vonErnst Volland 28.01.2015

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Normalerweise zeichnet, schneidet, klebt Ernst Volland, oder macht Bücher. Hier erzählt er Geschichten.

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Ägyptenfoto

Wir sehen ein Foto in einer Zeitung. (26. 1. 2015) Es zeigt den ägyptischen Innenminister Mohamed Ibrahim laut Unterschrift in Kairo am 25. August 2014. Er befindet sich in der Bildmitte, gekleidet in einem Anzug mit quergestreifter Krawatte. Die Augen sind durch eine Sonnenbrille verdeckt, der Mund ist leicht geöffnet. Sein Alter ist nicht einfach zu schätzen, seine Haare kurz geschnitten. Der leichte Bauchansatz deutet auf einen gewissen Wohlstand und die ganze Erscheinung strahlt eine gewisse Seriosität aus. Um ihn herum stehen ausschließlich Männer. Diese lassen den Innenmister kleiner erscheinen als er in Wirklichkeit sicherlich ist. Die Statur des Minister rahmen im Anschnitt zwei Köpfe ein, die sich im Halbprofil zuwenden. Es sind zwei uniformierte Personen, die sicherlich zum Schutz des Ministers vor Ort sind. Doch was haben die anderen Männer, die eng um den Innenmister herum stehen, mit der Szene zu tun? Sie wirken wie Zuschauer, die sich ein mögliches Straßenspektakel anschauen. Den Hintergrund bildet eine Häuserwand, davor Geräte, die wie Scheinwerfer aussehen.
Auf mich wirkt das Foto bedrohlich. Es handelt sich hier nicht um eine friedliche Szene, etwa der Einweihung eines Schwimmbades oder der Eröffnung eines Supermarktes. Es sieht so aus, als zeigt sich der Minister auf der Straße, um mit seinen Leuten nach dem Rechten zu sehen oder um etwas zu inspizieren.
Einen Tag später las ich in einer anderen Zeitung mehr über den Minister unter der Titelzeile „Mubarak-Söhne auf freiem Fuß“. Dort heißt es zu einem Vorfall, der sich am Samstag bei einem Gedenkmarsch für die Opfer der Revolution ereignete: „Das Innenministerium bestritt am Montag, dass ein Polizist die tödlichen Schüsse auf die Aktivistin abgegeben habe.“ Was war geschehen?
„Besondere Empörung hat der Tod der 32 Jahre alten Sozialistin Shaim El Sabagh hervorgerufen, die am Samstag bei einem Gedenkmarsch für die Opfer der Revolution gegen Mubarak von Polizisten erschossen wurde. Fotos und Videoaufnahmen des Angriffs auf einen kleinen Protestzug in der Nähe des Tahrir-Platzes im Zentrum Kairos, des Schicksalortes des Aufstandes gegen Mubarak, zeigen Sabagh, eine Aktivistin der Sozialistischen Volksallianz aus Alexandria, zunächst mit einem Plakat in der Hand. Dann feuert die Polizei Tränengas in die Menge und beginnt mit Schrotmunition zu schießen. El Sabagh wird getroffen und sackt zusammen. Sie hinterlässt einen Ehemann und einen fünf Jahre alten Sohn. …Ein Gerichtsmediziner sagte, sie sei aus acht Meter Entfernung getroffen worden, was zu schweren Verletzungen von Herz und Lungen geführt habe. Der frühere Präsidentschaftskandidat Hamdin Sabahi forderte die Entlassung von Innenminister Muhammad Ibrahim.“ (Frankfurter Allgemeine, Dienstag 27. Januar 2015)

1 Shaim El Sabagh620x412 (1)
Mitte Shaim El Sabagh
Shaim El Sabagh620x412 (2)
„Today Shaimaa was killed in Cairo by the brutal police during peaceful demo. This is her dying in her husband’s hand.“ (Kommentar aus dem Internet, ebenso die Fotos von Shaim El Sabagh
2 Shaim El Sabaghl
Foto Innenminster Mohamed Ibrahim aus “Junge Welt”, 26. 1. 2015

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