vonericbonse 08.10.2022

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Die Ukraine will nun doch wieder in die Nato, und zwar möglichst schnell. Interessant ist die Begründung – sie stellt das Bündnis bloß.

Präsident Selenskyj sagte, die Ukraine habe de facto “bereits Kompatibilität mit Standards der Allianz bewiesen. Sie sind für die Ukraine real – real auf dem Schlachtfeld und in allen Aspekten unserer Interaktion. Wir vertrauen uns gegenseitig, wir helfen uns gegenseitig, und wir beschützen uns gegenseitig. Das ist die Allianz.

Damit sagt Selenskyj ganz unverblümt, dass die Nato “real” in der Ukraine aktiv ist, und dass die Ukraine nach Nato-Standards kämpft. Er räumt mit dem Versteckspiel von Nato-Generalsekretär Stoltenberg auf, der immer noch so tut, als sei die Atlantische Allianz keine Kriegspartei und als stünde ein Beitritt nicht zur Debatte.

Stoltenberg hält diese Fiktion aufrecht, weil die Ukraine kein Nato-Mitglied ist und ein großer Krieg zwischen Russland und der Nato vermieden werden soll. Dies ist auch der Grund, weshalb eine Nato-Mitgliedschaft derzeit tabu ist – sie würde ja sofort den Bündnisfall auslösen und zu einer weiteren Eskalation führen!

Siehe auch ““Nur leere Versprechen”: Selenskyj rückt von der Nato ab“. Mehr zur Nato hier.

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https://blogs.taz.de/lostineurope/2022/10/08/das-versteckspiel-der-nato/

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kommentare

  • Die Tatsache, dass der Angriff auf die Ukraine den Bündnisfall NICHT ausgelöst hat, ist darin begründet, dass die Ukraine NICHT Mitglied der NATO ist, Kompatibilität und Unterstützung hin oder her. Aus Waffenlieferungen eine Mitgliedschaft zu konstruieren ist vollkommen an der Realität vorbei. Mit seinen Äußerungen versucht Selensky etwas herbeizureden, was ich ihm nicht verüble. Der Autor hier hat aber keine blasse Ahnung und schreibt unverantwortlichen Blödsinn.

      • Fünfplusein hat völlig Recht. Die Nato hat Vertragsgrundlagen, an die sich alle zu halten haben. Dazu zählt das Einstimmigkeitsprinzip bei der Aufnahme neuer Mitglieder (damit ist es völlig Wurst, ob ein Dutzend Nato-Mitglieder den Ukraine-Vorstoß richtig finden oder nicht). Und zweitens kann kein Staat Mitglied werden, der in territoriale Konflikte verwickelt ist. Fertig ist die Diskussion. Alles andere ist Herbeigerede eines Status, den es so gar nicht gibt.

  • Wenn Russland mal eben besetztes Land gleich annektiert, wäre die Aufnahme der Ukraine in die NATO nichts anderes als konsequente Ausbremsung dieser Machenschaften und damit die beste aller Lösungen.

    Noch werden tausende Quadratkilometer durch UkrainerInnen zurückgewonnenes Terrain gemeldet, aber Russland wird wieder aggressiver, schwächt die Ukraine strategisch durch Infrastrukturvernichtung, und das Musk-satellitengestützte Kommunikationssystem der Ukrainer hängt offenbar am seidenen Faden, ein schwerer Schlag auch für das Muskprojekt, den Weltraum mit Internetsatelliten vollzumüllen, die offenbar sang und klanglos nach und nach aus oder herunter fallen und menschengefährdende Kommunikationssystemlücken hinterlassen, und die ersten russischen Reservistenverbände werden bald eingreifen. Um die Wende zugunsten Russlands im Krieg abzuwenden, wäre die mehr oder weniger sofortige Aufnahme der Ukraine in die NATO nur konsequent.

    Auf den erneuerten Ruf der Linken nach Frieden könnte das die richtige Antwort sein. Wenn statt der Ukraine dem Aggressor die NATO gegenüber stünde, wäre Russland zur Beendigung seines massentodbringenden Feldzuges gezwungen. Selbst wenn eingerechnet werden muss, dass dabei die NATO MINUS BUNDESWEHR das nötige Gewicht an Verteidigungsbereitschaft einbringen muss, weil die Deutschen blank da stehen.

    Nachteil der Lösung wären Gebietsverluste der Ukraine, denn Friedensverhandlungen würden für die Ukraine bestenfalls die Grenzen zu Krim, Luhansk und Donezk zur Zeit des Minsker Abkommens als russische Grenzen als Kriegsergebnis zu akzeptieren sein.

    Das ist nicht die einzige Lösung, aber den Krieg auf der jetzigen Basis weiter zu führen, wäre evtl. langwieriger und ist daher für die Ukraine riskanter – sie setzt ihre Existenz aufs Spiel. Und nicht nur die Linken, auch alle politisch ungefärbten oder anders gefärbten Bürger Europas werden enttäuscht, haben doch Selenski, Putin und der Westen doch alle klar und deutlich schon einmal eine diplomatische Lösung als Lösung gefordert. Die Aufnahme der Ukraine in die NATO wäre innovative Diplomatie vom Feinsten, weiteres Sterben an der Front hingegen ein Vabanquespiel. Der russische Raubkrieg muss beendet werden. Vielleicht ist es nicht ganz egal, wie!

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