Kurz bevor die „Stop watching us“-Demonstration am Samstag das taz-Gebäude erreichte, wurde über Lautsprecher ein Beitrag von Ken Jebsen abgespielt, der schwerwiegende Anschuldigungen gegenüber Journalisten erhebt. Wir würden jedes Verbrechen gegen die Menschlichkeit entweder schönschreiben oder totschweigen und dadurch überhaupt erst ermöglichen. Jebsen fragt: „Geht ihr wirklich davon aus, damit durchzukommen? Nur weil ihr viele seid?“
Nach Recherchen von Jebsen gibt es zudem in den Chefredaktionen aller Medien Leute, „die wider besseren Wissens gelogen haben“. Jebsen beklagt unter anderem die mediale Vorverurteilung von „möglichen Verdächtigen, die dann über Nacht zu Tätern werden – ohne Prozess, ohne Anwalt, aber mit dem Zutun der Presse“.
Über die Namen der Täter wird bereits jetzt Buch geführt: „Wir registrieren Sie alle, Ihre verleumderischen Berichte“, sagte Jebsen. Es werde der Tag kommen, „da bricht dieses System vollständig in sich zusammen“. Nach der Revolution werde den Journalisten dann der Prozess gemacht: „Es kommt der Tag, da werden diese Zeugen aussagen.“ Das Urteil steht für Jebsen bereits vor Prozessbeginn fest: „Die meisten Pressevertreter gehören hinter Gitter.“
Hier ein Transkript der Rede, soweit sie sich auf Journalisten bezieht:
Gut, dass das Opa nicht mehr erleben muss: Wie seine Enkel zu einer Art von Mitläufern mutiert sind, von denen der Führer nur träumen konnte. Im Dritten Reich gab es sie ja nicht, die freie Presse. Es gab sie nicht, die Alternative, über die man hätte sich informieren können. Es gab nur das Fenster zum Hof und das Wissen, dass die Nachbarn gestern Nacht irgendwie abgeholt wurden. Es gab Soldaten, die erzählten, was an der Front wirklich passierte, wie weit es mit dem Endsieg wirklich stand. Nicht jeder hatte Zugang zu diesen Informationen. Das ist heute anders. Man muss nicht mal ins Netz, um Verdacht zu schöpfen. Es würde reichen, die Massenmedien mit ihren abgedruckten oder gesendeten Widersprüchen zu konfrontieren – aber das ist den meisten von uns schon zu viel Arbeit. Die, die es dennoch tun, werden dann an den medialen Pranger gestellt, vor allem, wenn sie Medienprofis sind. Das ist wie wenn man einen Herzchirurgen, der nicht pfuscht, exakt dafür verklagt, da seine Patienten nicht chronisch abkratzen, nachdem er sie operiert hat.
Die Wahrheit, ihr da draußen, kratzt inzwischen im Wochenrythmus ab. Betrachtet die, die (benennen?), als Zeugen. Es kommt der Tag, da werden diese Zeugen aussagen. Sie werden all jene belasten, die wider besseren Wissens gelogen haben. Das sind eine ganze Menge Leute. Seht euch um in den sogenannten Chefredaktionen in allen Medien. Sehr verehrte Damen und Herren, gehen Sie wirklich davon aus, dass wir, diese Spinner, nicht Buch führen? Wir registrieren Sie alle, Ihre verleumderischen Berichte, zum Beispiel über mögliche Verdächtige, die dann über Nacht zu Tätern werden – ohne Prozess, ohne Anwalt, aber mit dem Zutun der Presse.
Was früher investigativer Journalismus hieß, nennt die Systempresse heute Verschwörungstheoretiker und macht Jagd auf sie. Es wird der Tag kommen, da bricht dieses System vollständig in sich zusammen. Und dann? Dann wird eine neue Struktur entstehen, und in dieser neuen werden die üblichen Verdächtigen versuchen, wieder einen neuen Job zu bekommen, ganz oben, sie werden die neuen Chefredakteure, die neuen Medienmacher und die neuen Start-up-Internet-Pressejunkies geben. Viele werden darauf reinfallen. Wir nicht.
Ihr, die ihr heute massiv mitmischt, ihr Stellvertreter der ehemaligen freien Presse, ihr, die ihr Verbrechen im ganz großen Stil vertuscht, damit man sie global überhaupt begehen kann, ihr Medienterroristen mit Presseausweis, die ihr jedes Verbrechen gegen die Menschlichkeit schönschreibt oder totschweigt – geht ihr wirklich davon aus, damit durchzukommen? Nur weil ihr viele seid?
Wir, die letzten Überlebenden der Zivilgesellschaft, die letzten wirklich freien Reporter, die Blogger und Journalisten – wir haben Zeit. Unsere Zeit kommt.
Um die Sache klarzustellen: Ihr seid nicht alleine Schuld an dem, was Menschen jeden Tag an Gräueltaten zur Bekämpfung des Terrors über sich ergehen lassen müssen. Nur ihr sitzt in Schlüsselpositionen. Das wird auch so bleiben, nur dass der Schlüssel dann von uns herumgedreht wird. Die meisten Pressevertreter gehören hinter Gitter.
Zuletzt gab es erst zwei Tage vorher eine Demonstration vor der taz: Am Donnerstag hatte die Initiative „taz watch“ gegen Rassismus und Diskriminierung protestiert.
Und wieder einmal erklart Ken uns auf seine charmante, ausgeglichene und fröhliche Art und Weise die Welt. Er ist der einzige, der hier den vollen Durchblick hat, alle anderen sind dumm. Danke dafür, lieber Ken. Kennilein, willst Du mich, Barbie, zu Deiner Dir angetrauten Ehefrau nehmen?