Nach wie vor ist unklar, wer die Fake-taz „Wir sind Schwanz!“ (pdf hier) produziert hat. Dass es sich bei den Verteilern vor dem taz-Café um Azubis eines großen Arbeitgebers von schräg gegenüber gehandelt haben könnte – dieser Hinweis reicht noch nicht aus, das Werk dem Genossen Kai Diekmann und seinen Textern zuzuschreiben. Doch viel weiter kamen die Recherchen unserer Investigativabteilungen nicht, da die Ereignisse eine überraschende Wendung nahmen, nachdem ein Mehrheitsbeschluß von drei Mitgliedern des fünfköpfigen taz-Vorstands bekannt wurde, die das Kunstwerk am 4. Januar entfernen wollen:
„Es scheint uns nicht die primäre Aufgabe der taz zu sein, sich mit der Person Kai Diekmann auseinanderzusetzen. Mit „Bild“ werden wir uns beschäftigen, wenn nötig – aber inhaltlich.“
Nachdem die Fake-taz am Morgen schon einen grandiosen Kicherfaktor beschert hatte, war dieser Beschluß dann – als hätte der Direktor einer Seifenoper Regie geführt – der Lacher des Tages. Zum einen weil er zu der „Wir sind Schwanz!“-Ausgabe paßte wie der Faust aufs Gretchen, und zum anderen, weil „die primäre Aufgabe“ der taz natürlich noch nie davon diktiert wurde, wie ihre Außenwand dekoriert ist. Auch die Beschäftigung mit „Bild“ hat absolut nichts mit der am taz-Bau befindlichen Kunst zu tun, sondern obliegt nach wie vor den Entscheidungen der Redaktion. Und „inhaltlich“ wird ebenfalls keiner aus der Redaktion davon abgehalten sich mit Finanzkrise, Schweinegrippe oder eben dem Seuchenblatt des Springer-Verlags zu befassen…kurz: bis auf dieses kleine Watchblog, das nebenei ein Auge auf den bloggenden „Bild“-Chef wirft, wird kein Mensch im Hause taz durch das primäre Geschlechtsorgan an der Wand von seinen „primären Aufgaben“ für die Zeitung abgehalten!
Nun steht es Blogwärtern natürlich nicht zu, die Argumente des Zentralkommites anzuzweifeln, doch der Verdacht, dass es statt um Primäraufgaben doch eher um Sekundärtugenden geht, bestätigte sich im Laufe des Nachmittags, nachdem wegen der einsamen Entscheidung des Vorstands mehrere Beschwerden eingingen, die eine Versammlung der Mitarbeitenden forderten. Die wurde dann auch sogleich (für den kommenden Mittwoch) anberaumt. Dabei wird es dann wohl weniger um die inneren Werte und primären Aufgaben der taz gehen, als um die Dekorationshoheit der Fassade – und welche Gremien, Auschüsse und Unterausschüsse in einer demokratisch verfassten Genossenschaft zwecks temporärer Umgestaltung einer Hauswand eingeschaltet werden müssen.
„Einer Konstruktion wie der „taz“ fällt es offenbar schwer, der bis an die Zähne mit Selbstironie bewaffneten Humor-Guerilla des Diekmann-Blogs etwas entgegen zu setzen.“, notiert meedia.de angesichts der zu erwartenden langwierigen Debatten nicht zu Unrecht – und der kressreport lästert: „Alles hat ein Ende nur der Schwanz hat keins.“
Und der Patient ? Nachdem KD gestern noch im egomanischen Alleingang eine außerordentliche Genossenschaftsversammlung zwecks Demontage des Schandmals einberufen wollte, stimmt es ihn heute „schon ein bißchen traurig“, dass der taz-Vorstand dem nun vorauseilend zuvorgekommen ist: „taz-Schock – Penis kaputt“ .
Die dort „dokumentierte“ fake-mail von „Ines Dütschke“ und dem nicht-existenten „taz-Arbeitskreis Kunst am Bau“ scheint indessen ein weiterer Beleg, dass die „Humor-Guerilla“ des Bild-Chefs auch hinter der gefälschten „Sonderausgabe“ steckt. Sachdienliche Hinweise dazu sind weiterhin erbeten.
Gratulieren können wir dem unbekannten Autor allerdings schon jetzt – und würden ihn gern als Blogger für die taz gewinnen. „Und was machst Du „, ruft mir der mitlesende Kollege über die Schulter, „, wenn es wirklich Diekmann war ?“ – „Dann kriegt er ein tazblog. Wer „Wir sind Schwanz !“ macht kann kein schlechter Blogger sein!“ Den Einwand, dass doch Mitarbeiter, Vorstände, Aufsichtsräte… würgen wir ab, es ist spät und auch ein bienenfleißiger Blogwart hat mal Feierabend. Und noch steht im Hause taz ja nur die Fassadenhoheit, nicht aber die Blogherrschaft zur Debatte. Deshalb hier das große Blogwartehrenwort: wenn Genosse Kai wirklich hinter diesem Fake steckt ist er willkommen: 100 Tage Diekmann auf taz.de!