von 20.04.2013

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"Bewegt euch!", mit Göring-Eckardt, Schulte und Langer (v.l.n.r.)

Von Christian Wyrembek

Bei einer Sache scheint sich Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt sicher: Dass es die Mitmach-Bürger schon lange, wenn nicht schon immer gegeben hat. Und trotzdem sei der Protest gegen das Verkehrsprojekt Stuttgart 21 etwas Besonderes gewesen. Er ist auf dem taz.lab sofort Thema bei der Diskussion “Bewegt Euch! Ein Hoch auf die Mitmach-Bürger: Warum nicht die Politik allein das gute Leben organisieren kann”.

Die Medien berichteten: Bürger, die sich vorher nicht an Bürgerprotesten beteiligten, gingen in Stuttgart auf die Straße. Und Göring-Eckardt erinnert sich an eine Frau in Stöckelschuhen, für die es die erste Demo gewesen sein muss: “Sonst hätte sie gewusst, dass man damit nicht demonstrieren kann”, sagt sie.

Claudia Langer sieht das teilweise anders. Sie versucht mit dem Internetportal utopia.de Bürger zum Mitmachen zu bewegen und sitzt neben Göring-Eckardt und taz-Moderator Ulrich Schulte auf dem Podium. Dass in Stuttgart “andere Bürger” demontriert haben, fand sie zwar schön. Doch die wirklich nachhaltigen Mitmach-Bürger sieht sie noch nicht. “Andere sollen es für sie machen”, sagt Langer.

Man müsste ihnen beibringen, dass sie Teil der Gesellschaft sind und sich langfristig beteiligen können – nicht nur bei einzelnen Projekten. “Die Generation Man-müsste-mal” heißt deshalb auch ihr Buch, das Schulte zuspitzend als “190-Seiten-Wutausbruch” bezeichnet. Der Klimawandel steht für Langer darin im Mittelpunkt. Die Menschen wüssten, dass es ihre Kinder schlechter haben werden, trotzdem würden sie sich durch ihr Verhalten immer wieder schuldig machen.

Und so wirft Langer den Parteien auch schnell Fehlverhalten vor. “Ich habe bei keiner Partei das Gefühl, dass sie mir ehrlich sagt, was sie will”, sagt sie. Die Bürger würden sich nicht mehr gemeint fühlen. Göring-Eckardt und die Grünen schließt sie nicht aus: “Ich empfinde Euch genauso im Elfenbeinturm wie alle anderen.” Langer sieht sogar ein demokratiegefährdendes Potenzial durch den Vertrauensverlust der Bürger: “Die Katastrophe muss eingetreten sein, damit etwas passiert.”

“Es gibt auch die Freiheit, sich nicht beteiligen zu wollen”, gibt Göring-Eckardt zu bedenken. Ein “Ihr müsst euch beteiligen!” könne auch schnell als von oben herab empfunden werden. Und trotzdem, sagt sie, möchte sie im Bundestags-Wahlkampf dorthin gehen, wo die Menschen sind – und Alternativen aufzeigen.

Ein  Satz, der in den Ohren des Publikums wohl von jeder anderen Politikerin stammen könnte. Und das, obwohl Göring-Eckardt selbst Allgemeinplätze wie den der “Alternativlosigkeit” kritisiert. Auch für Projekte wie Stuttgart 21 möchte Göring-Eckardt die Menschen direkt ansprechen – mit Einladungen an repräsentative Gruppen, die das Thema diskutieren. Sie will “andere Formen der Beteiligung”. Genauer wird sie nicht.

Eine Frau im Publikum meldet sich und sagt, sie glaube nicht, dass es gelinge, Bürger so zu mehr Beteiligung aufzufordern. “Der Mensch ist ein Herdentier. Er braucht Häuptlinge”, sagt sie. “Jeder kann doch für sich entscheiden, ob er sich schuldig macht”, entgegnet Langer wieder mit Blick auf den Klimawandel. Für sie bleibt der Mitmach-Bürger das Ziel: “Also rein in die Politik und mitgestalten!”

 

 

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