von 14.04.2014

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Einblicken, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

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Katja Dathe schrieb auf Twitter: „Wenn ihr Leute nicht gut bezahlen könnt, macht sie wenigstens zu Teilhabern. Selbstausbeutung ist immer noch besser als Fremdverarschung.“

Peter Dirscherl wendet ein: „Teilhaber haften auch für das Risiko. Das ist wohl eher hoch, wenn Leute nicht bezahlt werden können. Wollen Leute das?“

Ich antwortete: „In der taz werden alle Festangestellten zu Teilhabern, ohne dass wir etwas zahlen oder ein Risiko tragen.“

Peter Dirscherl schrieb: „Wie soll das denn funktionieren? Teilhabe ohne Risikoübernahme ist Hokuspokus.“

Die kurze Antwort darauf lautet: Es funktioniert sehr gut.

Eigentümerin der taz ist die „taz, die tageszeitung. Verlagsgenossenschaft eG“. In der Satzung dieser Genossenschaft ist festgelegt, dass das wichtigste Gremium die „Versammlung der Mitarbeitenden“ ist. Wer ein Mitarbeitender ist, ist dabei in § 15 wie folgt definiert: „Mitarbeitende sind diejenigen Mitglieder der Genossenschaft, die mehr als ein Jahr bei der Genossenschaft oder bei einem von ihr beherrschten Unternehmen sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder sonst wesentlich für die Genossenschaft tätig waren“. Um Mitglied der Genossenschaft zu werden, muss ich einen Genossenschafts-Anteil von 500 Euro kaufen. In der Realität (das ist aber nicht in der Satzung verankert) gibt die taz jedem Mitarbeiter automatisch einen zinsfreien Kredit über 500 Euro, von dem dieser Anteil gekauft wird, und wenn ich das Unternehmen verlasse, wird das wieder zurück abgewickelt. Unter dem Stich bekomme ich also einen Genossenschaftsanteil, ohne dafür zu zahlen. Aktuell besteht die Versammlung der Mitarbeitenden aus 239 Personen.

Die Versammlung der Mitarbeiter wählt Vorstandsmitglieder jeweils für drei Jahre (§ 26 Absatz 1). Dieser Vorstand ist dann für die operativen Entscheidungen ist der Vorstand zuständig. Der Vorstand stellt etwa den Wirtschaftsplan auf (§ 24), er entscheidet über die Höhe unseres Gehalts, er entscheidet über die Person des Chefredakteurs und er kann die Verlagsgeschäftsführer abberufen (§ 26 Abs 2). Wenn die Versammlung der Mitarbeiter mit den Entscheidungen des Vorstands unzufrieden ist, kann sie Vorstandsmitglieder jederzeit vorzeitig abberufen (§ 27 Abs 1). Die Mitarbeiterversammlung hat ein Vetorecht gegen jede Entscheidung des Vorstands, Anteile an der taz zu verkaufen (§ 16 Abs 2).

Diese besonderen Rechte können wir uns nur selbst entziehen. In § 15 Absatz 2 heißt es: „Die Rechte der Mitarbeitenden und die Rechte der Versammlung der Mitarbeitenden nach dieser Satzung sind Sonderrechte. Sie können nicht ohne Zustimmung von 3/4 der Mitglieder der Versammlung der Mitarbeitenden durch Satzungsänderung oder auf sonstige Weise entzogen werden.“

Die Generalversammlung (zu der auch die 13.542 Genossenschaftsmitglieder eingeladen werden, die nicht Mitarbeiter sind) hat dagegen nur ein paar formale Befugnisse (z.B. Änderung der Satzung) und kann keinen Einfluss auf den Vorstand oder die operativen Geschäfte nehmen. Gegen jeden Beschluss der Generalversammlung kann ein Veto eingelegt werden durch die Versammlung der Mitarbeitenden (§ 14 Abs 7).

Diese Sonderrechte für die Mitarbeiter stehen dort nicht nur formal. Die Mitarbeiter sind selbstbewusst genug, davon Gebrauch zu machen. Es gibt auch regelmäßig Kampfkandidaturen um Vorstandsposten. Die gesamte Arbeitsatmosphäre in der taz ist von einer flachen bis überhaupt nicht vorhandenen Hierarchie geprägt.

Und wie ist es nun mit dem Risiko? Hafte ich als Mitglied der Genossenschaft mit meinem privaten Vermögen, wenn die taz pleite geht? Das Genossenschaftsgesetz schreibt vor, dass jede Genossenschaft das ausdrücklich regeln muss: „Die Satzung muss enthalten: (…) 3. Bestimmungen darüber, ob die Mitglieder für den Fall, dass die Gläubiger im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Genossenschaft nicht befriedigt werden, Nachschüsse zur Insolvenzmasse unbeschränkt, beschränkt auf eine bestimmte Summe (Haftsumme) oder überhaupt nicht zu leisten haben“. Bei der taz-Genossenschaft haben wir das in § 33 Abs 3 geregelt: „Die Mitglieder sind nicht verpflichtet, Nachschüsse zu leisten.“ Sprich: Null Risiko. Genau wie übrigens auch bei einer GmbH oder Aktiengesellschaft die Eigentümer nicht mit ihrem privaten Vermögen haften, wenn das Unternehmen in die Insolvenz geht.

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