vonTransformation auf tropisch 22.09.2022

Transformation auf tropisch

Vom Welt retten, Dilemma-Entscheidungen und der Faszination des Tropenwaldes.

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11,1 Millionen Hektar Wald – das entspricht laut NABU in etwa der Waldfläche Deutschlands – ein großer Verlust in nur einem Jahr!
Die FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) findet einen klaren Schuldigen: Die Ausweitung der Landwirtschaft ist einer der Haupttreiber der Tropenwald-Zerstörung. Zwischen 1990 und 2020 verloren wir weltweit rund 420 Millionen Hektar Wald – 90 Prozent davon waren Tropenwälder. Die Europäisch Union sichert sich hinter China einen unrühmlichen Platz 2, was den Import von Entwaldung angeht. Innerhalb der EU ist Deutschland an der Spitze.
Die Transparenzinitiative Trase veröffentlichte kürzlich eine Studie, die das Ausmaß der tropischen Entwaldung durch deutschen Konsum deutlich macht: Zwischen 2014 und 2018 waren es 229.600 Hektar , was mehr als der doppelten Fläche Rügens entspricht.

Mit diesen Rohstoffen importieren wir den meisten Tropenwald

Die Studie von Trase konnte drei Handelswaren ausmachen, die einen Großteil der nach Deutschland importierten Entwaldung ausmachen:

  • Palm- und Palmkernöl
  • Rinderprodukte (beispielsweise Leder oder Fleischerzeugnisse)
  • Soja (vor allem als Schrot)

Insbesondere Palmöl und Rinderprodukte haben zwischen 2016 und 2018 enorm an Bedeutung gewonnen, was ihren Import in die Bundesrepublik angeht. Dabei hatte dies insbesondere Auswirkung auf die Tropenwälder in Indonesien und Brasilien. Gleichzeitig stieg die Entwaldung durch nach Deutschland importierte Entwaldung in Kolumbien ebenfalls an. Dort ist vor allem der ausgedehnte Kaffeeanbau einer der Hauptgründe.

Entwaldungsfreie Lieferketten durch EU-Gesetz

Nach intensiven Diskursen von Politiker*innen, politischen Gruppen, und nicht zuletzt durch eine der größten europaweiten Petitionen (Together4Forests), die es je gab, legte im November 2021 die EU-Kommission einen Gesetzesentwurf zu entwaldungsfreien Lieferketten vor. Doch diesen galt es noch nach zu schärfen, denn Rohstoffe wie Kautschuk waren genauso wenig Inhalt des Entwurfs wie gefährdete, artenreiche Ökosysteme, die nach einer sehr engen Definition nicht als Wald gelten. Beispiele wären hier das Pantanal (Sümpfe und Feuchtwälder) oder der Cerrado (eine Savanne mit niedrigen Baumarten) in Brasilien. Diese Lebensräume waren im ersten Entwurf nicht enthalten.

In einer kürzlich veröffentlichen Umfrage waren jedoch 82 Prozent der Europäer*innen der Meinung, Unternehmen sollten keine Produkte verkaufen, die zur globalen Entwaldung beitragen!
Am vergangenen Dienstag stimmte nun das EU-Parlament über den Gesetzesentwurf ab: Die Mitglieder stimmten klar gegen Entwaldung und für den Schutz auch weiterer gefährdeter Ökosysteme. So wurde für die Aufnahme des Finanzsektors sowie von Kautschuk, Mais und Fleisch gestimmt. Ein wichtiger Schritt für ein effizientes EU-Gesetz.

 

 

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https://blogs.taz.de/transformation/deutscher-konsum-rodet-regenwald/

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kommentare

  • Die Menschen in den Tropen sollten aber erst einmal endlich von den Deutschen ein wirkliches „Klimarettungsopfer“ sehen: Deutschland sollte die Herstellung und den Export von Autos fuer Privatzwecke beenden. Aufhoeren mit dem „german green BS“ und opfern fuer wirklich Klimarettung.

    • Vielen Dank für deinen Kommentar!
      Ja, es ist wichtig ein Zeichen zu setzen – vor allem jetzt – wo die Klimakrise sogar vor der eigenen Haustüre angekommen ist, ist es höchste Zeit! Menschen des globalen Südens, die vor allem von Subsistenzlandwirtschaft leben, sind immer noch diejenigen, die die Auswirkungen der Klimakrise sehr hart trifft und es ist wichtig, dass sich lokal, regional sowie national auch politische Debatten mit diesem Thema beschäftigen und die Anpassungen an die Klimakrise auf die Agenda setzen.

  • Ich habe die Nase voll von Konferenzen,Debatten ,Analysen und poliitschen Klugscheisserreden.
    In Wirklichkeit sind weder die Mehrheit der Bevölkerung ,noch die massgebenden Politiker bereit
    eine Trendwende einzuleiten .
    Wir sind süchtig nach Konsum und alles was in Sachen Umweltschutz dahergeplappert wird sind reine
    Lippenbekenntnisse.Oder haben Sie schon mal einen Politiker,Banker oder Konzernboss bei einer Klimademonstration gesehen????????
    „Daher alles im Griff mit voller Fahrt voraus auf das Riff“ frei nach Reinhard Mey.

    • Vielen Dank für deinen Kommentar!
      Es ist wirklich nicht einfach, wichtige Steine ins Rollen zu bringen. Wir merken es gerade mit der Kampagne Together4Forests, die sich für ein starkes und strenges EU-weites Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten einsetzt. Man muss einen langen Atem haben und immer wieder in den Dialog gehen!
      Doch wir sehen den Weg vor allem in dem Diskurs mit Politik und Privatsektor, denn wir müssen alle an einem Strang ziehen.
      Wir sind gespannt, wie die diesjährige Klimakonferenz verlaufen wird und ob dort Regierungschefs ein wichtiges Zeichen gegen die Klimakrise setzen werden oder ob es bei heißer Luft bleibt.

  • Die Überschrift ist ganz schön reißerisch und anschuldigend und macht es schwierig, den anschließenden Artikel wirklich ernst zu nehmen.
    Die Vernetzungen sind doch wesentlich komplexer. Bei uns fahren wir die Landwirtschaft immer weiter runter, um die Natur zu schützen – klar, wird das dann von solchen Ländern aufgefangen, worum man sich um solche Dinge weniger Gedanken macht. Unterm Strich keine Gewinner.

    Diese Verteufelung des Palmöls ist aber auch nicht richtig. Ja Quadratmeter hat man hier den höchsten Ertrag – und eine Palmöl-Plantage hat durchaus noch etwas von Wald. Da wachsen auch noch Farne und es verschlagen sich auch so manche Tiere dorthin. Hingegen, wie lebendig sind unsere Rapsfelder???

    Soja ist auch nicht viel besser, aber wir sollen ja nicht mehr so viel Fleisch essen, nicht wahr?

    Natürlich brauchen wir Lösungen und ein „weiter so wie bisher“ wäre auch nicht gut. Aber die pauschale Verteufelung bringt in keinem Fall weiter, denn alles – alles! – hat seine zwei Seiten.

    • Vielen Dank für deinen Kommentar, liebe Sandra!
      Leider ist das aktuell noch die Realität: Für Produkte, die wir in unseren Geschäften kaufen können, wird tausende Kilometer weit weg Tropenwald vernichtet. Jüngst hat zum Glück das europäische Parlament mit seiner Abstimmung ein wichtiges Zeichen für einen strengeren Gesetzentwurf zu entwaldungsfreien Lieferketten gesetzt. Hoffentlich bringt dieses Gesetz dann politische Rahmenbedingungen und wir brauchen eine solche Überschrift nicht mehr.
      Was das Palmöl angeht, sind wir ebenfalls der Meinung, dass ein kompletter Verzicht und somit ein Umstieg auf andere Öle, die nicht einen solch effizienten Ertrag liefern, keine Lösung für dieses Dilemma ist. Eine wirkliche Diversität ist auf solchen Monokulturplantagen allerdings nicht zu finden.
      Aber auch hierfür gibt es Lösungen und Möglichkeiten.
      OroVerde hat jüngst aktuelle Hintergrundpapiere zu den Themen Palmöl sowie Soja veröffentlicht:
      https://www.regenwald-schuetzen.org/ueber-uns/oroverde-positionen
      Auch der WWF hat dazu Papier veröffentlicht:
      https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/produkte-aus-der-landwirtschaft/palmoel/palmoel-check-2021
      Wir stimmen dir zu, dass es wichtig ist, Lösungswege zu finden und Menschen zu motivieren, Änderungen anzustoßen. Leider haben viele noch nicht die Dringlichkeit erkannt, jetzt zu handeln oder verdrängen erfolgreich weiterhin die Auswirkungen ihrer eigenen Alltagsentscheidungen. Hier gilt es noch Aufklärungsarbeit zu leisten. Besonders wichtig ist es natürlich, neben den Bürger*innen auch den Privatsektor sowie die Politik mit ins Boot zu holen! Auch hier führt der Weg über Dialoge und Kompromisse, aber wichtige Meilensteine müssen dennoch dringend erreicht werden, sonst werden empfindliche Ökosysteme – wie der Amazonas-Regenwald – bald ihren Kipppunkt erreichen.

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