im Jahr 2005 habe ich dieses Foto von Manfred Stolpe gemacht. Damals studierte ich noch, das Bild machte ich als Zuschauer einer öffentlichen Podiumsdiskussion und anschließend lud ich es bei Wikipedia hoch. Das heißt: Jeder darf dieses Bild kostenlos verwenden, der bereit ist, zwei Bedingungen einzuhalten: Der Urheber muss genannt werden und man muss dazuschreiben, dass das Bild unter einer Freien Lizenz steht.
Ihr, liebe Raubkopierer bei der SPD, habt euch an diese Bedingungen nicht gehalten. Ihr habt das Foto einfach geklaut und es auf www.netzwerkberlin.de und www.manfred-stolpe.de veröffentlicht. Das Netzwerk Berlin ist ein Zusammenschluss von derzeit 50 SPD-Bundestagsabgeordneten, darunter Sigmar Gabriel, Hubertus Heil und Thomas Oppermann; Manfred Stolpe war Bundesverkehrsminister und Ministerpräsident Brandenburgs.
Normalerweise stört es mich nicht, wenn andere Leute meine Texte oder Bilder weiterverbreiten. Falls es mich doch mal stört, schreibe ich eine freundliche E-Mail oder greife zum Telefon (außer bei Kai Diekmann). Aber in diesem Fall dachte ich mir: Warum sollen unter dem kaputten Urheberrecht immer nur die Leute leiden, die damit täglich arbeiten müssen? Und nicht auch mal die, die dafür verantworlich sind?
Also habe ich mir einen Anwalt genommen und der hat euch dann Abmahnungen geschickt mit dem ganzen Programm, das euer Urheberrecht vorsieht:
– Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung
– Aufforderung zur Auskunft über die Dauer der Urheberrechtsverletzung
– Schadensersatz in Höhe der Lizenzgebühr, die gemäß dem Tarif der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing für das Foto angefallen wäre
– doppelter Schadensersatz, weil ihr mich nicht als Urheber genannt habt
– Anwaltskosten
Nun begann ein Schriftwechsel. Liebe Sozialdemokraten, ich glaube euch ja, dass ihr stets den Willen habt, die Gesetze einzuhalten. Dass ihr diesen Willen aber ausgerechnet in dem Augenblick als Argument vorbringt, in dem ihr beim Gesetzesbruch erwischt wurdet, zeugt dann doch von Chuzpe:
Nach einigem Hin und Her habt ihr wegen der beiden Bilder auf den beiden Webseiten dann doch 1.800 Euro an mich überwiesen. Und jetzt schaut mal, was daraus geworden ist und wer von eurem tollen Urheberrecht profitiert:
Mein Anwalt: 1.103,93 Euro
Ich als Urheber: 696,07 Euro
Da sind übrigens die Kosten für eure Anwälte noch nicht drin. Ich nehme mal an, dass eure Anwälte die gleichen Gebühren berechnen wie mein Anwalt. Eure Gesamtausgaben lagen also bei gut 2.900 Euro. Davon habe ich als Urheber 24 Prozent bekommen.
Liebe SPD, könnt ihr das bitte reparieren? Als Mindestkriterien für ein neues Urheberrecht schlage ich vor
– dass ihr es versteht
– dass es so faire Regeln hat, dass ihr euch auch selbst dran haltet
– dass die Urheber mehr bekommen als die Anwälte
Danke,
Sebastian Heiser
[…] Hier mal eine schöne Erklärung des aktuellen Urheberrechts anhand eines Fallbeispiels: Liebe Raubkopierer bei der SPD, […] […]