vonJakob Hein 30.08.2011

Reptilienfonds

Heiko Werning und Jakob Hein über das tägliche Fressen und Gefressenwerden in den Wüsten, Sümpfen und Dschungeln dieser Welt.

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Demnächst mit Gastanzeigen aus Teheran?

Was haben Mahmud Ahmadinejad, El-Qaida und das „Deutsche Pfarrerblatt“ gemeinsam? Sie stellen das Existenzrecht Israels infrage. In einem von islamistischen Kreisen gefeierten Artikel schwadroniert „Pfarrer Dr. Jochen Vollmer, Jahrgang 1939“ über die Enstehung des Staates Israel wie folgt: „Zionisten haben palästinensisches Land in Besitz genommen und geraubt mit dem Ziel, einen jüdischen Staat zu errichten.“  Aus dem so erräuberten Land konnte natürlich nichts Gutes werden: „Das Dilemma des Staates Israel, zugleich ein jüdischer und ein demokratischer Staat sein zu wollen, ist die Unvereinbarkeit von jüdischem Volk und jüdischem Staat.“ Und so weiter und so weiter. Eigentlich das Übliche, was man so von einem Prediger erwartet, aber wenn die Welt in Ordnung wäre, dann sollten solche Prediger doch eigentlich Islamisten sein und nicht evangelische Gemeindepfarrer aus Balingen. Auch nütze es nicht, wenn die Deutschen sich dem Irrglauben an den Staat Israel anschließen würden „Der Staat Israel war eine vorübergehende Episode.“ Denn: „Wir, Christen in Deutschland, können unsere unsägliche Schuld gegenüber der Judenheit nicht dadurch theologisch kompensieren, dass wir nun in der staatlichen Verfasstheit des Volkes Israel ein Zeichen der Treue Gottes sehen, das seinerseits Hunderttausende unschuldige Menschen zu Opfern gemacht hat und noch immer macht.“

Der „Verband evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V.“ als Herausgeber des Blattes und damit auch dieses Artikels weist ausdrücklich jedoch jede Verantwortung von sich: „Das Deutsche Pfarrerblatt verstand sich in seiner langen Geschichte schon immer als „öffentlicher Sprechsaal“ von Pfarrern und Pfarrerinnen für Pfarrer und Pfarrerinnen.“ und die abgedruckten Meinungen würden nur die des Verfassers widerspiegeln.

Wir sind uns sicher, dass man vieles in diesem „öffentlichen Sprechsaal“ niemals sagen dürfte, wie zum Beispiel keine unverbrauchten Gedanken zum Thema körperliche Liebe zwischen Tier und Mensch. Außerdem ist diese Haltung zur eigenen Herausgeberrolle hochinteressant und kommt uns irgendwoher bekannt vor. Und wenn man daran denkt, wie heftig die „Linke“ gerade für ihre teilweise problematische Haltung zu Israel kritisiert wurde, muss man doch sagen, dass die evangelische Kirche heuer ganz gut davonkommt.

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https://blogs.taz.de/reptilienfonds/2011/08/30/schulterschluss_zwischen_deutschen_pfarrern_und_islamisten/

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kommentare

  • Das „Deutsche Pfarrerblatt“ ist weder Tageszeitung noch Publikumsjournal, sondern eine Fachzeitschrift. Und in diesem Kontext müssen auch die Artikel gesehen und verstanden werden. Wenn in einer Fachzeitschrift für Pfarrer der Universalstatus des jüdischen Gottes angezweifelt wird, dann ist das schon starker Tobak. Noch viel dramatischer ist es, wenn im Zusammenhang mit dem Staat Israel das schöne Leben der Juden in der Diaspora beschrieben und insofern die Notwendigkeit eines territorialen Staates in Frage gestellt wird, eine Haltung, die die PLO seit 15 Jahren nicht mehr vertritt. Aus der Fachsprache in eine Publikumssprache übersetzt, sind das drastische Thesen, die die Grundfesten des Staates Israel angreifen.
    Abgesehen von allem anderen, sind solche Thesen kaum hilfreich, um den Weg zu einer friedlichen Lösung des Israel-Palästina-Konfliktes zu finden. So muss gefragt werden dürfen, welche Absicht dieser Artikel für ein deutsches Fachpublikum haben könnte.

  • Wer nicht nur über beide Völker urteilen, sondern in Juden und Palästinensern Menschen erkennen will, sollte mal einige Zeit bei ihnen leben, also in einer jüdischen Siedlung und in einem palästinensischen Ort.

  • @ErnestHemmingway
    Soll Ihre Äußerung bedeuten, dass ich mit meinem Artikel Hexenjagd betreiben würde? Das fände ich in diesem Zusammenhang einen wenig gelungenen Vergleich.
    Und wer sollen in Ihrer Wahrnehmungswelt meine „Freunde“ sein, die sich mit „Ausreden profilieren“?
    Ihre häufigen Tiervergleiche sind nicht nur von Sachlichkeit geprägt und bringen inhaltlich nicht weiter, so dass Ihr „nichts für ungut“ widersprüchlich wirkt.
    Letztendlich bleibt der inhaltliche Kern Ihrer Kritik unklar und nur eine Wut erkennbar.

  • @Jakob
    Hexenjagd.
    Wo sind eigentlich Ihre Argumente? Ich sehe nur ein Zitatenstakkato, das Sie immer mehr in Rage bringt, bis Sie die Frage nach dem „Vorgesetzten“ stellen -Wie konnte sowas gedruckt werden ?? Sie und Ihre Freunde machen sich sofort an die 3 Affen heran, die sich prompt mit Ausreden profilieren. Und als Krönung fragen Sie noch nachdenklich : Warum kommt die Kirche so billig davon, wo doch die Linken so böse vorgeführt worden sind. – Bei denen gab es eben reichlich viele Affen. Viel Spaß im deutschen Kleintierzoo , und nichts für ungut.

  • @ErnestHemingway:
    1. Verstanden habe ich, dass Sie den Text nicht mochten. Dies haben Sie deutlich und emotional rübergebracht.
    2. Nicht verstanden habe ich, ob Sie auch ein Argument vorbringen wollen und Ihre Klammersetzung.
    MfG

  • Was haben die 3 Affen gemeinsam ? Sie verbrennen sich nicht die eigenen Finger und riskieren vor allem nicht ihre Pöstchen, halten sich deswegen gut mit allen, die da politisch korrekt sind und nur darauf warten, wieder einen Antisemiten zu finden. Der kriegt dann eine Philippika , die so anfängt : „Was haben Mahmud Ahmadinejad, El-Qaida und das “Deutsche Pfarrerblatt” gemeinsam?“ Broder würde noch den Stürmer erwähnen, das fetzt noch mehr.
    Und der Grund für die Anprangerung heißt: Er stellt das Existenzrecht Israels infrage. (Ein Staat mit 120 Atombomben und 3 Milliarden Dollar Militärhilfe jährlich allein von USA – den stellt ein pensionierter Pfarrer infrage ? Tolle Leistung ! Derart und ohne Luft-zu-holen „schwadroniert “ ( im Fachjargon des Antisemiten – Jägers ) Jakob H. / Mensch, komm doch mal zur Vernunft.

  • Ich versteh´s auch nicht. Eher sehe sehe ich einen Versuch einer rationalen historischen Erklärung eines Zustandes, nicht als Rechtfertigung für Gewalt etc. Lustig wird es, wenn einem christlichen Theologen Antisemitismus vorgeworfen wird. Dieser inhaltlich falsche jedoch leider weltweit verbreitete Begriff bezeichnet doch pseudowissenschaftlichen und nichtreligiösen Antijudaismus – entstanden Ende des 19.Jhd. als weltlicher Gegenpart zum Jahrhunderte alten christlichen Antijudaismus.

  • Ich versteh die Aufregung nicht: Der Artikel stellt das Existenzrecht Israels an keiner Stelle infrage. Antisemitisch schon gar nicht. Wo denn? Er argumentiert eher erstaunlich antinationalistisch, nur eben aus theologischer Sicht. Was man ihm vorwerfen könnte, ist die typisch deutsche Besserwisserei, mit der er versucht, den Juden zu erklären, wie Judentum und Monotheismus richtig gehen. Aber als Christ sieht er sich ja nicht ganz falsch in der Tradition des Judentums, ist also doch ein Fachmann.

  • @Stoffel: Natürlich kann man diesem Pfarrer widersprechen. Ein Leid gegen ein anderes aufzuwiegen ist unsinnig und führt zu nichts. Gerade als Deutsche sollten wir uns über diesen Fakt freuen, denn sonst hätten wir kaum mehr Territorium als Fehmarn oder so. Aber auch die PLO leitet daraus nicht mehr ab, dass Israel kein Existenzrecht hat. Außerdem darauf hinzuweisen, den Juden ginge es doch recht gut in der Diaspora und dieser ganze Quark mit Jahwe als partikularem Stammesgott, das ist doch schon ordentlich übler Antisemitismus im Anzug.

  • … und das Dilemma der Deutschen ist, das man diesem Pfarrer kaum widersprechen kann, wenn man über ein einigermaßen gesundes Gespür für Recht und Unrecht verfügt: die Vertreibung mehrerer 100.000 Palästinenser aus dem Kernland ist genauso Realität wie das jahrzehntelange mörderische Besatzungsregime im Gaza-Streifen und in der Westbank.

    Aber es gibt noch andere Auswege für dieses Land. Wenn eine neue Generation in Israel begreift, das der Ausgleich mit den Palästinensern zunächst einmal eine Bringschuld Israels ist und keine Plattform, auf der man die Hinnahme des Status quo zur Voraussetzung machen kann, um überhaupt mit der anderen Seite zu reden und dann darüber „verhandelt“, wie viel man der anderen Seite noch wegnehmen darf – dann wäre der Weg zum Frieden in der Region offen, auch mit der Existenz Israels.

    Es grüßt Euch: Stoffel

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