinn. Dabei ist die Trump-Ära noch gar nicht so lange vorbei…

Immerhin setzte sie sich vom Zwei-Prozent-Ziel der Nato ab. Dieses Ziel sei “absurd”, da es die Inflation und das Wachstum nicht berücksichtige. Doch wie um die Amerikaner zu trösten, kam sie mit einem neuen Vorschlag.

Europa sollte für die Nato ein Cyber-Abwehrzentrum betreiben, so Baerbock. “Das wird kosten. Das ist mein Vorschlag an die Amerikaner: Wir als Europäer finanzieren das als Lastenteilung innerhalb der Nato.”

Tolle Sache! Wenn dieses Cyber-Zentrum auch die Abhöraktionen der Amerikaner und der Briten in EUropa abwehren sollte, könnte ich mich fast für diese Idee erwärmen…

Siehe auch “Baerbock will – aber kann sie auch EUropa?”

P.S. Über Deutschlands wichtigsten Partner in der EU, Frankreich, verlor Baerbock übrigens kein Wort…

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/lostineurope/2021/05/23/wie-europaeisch-denkt-baerbock/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert