Alien: Romulus (2024, Regie: Fede Álvarez)
im Kino
Der Ehrgeiz im Alien-Universum scheint zu sinken. Die letzten beiden Aufschläge wurden noch vom Erfinder selbst, Ridley Scott, gedreht und wollten eine Welt erklären. Ein Warum, das Wieso hinter dem Monster lüften. Geschichte wird gemacht war das Motto von „Prometheus“ und – in geringerem Maße – „Covenant“.
Doch die neueste Wiederbelebung des Alien-Mythos mit „Romulus“ hält sich überhaupt nicht mit Hintergrundrauschen auf, sondern will schlicht die Thrills der legendären ersten beiden Folgen liefern – was übrigens auch mit einem geringeren Budget einhergeht: von 130 auf 111 zu nun 80 Millionen ist der Aufwand pro „Alien“-Film gesunken.
Mit diesem Ansatz ist die Berufung von Fede Alvarez auf den Regiestuhl nur konsequent, der sich mit der „Evil Dead“-Neuauflage und „Don’t Breathe“ im Horror-Genre einen Namen gemacht hat. Darin liegt folgerichtig auch die Stärke von „Alien: Romulus“, denn Alvarez inszeniert kompetent grauslige Momente und spannende Szenen – wirkt aber desinteressiert an allem, was darüber hinaus geht.
Als in sich geschlossener Film ist „Romulus“ vielleicht sogar gelungener als seine beiden direkten Vorgänger, als ambitionslose Thrills-Maschine aber auch belangloser als Ridleys Welterschaffungsversuche, die zwar nicht immer ihren Punkt fanden und genug Kopfkratz-Momente bereit hielten, aber wenigstens mehr sein wollten als der nächste Grusler aus dem All. (6/10)
The Ordinaries / Subtext (2022, Regie: Sophie Linnenbaum)
in der ZDF Mediathek
Hätte ich gern mehr gemocht, denn die Grundidee ist schon charly-kaufman-esque originell: alle Charaktere sind Schauspiel-Figuren, die in einem Kastensystem von Hauptdarstellern bis Outtakes leben und je nach Stellung eine unterschiedliche Breite an Möglichkeiten haben, vom Gefühle erzeugen (dann schwillt im Hintergrund Orchestrierung an, schöne Idee!) über nur die gleichen zwei Sätze sprechen können bis halb verschwommen kaum erkennbar sein.
Leider ist diese eine Idee über zwei Stunden Spielzeit brutal in die Länge gewalzt und in seiner Aussage dann doch arg platt, was in einem „Spartakus“-Moment gegen Ende gipfelt, an dem sich meine Langeweile in Verärgerung transformiert hat.
Musterbeispiel für den Satz „wäre besser ein Kurzfilm geblieben“. (3/10)
American Siege (2021, Regie: Edward Drake)
auf prime video
In meinem 100. Bruce-Willis-Film steht good old Bruno nun wirklich nur noch stirnrunzelnd in der Gegend und ’spielt‘ einen korrupten Dorfsherrif.
Abgesehen vom wirklich arg dünnen Beitrag von Bruce hat „American Siege“ allerdings doch einige Aspekte, die diese Zusammenarbeit von Willis mit seinem Spätkarriere-Stamm-Regisseur/Auteur Edward Drake – insgesamt sieben gemeinsame Filme in zwei Jahren! – zu den besseren dieser Kollaboration aus der Hölle machen. Verglichen natürlich mit den vorangegangenen Frechheiten „Apex“ (3/10), „Anti Life“ (4/10) und „Cosmic Sin“ (2/10).
Immerhin ist das Drehbuch vielschichtig genug, dass doch die meisten Charaktere eine gewisse Entwicklung während des quasi in Echtzeit ablaufenden Films durchmachen und sich einige Positionen überraschend verschieben, auch ist mit viel Willen eine gewisse Haltung herauszulesen und erzeugt das kammerspielartige Setting milde Spannung (überbeansprucht allerdings auch die schauspielerischen Fähigkeiten des einen oder anderen Schauspielerdarstellers).
Hey immerhin, Nummer 100 hätte schlimmer* sein können! (4/10)
*rein nach meinen persönlichen Film-Ratings berechnet waren 18 Filme mit Bruce-Willis-Auftritt schlechter.
Forty Shades of Blue (2005, Regie: Ira Sachs)
auf mubi
Kühle Dreier-Geschichte, deren Entwicklung sich zwar früh absehen lässt, die aber – vor allem dank guter Performances von Rip Torn und Dina Korzun – bis zum Ende fesselt.
Ira Sachs beobachtet fein die kleinen Veränderungen in einem Beziehungsalltag mit Machtgefälle, wenn plötzlich die Ankunft eines dritten Spielers die Abhängigkeiten verschiebt. Sachs verzichtet darauf, jeden Konflikt und kleine Verstörung auszuformulieren, sondern erzählt gern elliptisch und überlässt dem Zuschauer, das emotionale Puzzle zusammenzusetzen. (7/10)
The Russia House (1990, Regie: Fred Schepisi)
auf prime video
Eine John-Le-Carré-Verfilmung, die zwar vor dem Hintergrund des tauenden kalten Kriegs spielt, sich aber mit fortlaufender Spielzeit immer mehr zum Liebesmelodram entwickelt, was mich gelinde gesagt doch überrascht – und auch nicht begeistert – hat.
Le Carré hat zweifellos seine Stärken im Agenten-Schachspiel, aber einen Liebesfilm durch die Kalten-Krieg-Brille brauche ich von ihm dagegen nicht zwingend – trotz der starken Besetzung mit Sean Connery & Michelle Pfeiffer. (5/10)
Der Schrei (1957, Regie: Michelangelo Antonioni)
Wurde Italien jemals desolater auf Film eingefangen als in Antonionis „Der Schrei“?
Sein existentialistisches Melodram spielt in verlassenen grau-in-grau Landschaften, bei denen kaum Boden vom Himmel unterscheidbar ist, vor Fabriktürmen und in ärmlichen Behausungen.
„Der Schrei“ erzählt die Geschichte eines Mannes, der verlassen wird und damit den Boden unter seinem Füßen verliert. Er verabschiedet sich mit seiner jungen Tochter aus seiner Heimatstadt und sucht Gelegenheitsbeschäftigungen auf einer Reise durch Norditalien, findet dabei manch flüchtige Bekanntschaft, doch keinen Sinn mehr für das Leben selbst.
Antonioni zeigt einerseits das auf sich selbst gestellte Individuum, das vergeblich einen Sinn, einen Halt im Leben sucht, aber andererseits auch wie Strukturen und ihr Fehlen dieses Individuum in die Welt werfen und es allein lassen. Das hat seine Längen, aber trifft am Ende doch gewaltig. (7/10)
Eifersucht (2024, Regie: Philippe Lacôte)
auf prime video
Das ist wirklich eine Leistung, mir einen Film Noir zu vermiesen. Das Genre hat so viele positive Triggerpunkte für mich, dass ich eigentlich selbst seinen unterdurchschnittlichen Exemplaren gern beiwohne, aber „Eifersucht“ (OT: „Killer Heat“) versagt auf jeder Ebene. Die Story wartet mit einem wirklich absurden Twist auf, der geradezu lachhaft in seiner Unglaubwürdigkeit ist.
Der von mir eigentlich hochgeschätzte Joseph Gordon-Levitt schlafwandelt mit fürchterlichen Hüt- wie Bärtchen durch den Film und ist als verkrachter Privatdetektiv eine komplette Fehlbesetzung, Richard Madden in einer Doppelrolle darf den frisch trainierten Körper ausstellen, aber bringt keinerlei Nuancen in sein Zwillingsdarstellung und Shailene Woodley macht mit hölzernem Spiel ihrem Nachnamen alle Ehre (3/10)
Betrachtet man die ersten drei Alien-Filme, wird deutlich, dass jeder seinen eigenen Schwerpunkt verfolgt. Mit Prometheus und Covenant schlägt die Reihe jedoch einen eigenen Weg ein, der dann abrupt durch einen völlig neuen Film in der Storyline durcheinandergebracht wird. Dadurch entsteht ein ähnliches Dilemma, wie es bei der Terminator-Reihe zu beobachten ist: Der Versuch, das Franchise durch verschiedene Storylines am Leben zu erhalten, führt oft zu Uneinheitlichkeit.