vontazpanterstiftung 26.06.2020

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Die Pandemie machte den Theaterpädagogen Dirk Kaufmann zum „Corona-Detektiv“: Er sollte sich neu erfinden und hat inzwischen wieder zu sich selbst gefunden. Kaufmann ist einer von bundesweit Hunderten „Containment Scouts“, die Infektionsketten nachverfolgen.

Dirk Kaufmann, 37, hat sich an seine Rolle als Hiobsbotschafter bereits gewöhnt. „Ich stelle mich vor und frage: „Sie kennen doch XY? Wissen Sie, dass er positiv auf Covid-19 getestet wurde?“ Seit April arbeitet Kaufmann in Heidelberg als „Containment Scout“. Der Begriff stammt aus dem Englischen und bezeichnet jemanden, der bei einer Pandemie Kontaktpersonen ermittelt. Bis Ende Mai waren 500 Scouts bundesweit im Einsatz, davon zurzeit 63 in Baden-Württemberg, teilt das Bundesverwaltungsamt auf Anfrage mit.

Dirk Kaufmann sitzt in seinem Büro im Gesundheitsamt, vor sich zwei Bildschirme, Ordner, viele Laborzettel. Das Gespräch findet über FaceTime statt. Vor Corona arbeitete Kaufmann als Theaterpädagoge. „Mensch: Theater!“, ein interaktives Präventionstheater, war sein Globe. Mobbing, Sucht, Missbrauch: kein Thema war zu heikel. Diese Methoden setzte Kaufmann auch bei Kommunikationstrainings an Rettungsdienstschulen ein. Als ihm Mitte März aufgrund der Pandemie fast alle Aufträge wegbrachen, war das „ein ziemlicher Schock“. Bald wird er Vater.

Eine gut bezahlte Alternative zum Job im Gastronomiebereich

Bundesweit haben sich knapp 10.000 Menschen als „Containment Scouts“ beworben. „In der Regel Studierende“, sagt Pressesprecherin Lisa Schlager vom Regierungspräsidium Stuttgart, die den Gesundheitsämtern „für „ein halbes Jahr zugeordnet“ seien. Für viele eine gut bezahlte Alternative zum Job im Gastronomiebereich, der stark von Einschränkungen betroffen ist. Das Gehalt: 2.300 Euro brutto.

Als Teil eines Dreierteams half Kaufmann anfangs, Strategien zum Schutz von Seniorenheimen und Pflegeeinrichtungen zu entwickeln. Später begann er, Kontaktpersonen von Corona-Infizierten hinterherzutelefonieren: „Wie fühlen sie sich? Haben Sie Symptome? Wo saßen Sie im Auto?“

Neben der „Detektivarbeit“ spielt Seelsorge eine Rolle. „Ich will das Gefühl vermitteln, dass ich am Telefon für die Person da bin“, sagt Kaufmann. Seine Stimme bekommt einen „Shush-It’s-All-Right“-Ton: keine Frage ist zu blöd. Sind die  Einkäufe organisiert? Wer führt den Hund aus? „Kommunikation ist eine Sache, die ich im Rettungsdienst unterrichte, deswegen bringe ich dort schon was mit.“

Von Ekaterina Venkina


Dieser Text entstand im Sommer-Workshop 2020 der taz Panter Stiftung mit den Neuen Deutschen Medienmacher*innen. Alle Texte des Workshops finden Sie hier.


 

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