vonHeiko Werning 09.02.2013

Reptilienfonds

Heiko Werning und Jakob Hein über das tägliche Fressen und Gefressenwerden in den Wüsten, Sümpfen und Dschungeln dieser Welt.

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Das Jahr 2013 ist gerade mal einen Monat alt, da hat es schon drei große gesellschaftliche Debatten erlebt. Erst die Juden, dann die Neger, und jetzt auch noch die Weiber – jede noch so krude Minderheit schlägt hier inzwischen Krach, geht der Bevölkerungsmehrheit mit irgendwelchen Befindlichkeiten und Forderungen auf den Keks und sieht Probleme, wo es gar keine gibt. Wie jeder leicht erkennen kann, der noch alle Tassen beisammen hat. Also halt jeder weiße Mann, der nicht irgendwelchen exotischen Religionen anhängt.

So unterschiedlich diese Diskussionen im Detail auch sind, immer gleich sind die Reaktionen des prototypischen deutschen, weißen Mannes, den wir im Folgenden einfach Max Mustermann nennen wollen. Ach nein, das ist irgendwie zu abgegriffen, also: Nennen wir ihn doch einfach Harald Martenstein.

 

Phase 1: Worüber beschweren die sich bloß? Das ist doch alles gar kein Problem!

Was auch immer der gerade aktuelle Anlass der Debatte ist: Für die Martensteins hat er mit Diskriminierung nichts zu tun. Brüderle? Hat doch gar nichts Schlimmes gemacht. Nur ein bisschen geflirtet, gut, etwas plump vielleicht, aber schließlich hat er die Frau ja weder direkt angegrabbelt noch auf dem Tresen der Bar vergewaltigt. Was soll daran also sexistisch sein? Augstein? Hat doch nur ein bisschen Israel kritisiert, etwas plump vielleicht, aber er hat doch gar nicht die Vernichtung der Juden gefordert, was soll daran also antisemitisch sein? Neger? Das ist doch überhaupt kein rassistisches Wort, gut, heute vielleicht ein bisschen plump, aber es steht doch in gar keinem rassistischen Kontext, was soll daran also rassistisch sein?

Diskriminierung ist für die Martensteins also immer erst dann gegeben, wenn jemand direkt zu Schaden kommt oder ganz explizit beschimpft wird. Wobei allerdings, ein wesentlicher Punkt, von den Martensteins zu definieren ist, was eine Beschimpfung eigentlich ist. Da können Schwarze noch so oft sagen, dass sie das Wort Neger als Beleidigung empfinden, wenn die Martensteins sagen, es ist keine, dann ist es eben auch keine. Denn sie wissen ja schließlich, dass sie nicht rassistisch sind, und wo kämen wir hin, wenn jetzt die Schwarzen selbst entscheiden dürfen, was sie herabwürdigt und was nicht. Das können die doch gar nicht richtig beurteilen, die kennen doch die historischen Zusammenhänge in unserem Kulturkreis gar nicht. Die Martensteins: „Damals redete man halt so.“ Dasselbe Elend mit den jungen Frauen und ihrem #Aufschrei. Auch ihnen fehlt leider die Lebenserfahrung und geistige Reife der Martensteins, um zu erkennen, dass sie, solange sie abends einfach so frei herumlaufen und an eine Bar kommen können, unmöglich herabgewürdigt werden, nur weil man sie mal kurz anspricht: „Das Spiel ist kompliziert“, schreibt Martenstein und impliziert damit, dass die klageführenden Frauen halt ein bisschen zu schlicht sind, es zu kapieren, denn: „Pannen, Missverständnisse und Peinlichkeiten werden sich, solange es Menschen gibt und das Spiel gespielt wird, nie ganz ausschließen lassen. Verurteilenswert ist nicht diejenige Person, Mann oder Frau, die sich falsche Hoffnungen macht und Signale falsch deutet.“ Also im Klartext: Verurteilenswert ist nicht Rainer Brüderle, der das Signal der Journalistin – schließlich hat sie ihn einfach so angesprochen – falsch gedeutet und sich falsche Hoffnungen gemacht hat, der Arme. Denn es ist alles sehr kompliziert. Woher soll der Mann auch wissen, dass es, wenn er zu seiner Rolle als Politiker gefragt wird, nicht eine verklausulierte Botschaft mit dem Subtext ist: Ich will dich gleich ficken? Da kann man die Signale schon mal falsch deuten. Lustigerweise ist es für die Martensteins dabei völlig klar, dass Brüderle tatsächlich etwas von der Frau gewollt haben könnte, die Martensteins argumentieren deswegen umständlich mit ihren ersten eigenen tapsigen Annäherungsversuchen. Als ob Brüderle auch nur eine Millisekunde gedacht haben könnte, dass er ernsthaft mit der Dame flirten könnte – so realitätsfern ist ja nicht mal ein betrunkener FDP-Politiker.

Aber, so jammern die Martensteins, diese jungen Dinger sind inzwischen ja fast so empfindlich wie die Juden. Niemand will ihnen Böses, und trotzdem fühlen sie sich ständig diskriminiert. Wenn man, wie bei den Frauen, mal was Nettes über ihre Brüste sagt, oder wenn man, wie bei den Juden, einfach mal darauf hinweist, dass sie den Weltfrieden gefährden, dabei aber auch die wahren Strippenzieher des Weltengeschicks sind, dass die deutschen Regierenden nur Marionetten in ihrer Hand sind und dass die Juden mit den Palästinensern dasselbe machen wie die wirklichen Antisemiten, die Nazis vor 1945 nämlich, damals mit ihnen, sie nämlich in irgendwelche Lager stecken. Die Martensteins wollen den Juden nur Gutes, indem sie sie freundschaftlich auf ihre kleinen Defekte hinweisen, weil sie selbst das ja leider nicht so recht überblicken, und schon quaken das Wiesenthal-Zentrum und Henryk M. Broder auf, wie, na ja, wie eine Frau an der Bar, der ein betrunkener Lustmolch in den Ausschnitt starrt. Wenn das schon Antisemitismus sein soll, so die Martensteins, dann ist jeder Antisemit: „Der Mensch, den Broder nicht für einen der zehn schlimmsten Antisemiten der Welt hält, muss nämlich erst noch geboren werden.“

 

Phase 2: Die wirklichen Probleme werden bagatellisiert!

Natürlich, das wissen die Martensteins, gibt es Sexismus, Antisemitismus und Rassismus aber doch. Bei den Nazis zum Beispiel. Oder bei Vergewaltigern. Es handelt sich also um so was wie Krebszellen in einem ansonsten quietschgesunden Volkskörper. Einige Stellen sind zufällig mutiert, was kann der Rest dafür? Es ist ein bisschen wie mit Hitler, der auch plötzlich, unerwartet und ohne jede Vorwarnung über die Deutschen hereingebrochen war. Fängt man nun aber an, an völlig gesunden Zellen sinnlos herum zu therapieren, verschwendet man seine medizinische Kraft und verliert die wirklichen Gefahren aus dem Auge. Wer Augstein Antisemitismus vorwirft, verharmlost also die Nazis. Die Martensteins: Wenn man da von Antisemitismus spricht, „gebührt einem das traurige Verdienst, das Thema zu einer Kabarettnummer gemacht zu haben.“ Und: „Wenn ein Mensch zum Rassisten wird, dann sicher nicht deshalb, weil er als Kind das Wort „Neger“ gehört hat“, so wird also Rassismus verharmlost. Und Brüderle schließlich „hat die Zurückweisung durch die Reporterin akzeptiert und nie wieder einen Versuch unternommen“, ein echter Sexist täte das schließlich nicht, wenn das schon Sexismus sein soll, verharmlost man die Gefahr durch echte Sexisten.

 

Phase 3: Das eigentliche Problem sind die Beschwerden!

Die Martensteins haben also gezeigt, dass es die angeblichen Diskriminierungen gar nicht gibt und dass mit der Debatte darüber die angeblich Diskriminierten ihre eigenen wirklichen Probleme bagatellisieren. Nur leider sind sie zu dumm, das zu begreifen. Was ja schon irgendwie traurig ist. Aber die Martensteins wären nicht die Martensteins, wenn sie nicht noch einen entscheidenden Schritt weiterdenken würden. Denn nicht nur sich selbst schaden diese Beschwerden, sondern letztlich uns allen, und das kann den Martensteins dann wirklich nicht mehr egal sein. Sie haben uns schon so viel zugemutet: Man darf seine eigene Ehefrau nicht mehr vergewaltigen, die Schwarzen dürfen hier einfach so mitwählen und ein Jude übernimmt Karstadt. Und jetzt wollen sie uns auch noch den Neger aus der Kleinen Hexe nehmen? Das geht zu weit! Die Martensteins: „Im Kern geht es in dieser Debatte darum, ob in literarischen Werken Wörter, einzelne Wörter, vorkommen dürfen, die irgendeine Menschengruppe als beleidigend empfindet. Wenn wir da Zensur erlauben, dann ist, fürchte ich, die Literatur insgesamt an ihr Ende gelangt.“ So sind sie eben, die Schwarzen: irgendeine Menschengruppe, und reicht man der den kleinen Finger, nehmen sie uns gleich die ganze Literatur. Ähnlich gemeinwohlzersetzend agiert der Jude, der jetzt die Idee entwickelt hat, jeden „Kritiker mit einem Bannfluch zu belegen“. Man wird „wegen seiner Kritik an einer nationalistischen Regierung zum Verbrecher erklärt, sozusagen für vogelfrei“. Und man weiß ja, wo das hinführt, wenn man zum Vogelfreien wird, weil man nationalistische Regierungen kritisiert, siehe oben, die Sache mit Hitler. Wenigstens weiß man dann, wer Schuld ist, wenn es doch mal wieder passieren sollte: die Juden nämlich. Und auch das Sexismus-Gerede der Frauen fällt uns allen auf die Füße. Denn wenn man denen nicht mal mehr auf den Busen starren und launige Sprüche darüber machen darf, dann ist es bald vorbei mit der Freiheit: „Zwei Menschen können flirten, nur, um sich wechselseitig ihrer Attraktivität zu versichern, ein hübsches Spiel, Worte, Blicke, eine Art Tanz, weiter nichts. In den USA hat man dieses Spiel weitgehend durch ungeschriebene Gesetze ersetzt.“ Es drohen also amerikanische Verhältnisse. Und das kann ja niemand wollen. Sonst kriegen wir am Ende auch noch einen Neger zum Präsidenten, und wer bei dem in Wahrheit die Strippen zieht, wissen wir ja. Fragen sie mal Jakob Augstein.

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https://blogs.taz.de/reptilienfonds/2013/02/09/drei-unterschiedliche-debatten-immer-derselbe-harald-martenstein/

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kommentare

  • Wie ist denn Ihre Gegenposition?

    Für besoffene Sprüche alternder Alphatiere gegenüber informationsbegierigen Journalisten auch noch nach einem Jahr die Todesstrafe?

    Alle „bösen“ Worte aus sämtlichen Medien tilgen? Man könnte da bei der Bibel anfangen. Schwarze Balken in die Gutenbergbibeln kleben!

    Und Israel, der ach so menschenfreundliche Staat, gefährdet auch in keiner Weise den Weltfrieden, bloß weil er mehrfach das Völkerrecht bricht und seit Jahrzehnten(!) Resolutionen der UNO ignoriert, die den ganzen Konflikt längst hätten beendet können?

    Wer nicht kritkfähig ist, sollte nicht publizieren. Und wer diskutieren will, sollte keine Totschlagargumente führen.

    Ziggy

  • Tja, Martenstein ist beliebt und erfolgreich, kann lesbar schreiben und hat was im Kopf. Andere, nennen wir sie mal mindere Hinschreiber, haben nur was am Kopf.
    Wer nach oben pinkelt, macht sich nass …o.s.ä.

  • »Erst die Juden, dann die Neger, und jetzt auch noch die Weiber – jede noch so krude Minderheit schlägt hier inzwischen Krach, geht der Bevölkerungsmehrheit mit irgendwelchen Befindlichkeiten und Forderungen auf den Keks und sieht Probleme, wo es gar keine gibt.«

    Mit dem kleinen Fehler, dass Frauen, die hier liebevoll als »Weiber« bezeichnet werden (kann man sich als Frauenversteher natürlich erlauben, man will ja nur den Sexismus der ANDEREN bloßstellen, nicht wahr?) die Bevölkerungsmehrheit sind. An dieser Stelle lohnt es sich eigentlich gar nicht mehr, den Text weiterzulesen.

    Ein weiterer kleiner Kommentar sei aber noch erlaubt – Was wäre wohl in Deutschland los, wenn plötzlich im Internet ein Kommentar von Rainer Brüderle auftauchen würde, den er als junger Mensch geschrieben hat und der die folgenden Zitate enthält: Erst die Juden, dann die Neger, und jetzt auch noch die Weiber – jede noch so krude Minderheit schlägt hier inzwischen Krach; man darf seine eigene Ehefrau nicht mehr vergewaltigen, die Schwarzen dürfen hier einfach so mitwählen und ein Jude übernimmt Karstadt; ähnlich gemeinwohlzersetzend agiert der Jude; wenigstens weiß man dann, wer Schuld ist, wenn es doch mal wieder passieren sollte: die Juden nämlich; sonst kriegen wir am Ende auch noch einen Neger zum Präsidenten, und wer bei dem in Wahrheit die Strippen zieht, wissen wir ja usw. (alles Zitate aus dem Text oben)

    Würde es Herrn Brüderle helfen, wenn er argumentieren würde, dass der Text doch gar nicht so gemeint war, sondern sogar im Gegenteil, als Parodie nämlich, auf die anderen, die das zwar niemals schreiben würden, aber, so stellte er sich das vor, doch ununterbrochen denken?

    Nein, niemand würde ihm das abnehmen, er wäre erledigt. Denn, so müsste er nach einer zermürbenden Diskussion schließlich zugeben, waren es doch seine eigenen Gedanken, die er in einer unbedachten Minute aufgeschrieben hat (ohne dass ihn eine der oben genannten „Minderheiten“ darum gebeten hatte). Schlimm, wie es in manchen Menschen aussieht.

  • Ich glaube auch, dass hier jemand nicht verstanden hat, dass Harald Martenstein dieses „Man wird doch wohl nochmal sagen dürfen“ stark ironisierend – mindestens aber problematisierend – verwendet. Er kokrettiert sicher mit den von ihm vorgebrachten Meinungen, aber (und das bringt die gelesene Audio-Version immer schön zum Ausdruck) macht sie sich nie wirklich in der platten Form zueigen. Feinen Humor zu erkennen … nun, das war noch nie die besondere Stärke des ideologiekritischen Aktivismus.

    Wenn es sich allerdings nicht um *den* Harald handelt, sondern die Martensteins-An-Sich, jene „Martensteins“ in der Bevölkerung, die die ironische Brechung als solche nicht begreifen, sondern derlei Dinge ernst meinen: dann der Artikel natürlich recht.

  • Moment! Abgesehen vom mangelnden Sarkasmus-Radar. Martensteins Prinzip ist es gerade, dass er stets gegen den Strom paddelt. Er nimmt meist die Gegenposition ein zum Mainstream. Das macht ihn vielleicht nicht sympathisch. Aber sicher nicht zum „prototypischen deutschen, weißen Mann“. Der Mustermann macht sich nicht die Mühe, die Perspektive zu wechseln.

  • Ihr könnt es noch so oft versuchen als „Antisemitismus“ hinzustellen, aber dass ein amerikanischer Präsident sich die Unterstützung der jüdischen Lobby sichern muss, ist ein Fakt. Und dass eben diese Lobby in Form von AIPAC & Co. zu den finanzstärksten und einflussreichsten Lobbys überhaupt zählt, ist ebenfalls ein Fakt.

    Wer diese Fakten in einen Sack mit antisemitischen Vorurteilen a la Weltherrschaft steckt, ist entweder ahnungslos oder aber eine Lügner. Derjenige zeigt übrigens auch prima, dass er gar kein Interesse an einer sachlichen Auseinandersetzung hat. Das ist natürlich folgerichtig, denn Fakten kann man nicht sachlich widerlegen.

  • In einer Zeit, wo jedes kleine Ding und jede unglückliche Formulierung zum Skandal aufgeblasen und tagelang begeifert wird, finde ich es sehr angenehm, dass jemand wie Martenstein sagt: Leute, jetzt bleibt mal auf dem Teppich und habt Euch nicht so. Ich habe noch kaum eine Kolumne von ihm gelesen, die ich nicht unterschreiben würde.

  • Ich bezweifle, dass die 3 Sachen so einfach zusammenpassen, und man Schlußfolgerungen von hier nach da transferieren kann.

    Frau Himmelreich soll, so sagte der Sternredakteur, der bei Lanz mitdiskutierte, gar nicht beleidigt gewesen oder sauer auf Brüderle zu sein. In der Grauzone von Flirt zu Aufdringlichkeit und Belästigung kommt es aber m.E. sehr darauf an, wie der andere reagiert. Bei Abweisung nachzulegen und nachzulegen ist belästigend, und wer das oft tut wohl ein Sexist. Aber wenn die Frau nicht signalisiert, dass sie das nicht wünscht, dann erreicht es für mich nicht die Schwelle der Nachricht. Es ist dann, wie für die Reporterin wohl auch, nur ein Charaktermerkmal Brüderles, welches man unsympathisch finden kann.

    Wenn Augstein ein Antisemit ist, wieso braucht es dann in Deutschland eine Erwähnung auf einer Top-10-Liste aus den USA? Bemerkt hier niemand, dass er einer ist? Wehrt sich hier niemand? Toleriert der Spiegel das? Oder ist das Kritik an Israel? Ich lese allerdings keinen Spiegel – vielleicht stimmt es ja. Ich lese auch kaum Taz, vielleicht ist er darin schon oft kritisiert worden.

    Er soll mit antisemitischen Klischees arbeiten? Dann gehört es jedenfalls kritisiert – dafür muss man nicht auf die Reaktion eines israelischen Politikers warten. Hetze in der Presse ist etwas anderes als Bemerkungen an der Hotelbar.

    Kinderbücher sind wieder etwas anderes.

    In Völklingen wollen viele Bewohner einen Ortsteil weiterhin nach einem verurteilten Kriegsverbrecher benannt wissen, weil der schon seit 60 Jahren so heißt. Da sehe ich durchaus eine Paralle.

  • Sie schreiben also einer Menschengruppe, in diesem Falle weiße Männer, Eigentschaften und Handlungsweisen zu auf Grund ihres Geschlechtes und ihrer Hautfarbe. Dass die taz so einer gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit eine Bühne bietet spricht Bände über den Zustand. Bringt ja Aufmerksamkeit, Sarrazin hat es vorgemacht, tolle Vorbilder haben sie da.

  • Ihnen ist schon klar, dass H. Martenstein eine „Kolumne“ schreibt, deren Stilmittel Ironie bzw. Sarkasmus ist? Und dann auch gleich noch die Hitlerkeule schwingen? Naja.

  • Hallo Herr Werning,

    ich habe eben alle 3 Kolumnen von Martenstein, auf die Ihr Artikel Bezug nimmt, nochmal gelesen. Sicherheitshalber. Weil ich Martensteins Kolumnen fast immer lese und bisher niemals die von Ihnen festgestellte Tendenz zur Verharmlosung von Sexismus, Rassismus und Antisemitismus feststellen konnte. Ergebnis: Ihr Urteil ist völlig aus der Luft gegriffen!
    Sie mögen Martenstein nicht …das ist Ihr gutes Recht . Kritik sollte sich aber vorrangig mit Argumenten des Kritisierten auseinandersetzen . Das tun Sie an keiner Stelle.
    Nehmen wir nur mal den Schluss Ihres Artikels. Sie zitieren Martenstein: „„Zwei Menschen können flirten, nur, um sich wechselseitig ihrer Attraktivität zu versichern, ein hübsches Spiel, Worte, Blicke, eine Art Tanz, weiter nichts. In den USA hat man dieses Spiel weitgehend durch ungeschriebene Gesetze ersetzt.“ und resumieren:“Es drohen also amerikanische Verhältnisse. Und das kann ja niemand wollen.“
    Martensteins Text geht aber so weiter:
    “ Nach zwei Verabredungen zum Essen ruft der Mann, bei Interesse, an und schlägt ein drittes Abendessen vor. Stimmt die Frau zu, dann werden die beiden wahrscheinlich die Nacht miteinander verbringen. So hat man das Verletzungsrisiko auch aus diesem Lebensbereich verbannt.“
    Da droht gar nichts! Martenstein findet das Beschriebene nachahmenswert!
    Es widerspricht zwar aller Lebenserfahrung, trotzdem hoffe ich, dass Sie Ihr Urteil noch einmal überdenken, einfach, weil es nicht zielführend ist, Leute zu bekämpfen, die gar keine Feinde sind.

    freundliche Grüße

    Herbert Gutzer

  • Eine vierte Debatte sollte hier unbedingt mit einbezogen werden, weil sie Martensteins Verhältnis zu den Juden genauer beleuchtet:
    Auf der einen Seite übt Martenstein bedingungslose Augstein-Solidarität („ich will auch auf die Antisemiten-Liste“), auf der anderen Seite fühlt er sich den Juden genau dann zugetan, wenn diese von Religion, Tradition und irgendwelchen kultur- und religiös bedingt ewig unveränderbaren Praktiken zu schwallen beginnen. Anlässlich der „Beschneidungsdebatte“ fragte er dumpfmackerisch: „Müssen sie sich bei ‚Pro Vorhaut‘ zwangsberaten lassen?“
    Juden gefallen dem Herrn Martenstein, sofern sie im exotisch-archaischen Gewande, und gewissermaßen als essenzialisierte Differenz, als das „ganz Andere“ auftreten.

  • Schade, dass das einzige Argument in diesem Text ist: Die „Martensteins“ sind deutsche (Nazi-)Spießer und checken die Lage nicht. Ist ein bisschen wenig finde ich.

  • @Oliver: Weil ich das hier für stilistisch richtig halte – ich lege ja sozusagen den Martensteins die Worte in den Mund, um so die Denkweise noch zu unterstreichen. Der satirische Zusammenhang wird doch gleich im ersten Abschnitt deutlich. Auf „Schlampen“ bin ich leider nicht gekommen, das hätte hier tatsächlich auch gut gepasst. Aber „Weiber“ funktioniert ja ähnlich, ich bin halt ein altmodischer Typ. Und „Itzig“ kenne ich gar nicht.

  • Sehr schöner Text, inhaltlich volle Zustimmung…aber warum benutzt du das N-Wort? Dass ist so, als ob du statt Juden „Itzig“ und statt Frauen „Schlampen“ sagt, ist einfach respektlos. Bei letzteren machst du das vermutlich genau deswegen nicht, bei „Negern“ schon.

  • Ich finde du hast etwas erklärt, was ich gespürt habe, aber nicht ausdrucken könnte: dass es echt komisch ist, zu sagen: deswegen, weil ihr euch beschwert, sind die Leute nicht über die NSU-Mörde empört worden. Ich habe’s nicht erklären können. Sehr schöner Artikel Heiko

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