vonChristian Ihle 10.02.2023

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Stop-Zemlia (2021, Regie: Kateryna Gornostai)
Im Kino

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Ukrainische Teenager mit sehr guten Haircuts zwischen Schulende, Abschlussparty und Universitätsstart. Auch dank der durch die Bank überzeugenden Laienschauspieler (stark: Maria Fedorchenko) und den eingestreuten Interview-Szenen wirkt „Stop-Zemlia“ quasi-dokumentarisch.

Allerdings hat Kateryna Gornostais Film auch nicht mehr zu fragen als jeder andere Teenager-Film: in wen verliebe ich mich? bin ich depressiv? wohin gehöre ich? was wird? (6/10)

Corsage (2022, Regie: Marie Kreutzer)
auf mubi

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Marie Kreutzers Sisi-Film ist im klassischen Problem gefangen: wie Langeweile, Routine und Wiederholung so darstellen, dass für den Zuschauer daraus nicht sich wiederholende, routinierte Langeweile wird? Für mich zumindest gelingt das “Corsage” nur zu selten. Am stärksten ist Kreutzer immer dann, wenn sie Sofia Coppolas “Marie Antoinette”-Idee anwendet und moderne Musik (manchmal in klassischem Gewand) in die Handlung integriert.

Richtig stark ist allerdings die Schlußsequenz zu Soap&Skins “Italy”, die auch visuell gut ihre Idee des Sprungs ins Nichts, ins Ungewisse, ins Whatever umsetzt. (5/10)

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Der Pfarrer von St. Pauli (1970, Regie: Rolf Olsen)
auf Amazon Prime

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Nicht ganz so stark wie Rolf Olsens “Der Arzt von St. Pauli” (ebenfalls mit Curd Jürgens), aber doch ein schöner Schinken Kiezfolklore, der diesmal sogar noch in eine Heimatfilm-Parallelwelt auf einer dünn besiedelten Nordseeinsel eintaucht. Allerdings besteht “Der Pfarrer von St. Pauli” deshalb praktisch aus zwei Filmen, dem Kiez-Krimi und dem Pfarrer-auf-Suche-nach-sich-selbst-und-seiner-Gemeinde-Film. Dummerweise ist der Krimi wenig dringlich aufgebaut und die Auflösung fast schon lachhaft kurz in den letzten zwei Minuten angetackert, als wäre Olsen ganz am Ende eingefallen, dass er seine Geschichte ja mal wo ganz anders als auf dieser vermaledeiten Nordseeinsel angefangen hatte und da doch vielleicht noch ein Ende hingehört (das ist wirklich so dermaßen angetackert, dass ich bis drei Minuten vor dem Abspann noch fest davon ausging, es gäbe einen zweiten Teil des Films, der die St-Pauli-Geschichte zu Ende erzählen würde). Zudem greift mich die joviale Straßenarbeiterqualität Jürgens in einer Funktion als katholischer Pfarrer weniger denn als prostituiertenumsorgender Arzt, aber das ist vielleicht eine persönliche Färbung.

Bei aller Kritik: Olsen gelingt es aber trotzdem, einen immer unterhaltsamen Film zu drehen, der flott seine Geschichte entwickelt und es schafft, in wenig Spielzeit alle Figuren zu “Charaktern” zu machen. Heimlicher MVP gerade in dieser Sicht in Olsens St.Pauli-Filmen übrigens: Heinz Reincke. (5/10)

Die Axt (2005, Regie: Costa-Gavras)
auf mubi

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Costa-Gavras mit einem Quasi-Ken-Loach-Krimi für die Mittelschicht. 

“Die Axt” ist mir zwar ein bisschen zu sehr ausformuliert und die durch den Raubtierkapitalismus verursachten Verheerungen zu allegorisch 1:1 auf Mann-frisst-Mann übersetzt, aber “Die Axt” ist tight inszeniert und Costa-Gavras klingt es beängstigend gut, die Abstiegsängste einer eigentlich saturierten Mittelklasse einzufangen.
Was vielleicht am Ende sogar mehr Wirkung hat als Loachs Working-Class-Demonstrationen. (6/10)

Edison – Ein Leben voller Licht (2017, Regie: Alfonso Gomez-Rejon)
auf Netflix

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Während der deutsche Verleihtitel “Edison – Ein Leben voller Licht” an dunkelste Biopic-Stunden denken lässt, trifft das Original “The Current War” besser: denn keineswegs geht es hier “nur” um den genialen, egomanischen Erfinder Edison (den Cumberbatch ein bisschen zu arg auch so spielt), sondern ebenso sehr um seinen heute eher unbekannten Widersacher Westinghouse (Michael Shannon mit einer tollen, viel passiveren, aber dennoch eindrucksvolleren Performance als Cumberbatch) und den jungen, mindestens so genialen Emporkömmling und Immigranten Nikola Tesla.

Wie Westinghouse und Edison um den amerikanischen Strommarkt kämpfen und dabei gleichzeitig auch die Zukunft des Stroms verhandeln, ist erstaunlich mitreissend und visuell origineller umgesetzt als ich erwartet hätte. 

“The Current War” hat mich immer wieder elektrifiziert! (7/10)

Abgeschnitten (2018, Regie: Christian Alvart)

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So überkonstruiert, dass selbst Stieg Larsson und Jussi Adler Olsen staunen würden.
Kann gar nicht sagen, welche Wendung die absurdeste war. Die ganze Tochter-Entführung-als-Schnitzeljagd-Chose ist allerdings schon vom Ansatz ein schön überquillendes Scheissfass.

Bis auf das nun wirklich jedem Quatsch die Krone ausetzenden Ende ist “Abgeschnitten” von Christian Alvart allerdings so flott, in Leichenteilen suhlend und mit Willen, den ganzen Weg zu gehen, inszeniert, dass “Abgeschnitten” immerhin unterhaltsamer war als die ganzen skandinavischen Krimi-Langweiler auf Basis von Larsson und Olsen. 

Hart am Guilty Pleasure. (5/10)

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