vonannette hauschild 20.11.2011

Sauerländische Erzählungen.

Annette Hauschild berichtet Interessantes und Wissenswertes über Strafverfahren sowie Weiteres aus dem Feld der inneren und äußeren Sicherheit.

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Ich konnte beim dritten Prozesstag nicht teilnehmen, daher erklärte sich Helmut Lorscheid freundlicherweise bereit, von dort zu berichten:

Angesichts der Tatsache, dass in Koblenz wegen Propaganda im Internet verhandelt wird, aber nicht wegen konkreter Kampfhandlungen oder Anschlagsplanungen, verwundern die Sicherheitsmaßnahmen. So wurde auch in Koblenz der Presseausweis kopiert und die Justizbediensteten tragen schuß- und stichsichere Westen. Der Angeklagte selbst wurde wie ein Schwerverbrecher  mit Hand- und Fußfesseln vorgeführt.

Auch am dritten Prozesstag (9.11.) waren mehrere Polizeizeugen vom BKA geladen. Der Senat hat für die kommenden Wochen  2 thematische Blöcke eingerichtet, zunächst kommenAktivitäten in den Foren der Global Islamic Media Front (GIMF) zur Sprache , in der nächsten Woche wird das Al Ansar Media Battaglion und seine Plattform das Thema sein.

 „Kein unmittelbarer Kontakt zu kämpfenden Gruppen“

 Hussam S. soll in deutschsprachigen Foren der GIMF und später auf einer eigenen Plattform  hundertfach  Propaganda für den Jihad gemacht haben, konkret für den Krieg von Al Kaida u.a. in Afghanistan und Irak gegen die NATO-Invasoren und für die Befreiung Palästinas geworben haben. Von den Zeugen wurde  auf Fragen des Gerichts die große Bedeutung der Medienarbeit für die Radikalisierung und Mobilisierung neuer Unterstützer und Kämpfer hervorgehoben. Die Devise laute, wenn schon nicht selbst kämpfen, dann wenigstens im Internet aktiv werden. Gleichzeitig erklärten die mit der Auswertung der Internet-Aktivitäten befassten BKA-Beamten, dass der Anklagte keinen unmittelbaren Kontakt zu kämpfenden Gruppen hatte. Das bestätigte der BKA-Beamte Tobias W. in seiner Aussage. Die GIMF stellte, den BKA-Auswertern zufolge, zeitweise ein wichtiges Propaganda-Instrument dar. Den Ermittlungen zufolge gab es zwei Administratoren, wovon nur einer ermittelt werden konnte.

Ich habe hier schon mehrfach erwähnt, dass das Strafverfahren gegen insgesamt acht Mitglieder der GIMF ist vor kurzem vor dem OLG München zuende gegangen, nur ein abgetrenntes Verfahren ist noch anhängig.

Die BKA-Zeugin Kr. gab an, es habe sich bei GIMF um eine rein virituelle Organisation gehandelt, reale Treffen hätten nicht stattgefunden. Die Seiten habe jeder lesen können, um selbst Beiträge zu posten, habe es einer Zulassung durch die Adminstratoren bedurft.

 Der anderweitig verfolgte Daniel P. sei als erster ermittelt worden, so die Polizistin.  P habe auch Übersetzungsaufträge erteilt. Mehrfach habe jemand parallel in verschiedenen Foren die gleichen Inhalte hoch geladen. Die Anklage geht davon aus, dass dies der Angeklagte war – denn es sei unwahrscheinlich, dass verschiedene Personen fast gleichzeitig  das gleiche Video posten würden.

Irfan P. soll sich um die technische Administration der GIMF gekümmert haben.

P. wurde im zeitlichen Zusammenhang mit seinen Internet-Aktivitäten wegen gefährlicher Körperverletzung festgenommen. 

In der Vernehmung  der BKA-Beamten wurde deutlich, dass sich in diesen GIMF-Foren – neben den BKA-Ermittlern auch weitere in- und ausländische Polizeibeamte und Geheimdienst-Mitarbeiter tummelten. 

Während die wichtigen Internetseiten mit Spenden aus Saudi Arabien finanziert worden seien, hätten der Angeklagte und seine Freunde ihre Aktivitäten aus eigener Tasche finanziert.

Vorausgegangenen Ermittlungen der österreichischen Behörden zufolge haben einige der bereits verurteilten „Mittäter“ ihre Aktivitäten durch Internet-Kriminalität finanziert. So etwa durch Warenbetrug. Speicherplatz im Internet sei auch mittels gestohlener Kreditkarten finanziert worden.

 Die GIMF verlor nach dem Sommer 2008 an Bedeutung, sei nur noch als Blog weiter geführt worden.   

 

 

 

 

 

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https://blogs.taz.de/terrorismusblog/2011/11/20/bka-ermittler-als-zeugen/

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