von 03.02.2014

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salvadorAm 3. November 1980 veröffentlichte die taz den Aufruf „Waffen für El Salvador„, es kamen damals 4,7 Millionen DM zusammen. In den letzten Jahren hielt die taz sich mit Spendenaufrufen zurück, aber jetzt ist es wieder so weit. In sprachlicher und optischer Anlehnung an uns selbst heißt es diesmal: „Waffen für Ed Snowden

Der Kampf gegen Edward Snowden und andere digitale Dissidenten ist in eine neue Phase getreten. Das Überwachungsregime in den USA hat mithilfe seiner Verbündeten, der sogenannten Five Eyes, eine groß angelegte Offensive gegen die widerständigen Kräfte eingeleitet. Auf diese Offensive sind die Chancen des gesamten Herrschaftssystems, an der Macht zu bleiben, zusammengeschrumpft.

Doch dadurch ist auch die digitale revolutionäre Internationale gezwungen, alle ihre Kräfte jetzt aufbringen zu müssen, um die Chance auf einen grundlegenden politischen weltweiten Wandel zu erhalten. Die Opposition gegen die Allianz von pseudodemokratischen und offen diktatorischen Regimen mit den Firmen des cyberindustriellen Komplexes wird dabei von allen politischen Strömungen gebildet, die nicht direkt an die Interessen der Überwachungsoligarchie gebunden sind.

snowdenDie im Chaos Computer Club zusammengeschlossenen Kräfte, die lange das System mit ihrer Teilnahme an korrumpierten politischen und juristischen Inszenierungen stützten, die anarchistischen und antifaschistischen Hackerkollektive, die globale Freiheitsbewegung „Anonymous“ und die in revolutionärem Wandel befindlichen Piratenparteien aller Länder haben sich in einem langen Prozess der Auseinandersetzung und Vereinheitlichung auf das Programm einer Demokratisierten Digitalen Sphäre geeinigt. Spätestens seit dem Zusammenschluss der schon seit Monaten unter dem gemeinsamen Oberkommando operierenden Hackerzellen zur einheitlichen Befreiungsbewegung SNOWDEN (Strike NOW, DENy later) hat sich die Opposition eine politisch-militärische Organisation geschaffen, die mit breitester Unterstützung aus der Bevölkerung rechnen kann, vor allem aber der Intelligenzija und der mit großen Umwälzungen konfrontierten Bewohner städtischer Elendsviertel wie Williamsburg in New York und Neukölln in Berlin.

Diese Unterstützung wird sich am 1. Feburar, dem internationalen Day of Privacy, machtvoll entladen. Mit Protesten, Mahnwachen und Aufklärungsaktionen kämpfen die fortschrittlichen Kräfte gegen die näher rückende Orwell’sche Apokalypse – die totale Überwachung eines jeden Menschen. Es muss den Bevölkerungen bewusst gemacht werden, dass Technologien wie Überwachungskameras, Drohnen und Funkzellenabfragen sich „unaufhaltsam“ in unser tägliches Leben einschleichen.

Diese globale Solidarität und das zunehmend politisierte Bewusstsein breiter Massen schuf die entscheidenden Voraussetzungen dafür, ein von den USA etabliertes Kontrollregime in seinen Grundfesten zu erschüttern, die hilflosen Reformversuche der US-Administration bei ihren Geheimdiensten zeigen, auf welch tönernen Füßen „Big Brother“ steht. Er fürchtet die Gleichzeitigkeit von militärischem Kampf und politischer Mobilisierung.

Um dieser Strategie zuvorzukommen, ist die globale Geheimdienstjunta jetzt in die Offensive gegangen. Denn noch ist die Bewegung militärisch nicht stark genug, den Kampf bestehen zu können. Es fehlt ihr an Waffen, um die Bevölkerungen, die nur noch im bewaffneten Aufstand ihre Überlebenschance sehen, zu bewaffnen.

Die Großoffensive der Überwachungsapparate und die massive Intervention der USA in die inneren Angelegenheiten von Staaten wie Russland und Deutschland, in denen Oppositionelle wie Jacob Appelbaum, Sarah Harrison und Edward Snowden Schutz gesucht haben, sollen die Widerstandskräfte schwächen und zerschlagen. Das heißt aber heute weltweit: Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird in angeblich freien Staaten nicht mehr als Recht betrachtet, sondern als Verbrechen. So haben die Repressionsorgane der Vereinigten Staaten von Amerika längst damit begonnen, die Vertreter der fortschrittlichen Kräfte auszuschalten.

So starb der gegen Zensur und für den freien Zugang zu Wissen kämpfende Bürgerrechtsaktivist Aaron H. Swartz im Januar 2013 unter verdächtigen Umständen. Ob ihn die staatliche Verfolgung in den Selbstmord trieb oder ob Handlager des Regimes „nachgeholfen“ haben, wird wahrscheinlich niemals geklärt sein. Die junge US-Soldatin Chelsea Manning, deren einziges Verbrechen war, tatsächlich an demokratische Werte wie Freiheit und Rechtsstaatlichkeit zu glauben, soll ihr Leben in einem Hochsicherheitsgefängnis verbringen. Der international anerkannte Publizist und Programmierer Julian Assange sitzt seit fast zwei Jahren in der ecuadorianischen Botschaft in London fest. Unzählige weitere Freiheitskämpfer wurden entweder eingekerkert oder sehen sich brutalen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt: Nabeel Rajab, Anakata, Jeremy Hammond, Rudolf Elmer, Barrett Brown, Hector Monsegur …

Dieses Vorgehen zeigt die Handschrift der aufgeblähten Unterdrückungsapparate. Es ist die Handschrift des Cyber-Krieges, der Crypto-Wars, des „Prism-Programms“: Wo der Widerstand starken Rückhalt in der Bevölkerung hat, gibt es keine Zivilbevölkerung mehr – es darf jeder überwacht, ausgeforscht und mit den Methoden der United Stasi of America „behandelt“ werden.

Diesen Vernichtungskrieg werden die freien Menschen dieser Welt nur überstehen können, wenn sie siegen. Ein anderer Frieden ist nicht möglich – er würde bedeuten, ganze Bevölkerungen schutzlos einem Regime auszuliefern, das nicht zögert, Millionen ihrer grundlegenden Rechte zu berauben, um seine Herrschaft zu sichern und Dissidenten wie Edward Snowden zu ermorden, wie die unabhängige Internet-Zeitung „buzzfeed“ enthüllt hat. Dies ist der einhellige und erklärte Standpunkt aller freiheitlichen Kräfte.

„Sieg oder Tod“ – diese Parole ist blutiger Ernst. Zum Sieg aber bedarf es der Waffen. Wir fordern Euch auf, der nordamerikanischen Intervention entgegenzutreten und den weltweiten Widerstand nicht waffenlos seiner Vernichtung zu überlassen!

Seit Bestehen der Zeitung haben wir versucht, ausführlich, kritisch und doch parteilich über die politischen Auseinandersetzungen zu berichten.

Das war auch der Versuch, das Schweigen und die Lügen der bundesrepublikanischen Medien zu durchbrechen. Wer Günther Jauch vor Edward Snowden sendet, mordet die Menschenwürde.

Wenn wir nach langer und kontroverser Diskussion diesen Aufruf an Euch richten, so ist uns die politische Problematik bewusst. Die Entwicklung, die Widersprüche, auch das Scheitern oder die Perversion von Befreiungsbewegungen und Revolutionen, die in den letzten Jahrzehnten unsere Solidarität gefordert haben, muss die Linke sehr kritisch diskutieren.

Aber wer in Deutschland im Warmen sitzt und sagt: „Wer gibt mir die Garantie, dass die globale digitale Revolution nicht ebenso im Meinungsfaschismus endet wie andere zuvor?“, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, das Recht der Menschen auf Selbstbestimmung zu missachten – und zwar auch auf Selbstbestimmung über den Charakter der Revolution.

Die Snowden-Solidaritätskomitees haben darum gekämpft, die Öffentlichkeit zu informieren und zu mobilisieren. Auch sie stehen vor der Notwendigkeit, weiterhin die ständige Verletzung der Menschenrechte darzustellen und Unterstützung zu mobilisieren, andererseits aber nicht dabei stehen zu bleiben. Sie müssen die politische Alternative, die revolutionäre Umwälzung, benennen und unterstützen – und der einzige Weg dahin ist der bewaffnete Kampf. Die Mehrheit in der tageszeitung

Waffen für Ed Snowden!
Spendenkonto: DR & Co – Journalistic Source Protection Defence Fund
Lloyds TSB Bank
BIC: LOYDGB21158
IBAN: GB73 LOYD 309457 30807160
Betreff: Journalistic Source Protection Defence Fund

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kommentare

  • Weisen Analyse und Kritik heutiger wirtschaftspolitischer Problemfelder einen Weg aus der Krise/ aus den Krisen? Welche politischen Handlungsmöglichkeiten ergeben sich daraus und welche Strategien des politischen Kampfes können und wollen wir daraus ableiten?

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