Von Christian Schwöbel
Die Wirtschaftskrise in der Europäischen Union trifft die junge Generation besonders hart, die angesichts von Arbeitslosenquoten von zum Teil mehr als 50 Prozent in ihren Zukunftschancen beeinträchtigt wird. I love EU? Viele junge Europäerinnen und Europäer können sich mit dem Titel des taz.lab 2014 derzeit sicher nicht identifizieren.
Dies gilt auch für die PodiumsteilnehmerInnen der Diskussion „Europas Jugend – Solidarität in Zeiten der Krise“. Die AktivistInnen Daphne Büllesbach, Miguel Luna, Michalis Goudis und Umud Dalgic haben aktuell wenig Liebe für die EU übrig.
Am weitesten geht der Liebesentzug bei Miguel Luna, Sprecher der spanischen Organisation „Juventud sin futuro“ (Jugend ohne Zukunft), der jeglichen Glauben in die EU aufgegeben hat. Vor allem liege das an der Politik der Troika und den Maßnahmen, die sie in seinem Heimatland durchgesetzt hätten. „Austerität tötet Solidarität“, lautet Lunas Urteil.
Davon ist der griechische Journalist Michalis Goudis ebenfalls überzeugt. Allerdings stimmen ihn wie auch Umud Dalgic von der Heinrich-Böll-Stiftung in Istanbul die zivilgesellschaftlichen Bewegungen, die sich in ganz Europa gebildet haben – von den Indignados in Spanien über die Blockupy-Bewegungen in verschiedenen Ländern, bis hin zu den Gezi-Park-Protesten in der Türkei – durchaus hoffnungsfroh. Hier hätten insbesondere viele junge Menschen ihre Stimme erhoben und dabei viel Solidarität aus anderen europäischen Ländern erfahren.
Die Basis für diese transnationale Solidarität und Vernetzung, so Daphne Büllesbach, hätten nicht zuletzt auch Programme wie Erasmus gelegt, die einen europaweiten Austausch junger Menschen ermöglichten. Auch die neu eingeführte Europäische Bürgerinitiative sieht die Sprecherin der Organisation „European Alternatives“ als wichtiges Instrument, um die transnationale europäische Zivilgesellschaft zu stärken.
Als Grundtenor der Diskussion lässt sich also festhalten: EU-kritisch, aber pro-europäisch. Wenn die EU sich reformiert, demokratischer wird und Jungen eine überzeugende Zukunftsperspektive bietet, klappt es vielleicht auch wieder mit der Liebe.