vontazlab 21.04.2018

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Von Anne Höhn

Zuerst die gute Nachricht: Wir Menschen sind einzigartig. Die schlechte: Vielleicht nicht mehr lange. Denn in den Punkten, die uns einzigartig machen, Intuition, Empathie und Lernfähigkeit, holen die Maschinen auf. Und im Gegensatz zum Menschen lernen sie rasend schnell.

Der Physiker und Spezialist für Künstliche Intelligenz (KI), Wolfgang Ertel, diskutiert mit taz-Redakteurin Ulrike Herrman über Chancen und Gefahren von KI. Zu Beginn klärt Ertel, dass Intelligenz schwer zu definieren ist und unter Wissenschaftlern wie Philosophen Uneinigkeit darüber herrscht. KI hingegen stellt die Frage in den Mittelpunkt, ob und wie Computer Dinge tun können, die wir Menschen heute noch besser können.

Dabei geht es um ganz banale Dinge: intuitiv eine Entscheidung treffen, die Türe im Raum auf Anhieb finden und vor allem: lernen. Genau das konnten Maschinen die meiste Zeit nicht, sie waren die Diener der Menschen, die ihnen Befehle gaben. Bis vor etwa zehn Jahren. Seitdem hat sich die Technologie so weiterentwickelt, dass Maschinen in verschiedenen Situationen nicht mehr stets nach einem Schema handeln, sondern variieren und somit aktiv Entscheidungen treffen. Sie sind lernfähig geworden und damit in diesem Punkt dem Menschen ebenbürtig, beziehungsweise: besser.

„Ich kann ihnen bei jedem Projekt sagen, wen ich arbeitslos mache“

Beispiel selbstfahrende Autos: Ein Taxifahrer übersieht den Abbieger von rechts und ein Fernfahrer wird müde. Die Maschine nicht. Besonders interessiert daran ist die Automobilindustrie, denn selbstfahrende Autos werden kommen und diejenigen Autobauer, die dann nicht die entsprechende Technik haben, werden verschwinden, prophezeit Ertel.

Verschwinden werden hunderttausende Taxifahrer, Fernfahrer, aber auch hochqualifizierte Fachkräfte wie Chirurgen könnten obsolet werden. „Ich kann ihnen bei jedem Projekt sagen, wen ich arbeitslos mache“, resümiert Ertel und gibt gleichzeitig zu Bedenken, dass das keine Eigenschaft speziell der KI sei. Menschliche Arbeiten zu ersetzen sei im Prinzip seit Erfindung der Dampfmaschine Thema.

Und damit gelangt die Veranstaltung an ihrem Kern an: Ist die KI eine Chance oder nimmt sie uns die Jobs weg? Ertel macht einen so simplen wie erfrischenden Vorschlag: „Wie wäre es, wenn wir einfach weniger arbeiten? Und wenn wir die Roboter die Arbeit machen lassen?“ Wer das bezahlen soll? Klare Antwort von Ertel: „Die Kapitalisten. Die schöpfen schließlich die Poduktionsgewinne ab.“

Mensch gegen die Maschine

Ertel führt mit Verve durch das hochkomplexe Feld, dass er seit 30 Jahren erforscht und nimmt am Ende die Fragen des Publikums entgegen: Können Maschinen ein Bewusstsein entwickelt? Wo bleiben urmenschlichen Eigenschaften wie Empathie und Moral? Und natürlich die Frage, die allen auf der Seele brennt: Übernehmen die Maschinen irgendwann die Weltherrschaft?

Erschöpfend kann diese Fragen auch Ertel nicht beantworten, aber für ihn steht fest: „2050 oder 2100 haben glaube ich die Maschinen übernommen. Sie dürfen nicht vergessen, die sind dann klüger als wir!“ Das meint er ernst, ohne sich davor zu fürchten.

Und dennoch, ein Problem vermag KI nicht zu bewältigen, das des Klimawandels, gibt Ulrike Herrmann in der Abschlussrunde zu bedenken. Ertel stimmt zu: „Wir zerstören unseren Planeten und das ist ein ernstes Problem. Da hilft auch KI nicht.“

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