vonHans Cousto 13.07.2015

Drogerie

Aufklärung über Drogen – die legalen und illegalen Highs & Downs und die Politik, die damit gemacht wird.

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Cannabidiol (CBD) ist ein schwach psychoaktives Cannabinoid aus den weiblichen Hanfpflanzen. Medizinisch wirkt es entkrampfend, entzündungshemmend, angstlösend und gegen Übelkeit. Die Konzentrationen von THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD verhalten sich in den Hanfpflanzen antiproportional zueinander. Beim Konsum von Hanfprodukten (Haschisch, Marihuana) bewirkt ein hoher CBD-Anteil und ein entsprechend niedriger THC-Anteil eine eher sedierende, ein niedriger CBD-Anteil und ein hoher THC-Anteil eine eher anregende Wirkung. Das Verhältnis von THC zu CBD, die THC-CBD-Ratio, gibt auskunft über die protektive Wirkung des CBD. Je größer dieser Wert ist, desto kleiner ist die protektive Wirkung des CBD.

Haschisch

Bis Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde in Europa weit mehr Haschisch geraucht als heute. Nur eine kleine Minderheit der Kiffer rauchte damals hierzulande Gras (Weed, Marihuana). In den USA wurde damals schon weit mehr Marihuana als Haschisch geraucht. Haschisch aus den klassischen Herkunftsländern (Afghanistan, Indien, Nepal, Pakistan, Libanon, Türkei, Marokko) enthielt damals wie heute mehr CBD als die meisten Sorten von Gras. Forensische Untersuchungen aus den USA offenbaren, dass 1993 importiertes Haschisch dort im Schnitt 6,6% THC und 3,8% CBD enthielt. Die Ratio THC zu CBD lag somit bei 1,7 zu 1. Im Jahr 2008 enthielt dort Haschisch im Schnitt 23,1% THC und 2,1% CBD, entsprechend einer Ration von 11 zu 1. Innerhalb von 15 Jahren hat sich in den USA der durchschnittliche THC-Gehalt von importierten Haschisch mehr als verdreifacht, der CBD-Gehalt ist hingegen um etwa 45% gesunken und die Ratio von THC zu CBD hat sich um den Faktor 6 zugunsten des THC verschoben.

In den Niederlanden zeigt sich ein etwas anderes Bild. Zur Zeit der Jahrtausendwende, im Winter 1999/2000, enthielt gemäß Monitoring des Trimbos Instituts importiertes Haschisch im Schnitt 11,0% THC und 4,0% CBD, was einer THC-CBD-Ratio von 2,75 zu 1 entspricht. Im Winter 2002/2003 lagen die entsprechenden Werte für THC bei 16,6%, für CBD bei 7,7% und für die THC-CBD-Ratio bei  2,2 zu 1. Im Zeitraum von 2013 bis 2014 lagen lagen die entsprechenden Werte für THC bei 16,2%, für CBD bei 6,2% und für die THC-CBD-Ratio bei  2,6 zu 1. Die THC-CBD-Ratio von importierten Haschisch lag in diesem Jahrtausend in den Niederlanden stets im Bereich zwischen 2 und 3.

In den Niederlanden hergestelltes Haschisch (Nederhasj) enthält deutlich mehr THC und weniger CBD. Zur Zeit der Jahrtausendwende enthielt Nederhasj im Schnitt 20,7% THC und 0,2% CBD, was einer THC-CBD-Ratio von mehr als 100 zu 1 entspricht. [Das Vorliegen einer Messungenauigkeit respektive eines Messfehlers bei CBD scheint hier wahrscheinlich vorzuliegen]. Im Zeitraum von 2013 bis 2014 lagen die entsprechende Werte für THC im Schnitt bei 30,2%, für CBD bei 2,3% und die THC-CBD-Ratio lag etwa bei  13 zu 1. Die THC-CBD-Ratio von importierten Haschisch ist in den Niederlanden wesentlich kleiner als bei Nederhasj. Somit ist die protektive Wirkung des CBD bei Import-Haschisch größer als bei Nederhasj.
Diagramm THC- und CBD-Anteile von Import-Haschisch in den Niederlanden (2000 bis 2014), Quelle: Sander Rigter, Raymond Niesink: THC-concentraties in wiet, nederwiet en hasj in Nederlandse coffeeshops (2013-2014)Abbildung 1 zeigt die Prozentwerte des THC- und CBD-Gehalts von importierten Haschisch-Proben. Jeder farbige Punkt zeigt eine Probe an. Je höher ein Punkt im Bild ist, desto größer ist der THC-Gehalt der Probe, je weiter rechts ein Punkt im Bild ist, des größer ist der CBD-Gehalt. Quelle: Trimbos Institut, Utrecht, NL.

Gras – Marihuana – Sinsemilla

Sinsemilla, auch Sensimilla (span. sin semilla: ohne Samen), ist Marihuana, ausschließlich aus weiblichen, unbestäubten Blütenständen, die keine Samen enthalten. Sinsemilla gewinnt man, indem die weiblichen von den männlichen Pflanzen getrennt werden, sobald das Geschlecht erkennbar ist. Sinsemilla hat meistens einen höheren THC-Gehalt als gewöhnliches Marihuana.

In den USA hatte im Jahr 1993 Sinsemilla im Schnitt ein THC-Gehalt von 5,8% und ein CBD-Gehalt von 0,2%. Dies entspricht einer THC-CBD-Ratio von 29 zu 1. Im Jahr 2008 lag der THC-Gehalt bei 11,5% und der CBD-Gehalt bei 0,2% und somit die THC-CBD-Ratio bei 57,5 zu 1. Innerhalb von 15 Jahren hat sich in den USA der durchschnittliche THC-Gehalt von Sinsemilla fast verdoppelt, der CBD-Gehalt ist gleich geblieben und die THC-CBD-Ratio hat sich zugunsten des THC verschoben.

Niederländisches Gras (Nederwiet) hatte um die Jahrtausendwende im Schnitt ein THC-Gehalt von 8,6% und ein CBD-Gehalt von 0,1%. Dies entspricht einer THC-CBD-Ratio von 86 zu 1. Im Zeitraum von 2013 bis 2014 lagen die entsprechende Werte für THC im Schnitt bei 14,6%, für CBD bei 0,3% und die THC-CBD-Ratio lag somit etwa bei  50 zu 1. Untersuchungen von Cannabisproben, die 2010 und 2011 in Australien durchgeführt wurden, zeigten, dass dort der Wert der THC-CBD-Ratio noch größer ist. Der THC-Gehalt lag dort im Schnitt bei 14,88%, der CBD-Gehalt bei 0,14% und die THC-CBD-Ratio lag bei 106 zu 1.
Diagramm THC- und CBD-Gehalt von Nederwiet in den Niederlanden im Zeitraum von 2000 bis 2014, Quelle: Sander Rigter, Raymond Niesink: THC-concentraties in wiet, nederwiet en hasj in Nederlandse coffeeshops (2013-2014)Abbildung 2 zeigt die Prozentwerte des THC- und CBD-Gehalts von Nederwiet-Proben. Jeder farbige Punkt zeigt eine Probe an. Je höher ein Punkt im Bild ist, desto größer ist der THC-Gehalt der Probe, je weiter rechts ein Punkt im Bild ist, des größer ist der CBD-Gehalt. Im Vergleich zu Abbildung 1, wo sich die Punkte entlang einer virtuellen Diagonalen gruppieren, erscheinen hier die meisten Punkte entlang des linken Randes des Bildes, da Nederwiet im Gegensatz zu importierten Haschisch, zumeist einen sehr niedrigen CBD-Gehalt hat. Quelle: Trimbos Institut, Utrecht, NL.

Die Bedeutung der THC-CBD-Ratio

In neueren Cannabissorten sind häufig höhere THC-Gehalte und niedrigere CBD-Gehalte als in traditionellen Sorten. Dies führt zu höheren Werte bei der THC-CBD-Ratio, was sich negativ auf die protektiven Eigenschaften von CBD auswirkt. So stellte Sagnik Bhattacharyya vom King’s College in London in einer Studie, die er mit einem internationalen Team durchführte, zu den gegensätzlichen Wirkungen von THC und CBD auf die Funktionen des Gehirns fest, dass CBD die Wirkung von THC kompensiert. CBD ist kaum bis gar nicht psychotrop wirksam, hat aber neuroprotektive,  antipsychotische, anxiolytische und antidepressive Eigenschaften. Deshalb könne eine Vorbehandlung mit CBD die Induktion psychotischer Symptome durch THC verhindern.

Es gibt mehrere neuere Studien, so eine von RA Power et al., eine von M Hickmann et al. und eine von Suzanne H. Gage et al., die darauf hinweisen, dass dieselben Gene, die das Risiko für eine Psychose erhöhen, auch die Wahrscheinlichkeit Cannabis zu konsumieren erhöhen. Das Resümee dieser Studien könnte man kurz und bündig wie folgt zusammenfassen: „Nicht Cannabis führt zur Psychose, sondern Psychose-Risiko führt zu Cannabiskonsum.

Ein Faktor, der das Auftreten einer Psychose unter Cannabis beeinflussen kann, ist der Gehalt an THC und dem antipsychotischen CBD. Je weniger THC in Relation zum CBD-Gehalt in den Cannabisblüten enthalten ist, desto geringer erscheint die Wahrscheinlichkeit, dass durch den Konsum dieser Blüten eine Psychose ausgelöst wird. Diese Relation wird durch die THC-CBD-Ratio gekennzeichnet.

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https://blogs.taz.de/drogerie/2015/07/13/die-protektive-wirkung-von-cannabidiol/

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kommentare

  • „Das Vorliegen einer Messungenauigkeit respektive eines Messfehlers bei CBD scheint hier wahrscheinlich vorzuliegen“ – kommen solche Sätze nun von zu viel THC oder von zu viel CBD?

  • Bemerkenswerte Fakten. Ein weiterer Grund die Legalisierung anzupacken. So würden Konsumenten wissen was sie sich kaufen, und würden auch endlich den moralischen Schlamassel vermeiden können, evtl. Leute zu unterstützen die finster drauf sind.

    Danke für den Artikel

  • Der Schlusssatz des wunderbar aufbereiteten Berichts ist merkwürdig: er sagt aus, dass eine geringe THC-CBD-Spreizung eher besser und protektiver wirkt, also Psychosen dämpft, antiallergen wirkt, etc. Gleichzeitig zeigt der Artikel, dass in den vergangenen Jahren in allen Cannabis-Produkten die Spreizung zugenommen hat. Damit müsste der Schlussatz doch eher in die Richtung weisen, dass das aktuell produzierte, hochpotentes Gras und Haschisch mit extremer THC-CBD-Spreizung, eher Psychosen auslösen kann und dies bei Leuten, die eh schon psychotisch veranlagt sind. Oder?

  • Ist doch sehr interessant, wie sich die Wirkung durch die Komponenten THC und CBD zusammensetzt. Mit diesem Wissen lässt sich die Wirkung für den Behandlungseffekt aber auch den Genusseffekt besser kalkulieren. Dies scheint mir der rechte Weg des Umganges.

    Schöne Grüße

  • Bitte an Politiker weiterleiten, ob sie es verstehen oder verstehen wollen ist eine andere Sache.

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