vonSchröder & Kalender 01.08.2015

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Der Bär flattert in nördlicher Richtung.
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Bekanntlich haben Hugo Ball und Richard Huelsenbeck das Wort ›Dada‹ in einem deutsch-französischen Diktionär entdeckt, als sie einen Namen für Madame le Roy, die Sängerin ihres Cabaret Voltaire suchten. Dada bedeutet im Französischen Holzpferdchen. Es imponierte den beiden durch seine Kürze und Suggestivität. Dada wurde nach kurzer Zeit das Aushängeschild für alle Künstler die sie im Cabaret Voltaire lancierten: Guillaume Apollinaire, Hugo Ball, Francesco Cangiullo, Blaise Cendrars, Emmy Hennings, Jacob van Hoddis, Richard Huelsenbeck, Marcel Janco, Wassilij Kandinsky, Filippo Tommaso Marinetti, Amedeo Modigliani, Méret Oppenheim, Pablo Picasso, Otto van Rees, Marcel Slodki, Tristan Tzara sowie last but not least Hans Arp, einer unserer Hausgötter. Übrigens weniger wegen seiner Skulpuren, die großen Handschmeichler der Moderne, sondern wegen seines Witzes – vor allem als Dichter des ›Opus Null‹, dessen erste Strophen lauten:

Ich bin der große Derdiedas
das rigorose Regiment
der Ozonstengel prima Qua
der anonyme Einprozent.
Das P. P. Tit und auch die Po 


Posaune ohne Mund und Loch


das große Herkulesgeschirr 


der linke Fuß vom rechten Koch.
Ich bin der lange Lebenslang 


der zwölfte Sinn im Eierstock 


der insgesamte Augustin


im lichten Zelluloserock.

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ARP · Der Nabel der Avantgarde, Georg Kolbe Museum, Foto: Barbara Kalender
Alle Fotos: Barbara Kalender

 

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Wegen des Hausgottes mussten wir uns die Ausstellung »ARP · Der Nabel der Avantgarde« natürlich ansehen. Wir fuhren also zum Georg Kolbe Museum ins Berliner Westend.

Der Nabel von Hans Arp, Ausstellung im Georg Kolbe Museum

Foto von Hans Arps Nabel an einer Museumswand

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Im Showroom werden Arps Skulpturen und grafische Arbeiten gezeigt, der Dichter kommt – wie immer bei der bildenden Kunst – zu kurz. Zum Beweis hier ein kleiner Text von Hans Arp: »Erinnerungen an Schwitters« (1956) über dessen ›MERZ Kunst‹:

»Was für die Götter Griechenlands Nektar und Ambrosia, das war für Kurt Schwitters der Kleister … Schwitters labte sich förmlich am Kleister, und mit ihm brachte er seine Wunder, die Klebebilder zustande … Schwitters war ein Zauberer, so wie Hokusai ein Zauberer war, als er eine Handvoll Indigo an eine Tempeltür warf und eine wunderbare Blüte daraus entstand. Schwitters ist nach meinem Dafürhalten einer der größten deutschen Bildner.«
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Wen wundert es, dass wir Fans der MPD, Merzpartei Deutschland sind?

MERZ Nr. 2, April 1923, Hannover, Merzverlag

MERZ Nr. 2, April 1923, Hannover, Merzverlag

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Atelierhaus Kolbe, tazblog kalender & Schröder, Foto: Barbara Kalender

Das Schönste am Georg Kolbe Museum sind Haus und Garten. Das Bauensemble wurde zu beiden Seiten eines von alten Kiefern gerahmten Waldwegs gruppiert. Das Atelier, Haus und Garten sind eine Einheit, es ist eine Lust hier zu spazieren und sich die Skulpturen anzusehen. Schade, dass das Wasser des Tänzerinnenbrunnens ausgestellt war.

Kolbe-Tänzerinbrunnen, Atelierhaus Kolbe, tazblog kalender & Schröder, Foto: Barbara Kalender

Nach dem Rundgang im Garten setzten wir uns auf die Terrasse des Café K, das im Erdgeschoß des Kalbe-Wohnhauses untergebracht ist. Unter Kiefern ruhten wir uns aus und tranken ein Bier.

5-Kolbe-Wohnhaus, 4-Kolbe-Tänzerinbrunnen, Atelierhaus Kolbe, tazblog kalender & Schröder, Foto: Barbara Kalender

Danach gingen wir noch die paar Schritte zum Kolbe-Hain. 1957 wurde dieser Parkteil nach dem Bildhauer  benannt und fünf seiner Plastiken aufgestellt: Die ›Kniende‹ 1959, der ›Stürzende‹ 1961, ›Dionysos‹ 1962, ›Mars und Venus‹ 1963 und die ›Ruhenden‹ 1965. Es handelt sich um Neugüsse von Plastiken, die Kolbe für andere Plätze geschaffen hatte.

Kolbe-Hain-Venus-Mars, 5-Kolbe-Wohnhaus, 4-Kolbe-Tänzerinbrunnen, Atelierhaus Kolbe, tazblog kalender & Schröder, Foto: Barbara Kalender

Hier waren wir zunächst die einzigen Spaziergänger, bis dann eine Frau ständig ihren schwarzen Hund rief, der aber nicht folgte. Während wir vor der ›Stürzenden‹ stehenblieben, schnürte der Hund auf uns zu, offensichtlich wollte er uns noch eine Weile begleiten. Da schritt das Frauchen ein, nahm ihn an die Leine und zu uns sagte sie ungehalten: »Der will nicht nach Hause!« Uns ging es nicht anders, wir hatten noch eine andere Besichtigung auf dem Plan.

(Fortsetzung folgt)

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(BK / JS)

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