Ein früher Kandidat für den Anglizismus des Jahres 2015, hat der Begriff „Fiscal Waterboarding“ gute Chancen, die ökonomisch relevanteste Wortschöpfung des Jahrzehnts zu werden. Denn dieser Einfall des neuen griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis macht die Verhandlungsposition der Griechen auf einen Schlag weit besser – und die der Deutschen weit schlechter als zuvor kalkuliert.
Weitgehend unbemerkt von den deutschen Wirtschaftsprofessoren und -redaktionen hat sich die ökonomische Debatte in den vergangenen Monaten massiv gegen die Schäuble’sche Austeritätspolitik gedreht. Es sind nicht nur die alten Widersacher wie Paul Krugman, der völlig zurecht triumphieren kann, dass die Vorstellung, mit radikalem Sparen neue Aufschwungskraft zu sammeln, im Fall Griechenland widerlegt wurde und sich als Aberglaube an die „Confidence Fairy“ entpuppte, es sind auch alte Verbündete wie der Internationale Währungsfonds, der kürzlich zugab, dass die Annahmen über die Folgen europäischer Fiskalkonsolidierungswut viel zu optimistisch waren; und es ist natürlich die ökonomische Realität, mit 26 Prozent Arbeitslosigkeit im siebten Jahr nach Ausbruch der Weltfinanzkrise und im fünften Jahr tiefster griechischer Depression – ein Viertel der Wirtschaftsleistung weg, der Konsum sogar um 40 Prozent gesunken.
Oder, wie die bösen Antikapitalisten von Bloomberg schreiben:
„The existing settlement has failed. It therefore needs to be revised. No conceptual revolution is required.“
Die Programme für Griechenland müssen also nachverhandelt werden (Tsipras selbst hat schon mit einer möglichen Kopplung der Tilgungszahlungen an die griechischen BIP-Wachstumsraten eine brauchbare Kompromisslinie angegeben); und zwar am besten so, dass dabei ein wie auch immer geartetes und benanntes Südeuropa-Investitionsprogramm herauskommt. Und weil die einzigen, die das partout nicht einsehen wollen, in Frankfurt (Bundesbank), München (ifo) und Berlin (Schäuble, Springer) sitzen, ist alles hilfreich, was die argumentative Position dieser deutschen Stahlhelmökonomen schwächt.
Womit wir wieder beim „Fiscal Waterboarding“ wären. Die Analogie zwischen der deutschen Behandlung Griechenlands und der US-Folter von Terrorverdächtigen ist hart, aber gerecht. Den „Pleite-Griechen“ wurde das Messer an die Kehle gesetzt, die Pistole auf die Brust, das Wasser ins Gesicht gedrückt, weil sie ja nur so zu Zugeständnissen und Sparanstrengungen bereit seien.
Folter ist in Deutschland und in allen anderen zivilisierten Ländern verboten. Entsprechend groß war die (berechtigte) Aufregung, als in den USA der Untersuchungsbericht über systematische Folter nach 9/11 veröffentlicht wurde. Und entsprechendes könnte auch den Deutschen blühen, wenn sie meinen, mit den Griechen weiterhin Hardball spielen zu können. Ein frühzeitiges Einschwenken auf einen konstruktiven Kurs würde alte Wunden heilen statt neue aufzureißen, und würde dem politischen Zusammenhalt und der ökonomischen Entwicklung ganz Europas dienen. Diese Wortneuschöpfung kann dazu beitragen.
[…] bringen zu können – wie z.B. dieses “Fiscal Waterboarding” von Varoufakis (http://blogs.taz.de/wortistik/2015/01/29/fiscal-waterboarding/ […]