Diskriminierung in der taz? Ja, die gibt es auch hier. In gemeinsamen Workshops soll das Problem thematisiert werden.
Am 14. Juli 2015 wurde Georg Löwisch als neuer Chefredakteur der taz vorgestellt. Damals gab es nicht nur einvernehmliche Töne unter den Mitarbeiter*innen: Ein Chefredakteur, nachdem jahrelang Frauen oder, wie zuletzt, eine Doppelspitze die taz geleitet hatten – ein Rückschritt, meinten manche.
Nun könnte man fast das Gegenteil behaupten: Die Debatte, die damals durch die Stellenbesetzung angestoßen wurde, trägt bis heute Früchte. Ja, sie führte sogar wesentlich weiter und beschränkt sich längst nicht mehr auf die Frage des Chefredaktionspostens. Denn Frauen sind allgemein in der taz seltener in Entscheidungspositionen und vermehrt in den unteren Gehaltsklassen zu finden.* Und es sind auch nicht nur Frauen, die in der taz strukturell benachteiligt und unterrepräsentiert sind. Auf vielen Positionen dominieren, überspitzt gesagt, weiße, heterosexuelle, nicht behinderte Männer aus dem Bildungsbürgertum.
Diskriminierung also in einer Zeitung, die sich seit jeher für die gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Gleichberechtigung aller Menschen einsetzt? Ja, allerdings nicht, weil taz-Mitarbeitende bewusst rassistisch, sexistisch oder homophob sind, sondern, weil Rollenbilder, Vorurteile und Klischees unterbewusst unser Verhalten beeinflussen – ob bei der Stellenbesetzung oder im Redaktionsalltag. Vielfalt fällt eben auch einem linken Redaktionshaus nicht in den Schoß. Sie muss erkämpft, praktiziert und bewahrt werden.
Und aus diesem Grund bekommen die tazler*innen nun Nachhilfeunterricht in Sachen „diversity“. In Kooperation mit dem den Verein „Eine Welt der Vielfalt“, der die taz bei dem gesamten Prozess unterstützt, werden Workshops angeboten, um Mitarbeitende zu informieren und für das Thema zu sensibilisieren. „Wo stehe ich eigentlich“, ist die simple Frage, die am Anfang des Reflexionsprozesses steht. Die Teilnehmer*innen sollen davon ausgehend über eigene Erfahrungen und Einschätzungen ins Gespräch kommen. Das Ziel ist, dass es in der taz langfristig vielfältiger, gerechter und angenehmer zugeht und so auch die Vielfalt in der Zeitung gefördert wird.
„Wir wollen ein Haus sein, in dem sich Menschen, egal welchen Hintergrunds, wertgeschätzt fühlen“, so Dinah Riese, taz-Autorin und Mitinitiatorin der Trainings. Letztendlich geht es für die taz aber auch darum, Anspruch und Wirklichkeit in Einklang zu bringen. Und, wie damals, als Georgia Tornow erste Chefredakteurin der taz wurde, vorweg zu gehen in einer gesellschaftlich so zentralen Frage.
* Bereits 2013 hatte der Hausblog in Form einer kleinen Erhebung auf das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen in der taz-Redaktion aufmerksam gemacht.
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