vontazlab 25.04.2015

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Eine sanftere Wirtschaft ist eine schöne Vorstellung: Unternehmer verzichten auf brutales Wachstum, binden ihre Angestellten ein und setzen auf hochwertige, langlebige Produkte. Für Jana Gebaur ist das bereits Realität: Die Wissenschaftlerin erforscht Unternehmen, die diesen Weg wählen.

Ein prominentes Beispiel hat sie parat: Die Richard Henkel GmbH hat sich vom Wachstum fast verabschiedet. Neue Produkte führt die Firma nicht ein, stattdessen wird das Kerngeschäft weiter optimiert. Denn deren Stahl-Liegen können stetig verbessert werden. Mittlerweile bietet Henkel eine lebenslange Garantie für seine Produkte an, Ersatzteile sind leicht zu montieren und der Fertigungsprozess werde immer energieeffizienter. Neue Mitarbeiter stellt Henkel nicht ein. Denn auch neue Absatzmärkte sind uninteressant.

Gebauer nennt das „Zivilökonomie“. Das Profitmotiv rückt in den Hintergrund, statt Wachstum geht es ums Gemeinwohl. Dahinter steht ein neuer Typ Unternehmer: Susanne Henkel ist im Studium mit der Öko-Bewegung in Kontakt gekommen, ihr liegt Ressourceneffizienz mehr am Herzen als das stetige Wachstum.

Henkel ist damit nicht allein: Für Jana Gebauerl schlagen sich 30 Jahre „neue soziale Bewegungen“ auch in einem unternehmerischen Mentalitätswandel nieder: Sozialunternehmer sind eine Seite davon. Aber Gebauer glaubt, dass auch viele kleinere und mittlere Unternehmen verstärkt auf die Gemeinwohlbilanz achten: Die Chefs optimieren den Energieverbrauch, holen sich Anregungen von Angestellten und stupsen diese im Zweifelsfall dazu, immer das Licht auszuschalten.

So erinnert „Matriarchin Henkel“ (so Gebauer) ein wenig an „Papa Bosch“. Eine Zuhörerin wusste noch allzu gut, wie der Patriarch sich dort um seine Sekretärinnen sorgte. Er kontrollierte aber auch, ob ein weggeworfener Bleistift nicht doch noch benutzbar war. Ob ein solcher Führungsstil nicht auch nervt, fragte dann der skeptische Moderator Hannes Koch. Gebauer findet so einen „Konservatismus manchmal ziemlich cool“ – sofern es ums solide Wirtschaften geht. Jana Gebauer hat viele Unternehmen gefunden, für die Umsatzsteigerungen und Kostenreduktion zweitrangig sind. Nur sind diese auf Konsumenten angewiesen, die gern einen Aufschlag für Nachhaltigkeit und Fairness zahlen.

Christoph Höland

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