vonImma Luise Harms 28.02.2017

Land Weg

Das Land ist Ressource und Erweiterungsgebiet für die Stadt, aber auch ihre bestimmte Negation. Grund zum Beobachten, Experimentieren und Nachdenken.

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Heute geht die andere Querflöte weg, die alte, versilberte aus der Pariser Werkstatt L.L. Lébrét. Ich habe nicht herausfinden können, ob sie irgend einen Wert hat. Jedenfalls hat sie eine dunkle Geschichte.
Großvater Kranzbühler hat sie aus dem Krieg aus dem besetzten Frankreich mitgebracht. Er war Stabszahlmeister, ein Berufsoffizier, extrem preußisch. Ist es denkbar, dass er die Flöte an sich gebracht hat, nach Enteignungen oder Deportationen? Oder dass er sie aus solchen Quellen günstig gekauft hat? Dass er immer so preußisch korrekt war, hindert ihn vielleicht nicht daran, ein Herrenmenschengeschäft zu machen.
Die Flöte ist in unserer Familie herumgereicht worden. Immer mal wieder hatte jemand die Idee, spielen zu lernen. Ich habe es dann vergleichsweise weit gebracht, habe schließlich sogar die Flöte überholen und die Klappen neu belegen lassen. So richtig sauber haben sie aber trotzdem nie geschlossen. Wenn ich jetzt mal spielen will, gibt es noch die, die Jan nicht mehr braucht, weil er sich eine ganz teure gekauft hat.

Für die Lébrét-Flöte hat mir ein Flöternbauer aus Hessen 100 Euro geboten; vielleicht ist sie wesentlich mehr, vielleicht aber auch weniger wert. Ich habe jedenfalls eingewilligt. Da geht sie weg, die Flöte mit der dunklen Vergangenheit. Was mach ich jetzt mit den 100 Euro?

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kommentare

  • Der Flötenbauer aus Hessen schreibt:
    die Flöte ist heute angekommen. Was mich erstaunt hat war, daß sie einigermaßen spielbar ist. Habe dafür allerdings den Stimmkork im Kopfstück erneuern müssen. Des weiteren ist die Flöte nicht aus Silber, sondern komplett nur versilbert. Das konnte ich gut erkennen, nachdem ich die Flöte 3 Stunden lang gereinigt habe. An vielen Stellen ist die Versilberung schon abgerieben.
    Die Flöte hat eine nicht schön gemachte Reparatur an der Gis-Klappe, welche die Klappe ziemlich verschandelt, aber die Funktion wieder hergestellt hat.
    Der untere Zapfen des Mittelstückes ist gerissen und schlecht repariert worden, was auch dazu geführt hat, daß dort die Versilberung gelitten hat.
    Die Stimmgarnitur im Kopfstück mit der Krone (das ist der obere Abschluss des Kopfstückes) scheint nicht original zu sein.
    Nach der Seriennummer müsste die Flöte in der Zeit zwischen 1900 und 1910 gebaut worden sein, etwa um das Jahr 1907 herum.
    Es gibt aber leider keine zuverlässigen Aufzeichnungen darüber, daher bleibt die Aussage mit einem Fragezeichen versehen stehen.
    Ansonsten hat die Flöte meines Erachtens einen sehr schönen Klang und muß, dem Zustand nach, wirklich sehr viel und intensiv gespielt worden sein.
    Das ist, was ich zu Ihrer Flöte sagen kann.
    Alles in Allem bin ich jedenfalls mit dem Kauf sehr zufrieden.

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