
Schuld am Rücktritt der letzten Bundesbildungsministerin ist nicht „das Internet“. Was für ein Unsinn! Seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten sind Promotionen durch Vorschriften geregelt und ein wichtiger Teil dieser Vorschriften war und ist bis heute die breitestmögliche Veröffentlichung der Promotion. So müssen die Arbeiten heute auf universitäre Server geladen werden, früher war eine kostspielige Anzahl so genannter „Pflichtexemplare“ verbindlicher Teil der Promotion. Es gibt eine „Verordnung über die Pflichtablieferung von Medienwerken an die Deutsche Nationalbibliothek“, die Gesetzescharakter hat. Sinn dieser Verordnungen war und ist bis heute, dass möglichst jeder Zugang zu dem neu geschaffenen Wissen der Promotionsschrift hat, aber auch, dass möglichst jeder überprüfen kann, ob denn tatsächlich sauber wissenschaftlich gearbeitet wurde. „Das Internet“ schafft nur die Möglichkeit, solche Einwände öffentlich zu erheben.
Hätte man den Ausgang der Klage von Frau Schavan gegen die Aberkennung abwarten sollen? Frau Schavan kann juristisch nur gewinnen, dass die Überprüfung ihrer Promotion aus formalen Gründen abgelehnt und neu durchgeführt werden muss. Die titelgebende Instanz bleibt die Universität Düsseldorf und die kann den Titel eben auch wieder kassieren. Und selbst wenn die Uni in einem neuen Verfahren die zahlreichen Übernahmen in ihrer Promotionsschrift nunmehr anders einschätzen würde – was hätte Frau Schavan davon als Bundesbildungsministerin?
Angesichts der Plagiatsvorwürfe ist nun häufig der Ruf nach Verjährung zu hören. „Wenn Schavan damals die Uni einfach niedergebrannt hätte, wäre das schon lange verjährt“, twittert Alexander von Below und das Handelsblatt zitiert ihn damit (fast richtig). Eine Verjährung hat einen bestimmten Sinn. Im Zivilrecht sorgt sie dafür, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist keine Ansprüche mehr gestellt werden können. Wenn man dieses Konstrukt auf Promotionen übertragen würde, dann müsste nach Ablauf der definierten Frist auch die Berechtigung zum Führen des Doktortitels erlöschen – das wäre ja mal mutig gedacht! Dann müssten die Kandidaten, die ihren Titel behalten wollen, wie beim Führerschein regelmäßig nachweisen, dass sie weiterhin zum Führen des Titels berechtigt sind oder auf das Ding verzichten. Aber so lange man das Ding in seinen Ausweis eintragen lassen kann, damit einen die Polizei bei Alkoholkontrollen nicht duzt, so lange kann es auch keine Verjährung geben.
Ein bisschen ist das so, als würde man versuchen, die Regeln vom Eishockey auf die Meteorologie zu übertragen. Der Titel wird einem lebenslang verliehen, weil man nach Einschätzung der Fakultät einen signifikanten Beitrag zur Wissenschaft geleistet hat. Der ist gewissermaßen ewig. Wird irgendwann entdeckt, dass diese Verleihung auf einer Fehleinschätzung der Fakultät beruhte, dann verliert man den Titel auch wieder. Aber durch die zahlreichen Plagiatsfälle wird es ohnehin zunehmend peinlicher, einen Doktortitel zu führen, so dass sich das Problem vielleicht von selbst erledigt. Die einzige Möglichkeit auf eine realistische Langlebigkeit des Titels ist das frühe Versterben und Verewigen des Titels auf dem Grabstein. Dann wäre nämlich das Entfernen des Doktortitels eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts und als „Störung der Totenruhe“ strafrechtlich zu verfolgen. Na gut, man könnte auch auf das Abschreiben beim Anfertigen der Doktorarbeit verzichten, aber ehrlich: Irgendwo hört’s ja wohl auch mal auf.
wieviele Doktortitel werden eigentlich in dieser Republik täglich/monatlich/jährlich verliehen?
und wieviele davon werden nach etlichen Jahren erneut geprüft? und bei wievielen endet es mit der Entdoktorung??
Übrigens heisst ja schon der Vorgagn Verleihung… und verliehenes kann auch zurückgefordert werden!