vontazpanterstiftung 06.12.2018

taz Panter Stiftung

Die taz Panter Stiftung fördert seit ihrer Gründung 2008 kritische Nachwuchsjournalist*innen, ehrenamtliches Engagement und die Pressefreiheit weltweit.

Mehr über diesen Blog

Budapest hat bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen. Die Stadt ist berühmt für ihre wunderschönen historischen Gebäude, die sich sehr stark von denen in Chisinau (Hauptstadt der Republik Moldau) unterscheiden. Leider gibt es jedoch einige prägnante Ähnlichkeiten zwischen unseren Regierungen und der Situation in Sachen Pressefreiheit.

von Cristina Popescu aus Chisinau (Republik Moldau)

Budapest ist bekannt für sein “Mahnmal der Schuhe am Ufer der Donau”, das uns an 3500 jüdische Ungarn erinnert, die dort zwischen 1944 und 1945 ermordet wurden. Dieses ist ein dunkler Fleck in der Geschichte Budapests. Die Menschen wurden gezwungen, sich am Ufer aufzureihen und ihre Schuhe auszuziehen. Dann wurden sie erschossen und ihre Körper fielen in die Donau. Als ich dieses Mahnmal besuchte, bekam ich eine klare Vorstellung von diesem Massaker an unschuldigen Menschen, das die faschistischen Pfeilkreuzler unter der Führung von Ferenc Szálasi begangen haben.

Heute muss man leider sagen, dass die Welt ihre Lektion nicht gelernt hat. Immer noch werden Menschen unterdrückt, Regierungen und Politiker vertreten radikale Standpunkte, seien sie rechts oder links. Oligarchen, die die staatlichen Institutionen sowie Medien monopolisiert haben, üben Kontrolle und Einfluss aus. Das verlieht ihnen die Macht, um Individuen und die Bevölkerungen zu ihren eigenen Gunsten zu manipulieren. In Ungarn beschreiben einige Beobachter die Regierung von Viktor Orbán als autokratisch und autoritär. In der Republik Moldau finden einige, dass der Oligarch Vlad Plahotniuc zuviel Macht besitzt und es sich daher erlauben kann, demokratische Werte und Prinzipien nicht zu respektieren.

Am dritten Tag des Panter Workshops zum Thema Pressefreiheit – ein internationaler Austausch zwischen Journalisten aus Russland, Weißrussland, Georgien, Armenien, Aserbaidschan, der Ukraine sowie der Republik Moldau – besuchten wir die Zeitung Heti Világgazdaság (HGV). Dies ist die größte Zeitung für Fragen aus Wirtschaft und Politik in Ungarn, die als Print- und Onlineausgabe verfügbar ist. Sie wurde 1979 gegründet. Laut des Online-Chefredakteurs Nagy Ivan Zsolt hat das Medium einen bedeutenden und wachsenden Einfluss auf Entscheidungsträger in der Wirtschaft. Für Print und Online arbeiten 60 Journalisten. Der Online-Content ist in verschiedenen digitalen Formen verfügbar. Die Online-Ausgabe von HGV verzeichnet mehr als 1,6 Besucher pro Woche.

HGV ist frei und unabhängig. Laut Nagy Ivan Zsolt gibt es in Ungarn nur noch vier bis fünf Medien, die man als wirklich unabhängig bezeichnen kann. Alle anderen Medienunternehmen sind, aufgrund ihrer Finanzierung von der Regierung beeinflusst. 19 Medien sind im Besitz eines einzigen Unternehmers, der ein enger Freund des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán ist. Laut Nagy Ivan Zsolt vertreten sowohl staatliche als auch private Medien ganz spezifische Standpunkte zu Themen wie beispielsweise Migration, Terrorismus und Wirtschaft. Die Bevölkerung ist sich zu großen Teilen nicht bewusst, dass sie Propaganda und Fake News vorgesetzt bekommt.

Eine unglaubliche Erfahrung

Eines der schmerzhaftesten Themen in Ungarn bleibt die Korruption. Auf dem Index nimmt das Land den 66. Platz ein – gefolgt von Weißrussland. Die Korruption hat viele Bereiche des ungarischen Lebens durchdrungen, vor allem das Baugewerbe, in das viele Gelder der Europäischen Union geflossen sind. Aufträge werden in intransparenter Art und Weise vergeben. Sollte, so Zsolt, die EU die Artikel 7 gegenüber Budapest anwenden, wäre Ungarn das zweite EU-Land nach Polen, das wegen der Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien sanktioniert wird. Die Opposition wirft der Orbán-Regierung vor, demokratische Institutionen auszuhöhlen, gegen kritische Medien vorzugehen sowie den nicht-staatlichen Sektor zu marginalisieren.

Budapest wird für mich eine unglaubliche Erfahrung bleiben. Hier habe ich ein Team von Journalisten getroffen, mit denen ich mich in
großartiger Art und Weise austauschen konnte – über unsere Erfahrungen, aber auch die Treffen, die in Budapest stattgefunden haben. Ich danke Barbara und Tibor, ein Mann mit tiefen menschlichen Werten. Er ließ uns an emotionalen Erinnerungen und Begegnungen teilhaben und hat uns die
Gelegenheit gegeben, einige ganz spezielle Plätze in Budapest zu besuchen. Budapest, ich werde Dich wieder besuchen. Und dann hoffe ich zu sehen, dass deine Freiheiten gewachsen sind.

In dieser Woche sind zum nunmehr einundzwanzigsten Mal Journalisten aus Osteuropa Gäste der taz Panter Stiftung, um sich kennen zu lernen, ihre Erfahrungen auszutauschen, Neues über Journalismus unter demokratischen und nicht mehr so demokratischen Bedingungen zu lernen. Weil es dieses Mal speziell um das Thema „Bedrohte Pressefreiheit“ geht, schauen die KollegInnen sich zunächst fünf Tage um in Budapest und kommen dann nach Berlin. In einem täglichen Blog berichten sie von dem Workshop, der auch aus Mitteln des Auswärtigen Amtes gefördert wird.

Dieser Workshop wurde durch das Auswärtige Amt finanziell unterstützt.

 

 

 

 

 

 

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/tazpanterstiftung/2018/12/06/budapest-ich-komme-wieder/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert