vonericbonse 14.01.2023

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Es ist paradox: Mit Schweden führt ausgerechnet das Land die EU an, das derzeit die größten Probleme mit der Einwanderung hat. In Einwanderervierteln häufen sich tödliche Schießereien, bei den Wahlen haben die rechten Schwedendemokraten massiv zugelegt. Doch die neue Flüchtlingskrise wollen bzw. können die Schweden nicht lösen.

Man werde sich um eine politische Annäherung in der EU bemühen, Entscheidungen zur Asyl- und Flüchtlingspolitik seien aber erst 2024 zu erwarten, so EU-Botschafter Lars Danielsson.

Im Februar ist zwar ein EU-Sondergipfel geplant, bei dem auch um die Flüchtlingskrise gehen soll. Doch niemand rechnet mit einer Einigung auf verbindliche Aufnahmequoten, schnellere Rückführung oder bessere Versorgung der Migranten in EUropa.

Im Kern habe man noch dieselben Probleme wie während der letzten großen Krise 2015/16, so Danielsson. Es sind sogar noch ein paar dazugekommen. Neben der massenhaften Migration aus der Ukraine gibt es nun auch Flüchtlinge aus Afghanistan und Südostasien!

Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil. Die Eskalation des Krieges in der Ukraine, an der die EU aktiv beteiligt ist, dürfte noch mehr Menschen nach EUropa treiben. In Afghanistan, Syrien und Libyen hat sich die Lage auch nicht verbessert.

Die Festung EUropa wird zwar ausgebaut, in Brüssel wird sogar über EU-finanzierte Grenzbefestigungen diskutiert. Doch die Probleme, die die Menschen in die Flucht schlagen bzw. zu Wirtschaftsmigration treiben, werden nicht gelöst.

Das Versprechen, die Fluchtursachen zu bekämpfen, wurde gebrochen. Das gilt auch gerade für die Ukraine – Frieden steht nicht auf der EU-Agenda für 2023…

Neuerdings streiten auch noch Italien mit Frankreich (über Bootsflüchtlinge), Frankreich mit UK (über Migranten auf dem Ärmelkanal) und Österreich mit Deutschland (wegen eines Abwehrpakts mit Serbien und Ungarn). An der Balkanroute gibt es wieder Ärger.

Doch statt die Probleme gemeinsam zu lösen, gibt es immer mehr nationale Alleingänge. Ein solidarisches Asylsystem sei nicht in Sicht, sagt die SPD-Europapolitikerin Birgit Sippel. Man könne sich nicht einmal auf EU-Hilfen für die Kommunen einigen.

2023 dürfte daher das Jahr der ungelösten Flüchtlingskrise werden – mit allen negativen Folgen. Die Rechnung dürfte die EU allerdings erst 2024 erhalten – bei der Europawahl im Frühjahr. Wenn dann die Rechten Auftrieb erhalten, sollte sich niemand wundern…

Mehr zur Flüchtlingskrise hier

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https://blogs.taz.de/lostineurope/2023/01/14/die-migrationskrise-bleibt-ungeloest/

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