vonLalon Sander 13.08.2013

Aus dem Onlinebunker

Die tägliche Arbeit im taz.de-Ressort spült Bemerkenswertes, Skurriles und Anregendes in die Inboxen. Das meiste davon geht verloren – einiges wird hier gesammelt.

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Gerade in den Morgenstunden liefern vor allem die Nachrichtenagenturen das Futter für taz.de. Der Anspruch, neben den hintergründigen Autorinnenstücken aus dem Print, Interviews und eigenen Texte mit geringerem Aktualitätsdruck auch das Bedürfnis der Leserinnen nach einem zeitnahen Abbild der Nachrichtenlage auf der Seite ist anders gar nicht zu erfüllen.

 

Ein im Vergleich so kleines Medienhaus wie die taz, deren Korrespondentinnen bisweilen ganze Kontinente abdecken müssen, ist einfach darauf angewiesen, solide Berichte aus anderen Quellen übernehmen zu können. Die Sachkenntnis der eigenen Leute scheint ohnehin oft besser auf Analysen und kontextualisierende Stücke verwendet zu sein.

 

So beginnt der Tag (in diesem Falle Montag, der 12. August) gegen 8 Uhr im Onlinebunker mit der Überschau der Nachrichtenlage. Anwesend sind drei Personen: ein Redakteur und zwei CvDs (einmal Print, einmal Webseite). [Exkurs CvD: kurz für Chefin vom Dienst, was ein irreführender Titel ist, wird doch meistens mehr gedient und weniger gecheffelt. Exkurs Ende]

 

Der Print-CvD übernimmt das erste Scannen der Nachrichtenticker, er benötigt die Übersicht ohnehin, schließlich ist er für die Koordination der Produktion der morgigen Ausgabe zuständig. In einer gemeinsamen Etherpad-Liste werden alle Nachrichten, die sich eventuell für die Tagesproduktion Online eignen gesammelt. Erste Meldungen werden produziert.

 

Um 9 Uhr stehen auf der Liste:

  • Parlamentarisches Kontrollgremium, Pofalla
  • viele Deutsche mit Zweitjobs
  • lt. ARD verhinderte der BND in Afghanistan mehr Anschläge als bekannt
  • Followup zum Mautstreit/Seehofer
  • Bahnchaos Mainz
  • BUND zeigt auf, dass Stromkosten für Privathaushalte steigen
  • WAZ meldet Sparprogramm bei RWE
  • Ägyptens Polizei will Protestlager in Kairo einkesseln
  • Stichwahl in Mali

 

Bereits produziert sind um 9 Uhr folgende Meldungen:

 

Die nachfolgenden 2 Stunden vergehen mit einem gefühlten Dutzend Konferenzen, in denen die Printplanung weitestgehend festgezurrt wird und die Nachrichtenlage in immerhin einem Punkt verspricht, etwas spannender als an anderen Sommerlochtagen zu werden. Kurz nach 10 Uhr kommen die ersten Meldungen über Twitter, dass die SPD Frank-Walter Steinmeier ungeplant im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) zu Wort kommen lassen will.

 

In der Folge ist die Einigung am CvD-Tisch, dass in der PKG-Sache am Mittag oder frühen Nachmittag ein Nachrichtenticker mit dem Zwischenstand aus Berlin auf die Seite gehoben werden wird. Außerdem fällt die Entscheidung, das Zweitjobthema nicht zügig abzuhandeln, sondern lieber auf ein ausgeruhteres Stück aus der Printproduktion zu warten.

 

Auf der Tickerliste finden sich bis 11.50 Uhr zusätzlich diese Meldungen:

  • Parteienforscher: Piratenwähler werden von Umfragen nicht richtig erfasst
  • Flexstromkunden müssen bis Jahresende Rückzahlungen fordern
  • Russische Justiz ermittelt wieder gegen Nawalny
  • US-Justizminister plant geringere Strafen für Drogendelikte
  • Al-Quaida-Chef im Jemen kündigt Befreiung von Häftlingen an

 

Noch produziert wurde bis jetzt die Meldung zum Prozess Jonny K.

 

Bis hierhin ist der Tag nachrichtenarm. Die Entscheidung für oder gegen bestimmte Agenturmeldungen, fällt in solchen Momenten oft nach den Notwendigkeiten der Seitenführung. Seit dem Relaunch hat sich die Struktur der Seite dahingehend verändert, dass mehr Meldungen nötig sind, um einem zu statischen Eindruck von taz.de entgegenzuwirken. Die Relevanzkritierien können sich unter diesen Umständen schon ganz kräftig verschieben.

 

So sind wir bis 13.40 Uhr ganz froh, ein paar Meldungen bearbeitet zu haben, die auch an stärkeren Tagen auf unserem Radar gewesen wären. Getickert sind bis jetzt:

 

 

Da ab dem Nachmittag erste Texte aus der Printproduktion einlaufen, sinkt die Bedeutung der Tickerliste für die Seitenführung von jetzt an. Bis zum Feierabend werden nur noch zwei Agenturmeldungen hinzukommen, einmal zu Nazischmierereien in Sangerhausen und die andere zum spanisch-britischen Konflikt um Gibraltar. Es steht fest, dass die seit dem Morgen auf der Liste gesammelten Themen entweder aus der Printproduktion bedient werden (z.B. Maut, Zweitjobs, Nawalny), erst am kommenden Tag echte Meldungen werden (Stichwahl in Mali) oder unsere Relevanzschwelle aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht überschreiten (ARD-Meldung zum BND z.B.)

 

Damit haben wir an diesem Tag zwölf Agenturmeldungen auf die Seite gehoben, was unterdurchschnittlich ist, aber der allgemeinen Nachrichtenlage wie wir sie wahrnehmen entspricht. Die Tickerauswahl hängt natürlich auch von den Präferenzen der jeweils diensthabenden Redakteurinnen und CvDs ab. Solange das aber bedeutet, dass eher eine Nachricht mehr gebracht wird, als zwingend nötig erscheint (siehe Leoparden im Oman), als eine zuwenig, bleibt taz.de im Idealfall eine zuverlässige Quelle für all jene, die einen Überblick zur aktuellen Nachrichtenlage wünschen und sich über einen taz-spezifischen Blick auf einige Aspekte davon freuen.

 

Im Bild: Das ganz offensichtliche Symbolbild zum Signalwort Roulette (dpa)

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