Nein, man muss nicht so weit gehen wie Anatol Stefanowitsch vom Bremer Sprachblog, der die Aktion lebendiges Deutsch in „Aktion scheintotes Deutsch“ umgetauft hat – allein schon deshalb nicht, weil ich mich vor wenigen Wochen erst von der putzmunteren Lebendigkeit eines der vier Initiatoren sowie seines Engagements für die deutsche Sprache überzeugen konnte. Dass die vier den Fehler gemacht haben, „just in time“ mit „termingerecht“ zu übersetzen, was kilometerweit an der Bedeutung dieses Wortes im Fabrikalltag vorbeigeht, ist wohl eher der klassischen Ignoranz deutscher Intellektueller gegenüber der realen Arbeitswelt geschuldet als einer reaktionären Einstellung. Und da falsche, unschöne und/oder unpassende Neubewortungen üblicherweise keine lange Lebensdauer haben, tut das niemand weh.
Schön wäre es allerdings, wenn bei dem doch großen Aufwand, den die Aktion Lebendiges Deutsch mit den Neubewortungen treibt, auch einmal ein tatsächliches brauchbares Neuwort herauskäme. Der August-Monatsaufgabe wäre das zu wünschen – gesucht wird ein deutsches Wort für Blockbuster.
Wenn wir einmal gnädig den Mantel des Vergessens über die Herkunft dieses Wortes breiten (nämlich vom Spitznamen einer besonders durchschlagenden Bombe der Alliierten im 2. Weltkrieg), wird der Begriff Blockbuster heutzutage vor allem in zwei Branchen gebraucht: der Film- und der Pharmabranche. Ein Medikament wird Blockbuster genannt, wenn es pro Jahr weltweite Umsätze von mehr als 500 Millionen Dollar schafft (oder waren es Euro?). Ob es bei Filmen ein ähnlich hartes Kriterium gibt, entzieht sich meiner Kenntnis, aber wenn ja, sollten wohl weltweit 100 Millionen Dollar Umsatz an den Kinokassen dabei herauskommen.
Blockbuster sind demnach also diejenigen (wenigen) Produkte, die all das semivergebliche Streben und Mühen finanzieren, das in Filmstudios und Pharmalabors veranstaltet wird. Man könnte sie, wie in anderen Branchen, einfach „Hit“ nennen, was aber eher verniedlichend wirkt, da es wesentlich mehr Hits oder auch Bestseller als Blockbuster gibt. Angesichts des doch eher lotteriemäßigen Vorgangs (weder im Kino noch in der Klinik kann ein Bestseller programmiert werden) würde mir der „Hauptgewinner“ als Eindeutschung ganz gut gefallen. Der ließe sich dann auch ganz gut auf die Kernprodukte anderer Unternehmen übertragen: Starker Prämienzuwachs bei Allianz-Sachversicherungen, aber Hauptgewinner bleibt weiterhin die Lebensversicherungssparte oder so ähnlich.
Irgendwie fallen mir auch nur militärisch konnotierte Wörter ein, solche Sachen wie „Kassengranate“. Ins Wortfeld passt aber auch z.B. die „Cash cow“, was z.B. die benannte Allianz-Sparte besser umschreibt als „Blockbuster“, und wofür es bereits das Wort „Melkkuh“ gibt, wobei das Ausbeutung suggeriert; „Goldesel“ wiederum lässt auf Unverdientheit schließen – wie wäre es mit „Bilanzvieh“?