„Seit gestern bloggt Kai Diekmann…“ – „Ja und ?“ – „…eines seiner Themen ist „Meine taz!“ – „Ok, er ist ja auch Genossenschaftsmitglied“ – „Das muss man im Auge behalten“ – „Ok, aber wer soll das dauernd lesen ?“ – „Na am besten der Blogwart“. – So werden bei Mütterchen taz die Aufgaben verteilt und uns fällt außer der Aufsicht über die tazblogs nun auch noch die Sichtkontrolle eines auswärtigen Bloggers zu: Sudel-Kai, Gossen-Diekmann, der Chef des Blut-und Sperma-Blatts vom Springerstiefelfeind schräg gegenüber.
Damals, als die taz ihm einen zu kurzem Pimmel andichtete, rannte er noch beleidigt vor Gericht; sein Geschäftsführer verklagte die taz wegen eines preisgekrönten Werbespots; gegen die Umbennung der Kochstr in Rudi-Dutschke-Strasse zog Springer alle Register – und jedesmal wurde der dumpfe Goliath von einem grinsenden David lässig besiegt. Doch jetzt scheint irgendein Kommunikationsberater – vielleicht war es auch nur der Controller, dem die verlorenen Prozesse langsam zu teuer werden (allein das bis zum BGH ausgetragene Verfahren wegen des Kino-Spots kostete knapp 50.000 EU) – die Springer-Obristen darauf hingewiesen zu haben, dass sie so nicht weiter kommen und hat einen Strategiewechsel initiiert. Seitdem weht der taz von schräg gegenüber ein Sympathieschwall entgegen, den man nur als Politik der Umarmung bezeichnen kann. „Ab sofort machst du den coolen Kai. Statt über Spott und Hohn zu klagen stellst du sie selbstironisch in dein Blog. Parole: Piep piep piep, ich hab euch alle lieb.“ Und so bloggt der BILD-Chef jetzt über „Meine taz“ derart allerliebst, dass man sich die Augen reibt. In der „FAS“ bekundet er, dass er den taz-Anwalt und juristischen Dauergegner Springers, Jony Eisenberg, eigentlich sehr mag. „Was ist denn da los?“ fragen wir bei Jony nach: „Keine Ahnung, der spinnt.“ Weit wird Diekmann mit seiner Ranschmeiß,-und Umarmungsnummer indessen nicht kommen – schon steht ihm die nächste Klage ins Haus, die von Anwalt Eisenberg gerade vorbereitet wird, im Auftrag des einstigen taz-Mitgründers und heutigen Lettre-international-Chefs Frank Berberich. Dessen Interview mit Thilo Sarrazin hatte Bild.de, begeistert über die xenophoben Tiraden des Ex-Senators, einfach eingescannt und publiziert – ohne Erlaubnis und ohne zu zahlen. Interessant – auf der letzten taz-Genossenschaftsversammlung hatte es eine Wortmeldung des Genossen Diekmann in Sachen „digitaler content“ gegeben: hier müssten die Verlage künftig an einem Strang ziehen und dürften ihre wertvollen journalistischen Inhalte nicht mehr kostenlos ins Netz stellen. Soweit der coole Kai; der dubiose Diekmann unterdessen bedient sich – bis es so weit ist- lieber gratis bei kleinen Kulturzeitschriften.
Update, 17 Uhr 50: Es gab wohl ein Telefonat zwischen „Lettre“ und „Bild“, die sich das komplette Interview zufaxen lies. Für Diekmann liegt damit auch die Genehmigung zum Abdruck vor – und gegen zitierende Auszüge aus dem Text gab und gibt es von Lettre auch keine Einwände. Den Text aber komplett online zu stellen und damit kostenlos verfügbar zu machen- und allein dagegen richtet sich die Klage – ist etwas anderes als ein auszugsweiser Abdruck.