Apartment 7A (2024, Regie: Natalie Erika James)
auf paramount+
Mit Sicherheit eine der dümmsten Ideen Hollywoods in letzter Zeit: ein Prequel von „Rosemary’s Baby“ als Quasi-Remake mit Musical-Elementen.
Wer die letzten 56 Jahre nicht unter einem Höllenstein verbracht hat, kennt die Geschichte: junge Frau, altes Haus, Rituale, Teufel, Baby.
Der interessanteste Aspekt von „Apartment 7A“ ist noch der Subtext über Machtmissbrauch und Ausnutzungsverhältnisse zwischen den herrschenden Männern und den verzweifelt nach einem Eingang in die Zirkel suchenden jungen Frauen. Aber als Horror-Film wirkt diese äußerst durchschnittliche Neuerzählung von Polanskis Jahrhundertwerk leider überhaupt nicht: spannend ist hier nichts, vorgezeichnet alles, platt das meiste.
Am schönsten wohl noch, so bizarr es klingen mag, die großen Tanzsequenzen und ein letzter Teufelsritt zu „Be My Baby“.(4/10)
Strange Darling (2023, JT Mollner)
zur Leihe
Eine wirklich mitreissende Mischung aus Horror-Film und Tarantino-Verbeugung.
„Strange Darling“ erzählt seine Geschichte so verdreht, dass sie mich mehrfach auf dem falschen Fuß erwischt hatte. Auch einer der wirklich sehr seltenen Fälle, dass eine achronologische Erzählung nicht Selbstzweck und zwinker-zwinker ist, sondern einen ernsthaften Mehrwert für den Fortgang der Story und das Erleben des Zuschauers hat. Willa Fitzgerald in der Hauptrolle als „Lady“ ist ein Ereignis, Kyle Gallner als ihr Gegenspieler ebenfalls überzeugend. Die Farben sind satt, die Bilder stark (Schauspieler Giovanni Ribisi an der Kamera!), der Style gut.
Eine sehr positive Überraschung. (8/10)
Brief einer Unbekannten (1948, Regie: Max Ophüls)
Das große Sehnen, die ewige unerfüllte Liebe.
Max Ophüls erzählt hier ein Melodram für die Ewigkeit, das unter Verzicht auf jeden Schwulst bei nur 86 Minuten Spielzeit ein ganzes verlorenes Leben via eines einzigen Briefs bebildert.
Die junge Lisa verguckt sich in den neu einziehenden Nachbarn, den Pianisten und angehenden Hallodri Stefan. Einmal wähnt sie sich schon in den Armen des Glücks, doch ein Umzug verhindert die Ausweitung des Moments und so leidet sie still – bis sie ihn Jahre später wieder trifft. Es bricht einem wirklich das Herz, diese erneute Zusammenkunft mitzuerleben: Sie mit den Erwartungen eines ganzen Lebens, Er mit der Arroganz des Lebemannes, der sie nicht einmal wiedererkennt und doch gleich versucht, sie wieder zu betten. Wie Sie zunächst ihr ganzes stetes Leben in einem Augenblick wegwirft, um ihm zu folgen, nur um dann zu bemerken, wie er doch nur durch seine Routinen geht, sie nur die nächste Nummer im nicht enden wollenden Karrussel seiner Affären sein wird… allein diese Sequenz dürfte zu den großen Meisterschaften im melodramatischen Film überhaupt gehören. (8/10)
Gasoline Alley (2022, Regie: Edward Drake)
bei amazon prime
Halbwegs solider Crime-Thriller, der seine Geschichte um ermordete Prostituierte zwar leidlich unspannend erzählt, aber dafür handwerklich selten beleidigend wird. Bruce diesmal mehr dämmernd als spielend, Devon Sawa als Hauptdarsteller aber mit durchaus Präsenz. Überrascht war ich, dass Wes-Anderson-Buddy Luke Wilson in der Zwischenzeit auch in diesem Regal gelandet ist. Edward Drake versucht (größtenteils vergeblich) eine Neo-Noir-Stimmung zu erzeugen, die gern Nicolas Winding Refn sagen würde. Aber alles in allem anschaubar.
Mein Bruce-Willis-Film Nummer 101. (4/10)
Footsoldiers of Berlin (2012, Regie: Frank Harper)
bei amazon prime
Der deutsche Titel „Footsoldiers of Berlin“ klammert sich etwas arg an den minimalen Hooligan-Content des Films, eigentlich ist der Film doch ein reines Gangster-Movie. Der Originaltitel im Englischen ist demzufolge auch „St George’s Day“ (weil an diesem Tag, dem 23.4., ein großer Deal stattfindet. Bin also ganz froh, dass das Geschäft nicht drei Tage zuvor, am 20.4., über die Bühne gehen sollte, weil sonst Titel ja „Adolf Hitler Day“. Im Deutschen hätte „Footsoldiers Of Berlin“ natürlich auch dann gepasst).
Ich habe selten einen Verbrecher-Film gesehen, in dem die Hauptfigur so unablässig offkommentart und dabei exposition-dumped, als wenn hier irgendwas wirklich erklärungsbedürftig wäre. Klar, immer wieder nett zu hören, wie die Background-Story von Ratboy oder Shitface ist, aber welcher Belang?
Action minimal, Charaktere stumpf, Dialoge unterirdisch (hat sicher nicht geholfen, dass ich nur die synchronisierte Variante sehen konnte. Englisches Gangster-Speech einfach immer grausam, wenn auf Deutsch übersetzt).
Dafür hat Guy Ritchie damals nicht „Lock Stock & 2 Smoking Barrels“ erfunden. (3/10)
Good Boy (2022, Regie: Viljar Bøe)
zur Leihe
Das Tinder-Date aus der Hölle: sie kommt ohne Grund völlig zu spät und packt dann erst mal das Handy aus, um neu eingegangene Nachrichten zu checken. Er wohnt mit einem Mann zusammen, der sich als Hund verkleidet und auch so benimmt.
Sie ist nach kurzer Irritation trotzdem bereit, eine Beziehung mit dem Typen einzugehen – und ich sag mal so, ‚kein Kink Shaming‘ hin oder her, das strapaziert dann doch etwas die Glaubwürdigkeit, weil, Potzblitz!, der Typ halt Psychopath.
Dennoch ist das erste Drittel, wenn vieles noch in der Schwebe ist, das Beste am Film, wohingegen der letzte Akt dann die üblichen, erwartbaren Horror/Thriller-Klischees durchexerziert. Das Ende-Ende will noch mal einen Extrem-Punkt setzen, der aber doch an den Haaren herbeigezogen ist. (5/10)
Eingeschlossene Gesellschaft (2022, Regie: Sönke Wortmann)
zur Leihe
Beginnt ganz unterhaltsam, nervt aber im weiterem Verlauf dann doch – insbesondere die naseweise Referendarin ist schon hart zu ertragen.
Schauspiel, wie offensichtlich Pflicht in deutschen Komödien, maximal hölzern. Nicht dass die Figuren noch aktiv zwinkern würden, wenn sie was „lustiges“ aufsagen.
Das Prinzip Kammerspielkomödie, bei der Geheimnisse aufgedeckt werden und sich Spannungen zuspitzen, scheint ein neues deutsches Lieblingsgenre zu werden (Der Vorname, Das perfekte Geheimnis, Eingeschlossene Gesellschaft…)* (5/10)
*siehe auch dieses lesenswerte Essay von Kamil Moll für Filmdienst: „Denk ich an Deutschland“
Blackmail (1929, Regie: Alfred Hitchcock)
auf plex
Der letzte Stummfilm Hitchcocks erzählt die Geschichte eines maximal schlecht verlaufenen Dates, das letztlich in Erpressung endet.
It’s complicated!
Die Stärken liegen ganz klar im Mittelteil, wenn die hervorragende Anny Ondra (die spätere Frau Max Schmeling!) erst ihren derzeitigen Geliebten mit herrlich zickigen „ich will ins Kino, ich will nicht ins Kino“ so sehr nervt, dass er von dannen zieht, um ihn schön mit einem Maler betrügen zu können. Doch der Maler: erst interessant, dann im Atelier aber ’schwieriger‘ Typ. Sie jedoch: Frau der Tat.
Das ist alles in bester Hitchcock-Manier wie in einem Uhrwerk ablaufend, dass es dann doch schade ist, wie sehr der Film gegen Ende ausplätschert. Mag sein, dass man vor 95 Jahren noch keine Twists und Spannungsverdrehungen im letzten Akt erwartet hat, aber aus heutiger Sicht läuft alles dann doch zu straight ins Ziel. (6/10)