Seit etwa 2 Jahren läuft vor dem 2. Strafsenat des OLG Düsseldorf unter dem Vorsitzenden Richter Bertold Klein ein Staatsschutzverfahren gegen den ausgebürgerten Türken Faruk E, der beschuldigt wird, ein Mitglied des Zentralkommittees der verbotenen türkischen DHKP-C zu sein. Er soll in dieser Eigenschaft in den 90er Jahren in der Türkei zahlreiche Brand- und Sprengstoffanschläge, teils durch Selbstmordattentäter u.a. auf Angehörige der türkischen Justiz, der Polizei und auf „Abtrünnige“ veranlaßt haben. Die Anklage lautete ursprünglich auf Mord, Mordversuch und Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Außerdem sollte er in Europa, auch in der Bundesrepublik Deutschland, für die Eintreibung von „Zwangsspenden“ und die Beschaffung von Waffen und Sprengstoff für die Guerilla in der Türkei gesorgt haben.
Seit fast vier Jahren sitzt der Mann in Untersuchungshaft. Elf Jahre lang hatte er sich in Deutschland versteckt, vor allem in Nordrhein-Westfalen, wechselte alle paar Monate die Wohnung. Festgenommen wurde er mit seinem Betreuer Ilhan D. in Hagen. E. ist krank, er litt jahrelang unter Psychose und Verfolgungsängsten, schluckte Medikamente. Er hatte fast immer einen Betreuer zur Seite, Ilhan D. Die Krankheit ist angeblich eine Folge von in türkischer Haft erlittener Folter. Andererseits war er aber offenbar noch in der Lage, politische Schriften und Beiträge zu linken Zeitschriften zu verfassen. Seine Festnahme war eigentlich ein Zufall, es war an einem Wochenende, die Medikamente waren eine Woche zuvor ausgegangen und er schrie am Fenster laut um Hilfe, weil wieder die Angstgefühle einsetzten. Die Polizisten, die herbeieilten, kontrollierten die Ausweise und nahmen die beiden als illegale Ausländer fest.
Die Bundesanwaltschaft stützt sich auf einen Berg von Akten, von denen ein Gutteil aus dem Ausland stammt. Aus der Türkei, aber auch aus Rechtshilfeverfahren mit den Niederlanden und Belgien.
Es hatte lange den Anschein, dass der Prozess vor sich hin dümpelte, aber der Schein trog. Das Verfahren zog sich in die Länge, weil Rechtshilfeersuchen an die Türkei gestellt werden mußten, um Zeugen im Ausland vernehmen zu können, und das dauert seine Zeit. Zudem war ein Rechtshilfeersuchen fehlerhaft, und dann kommt auch noch die türkische Justiz ins Spiel, die den Mann haben will. Im Jahr 2010 wurde ein Auslieferungsantrag aufgrund eines türkischen Haftbfehls gestellt. Sicher haben die türkischen Behörden auch ein Auge auf sein Verfahren in Deutschland.
Zwischenzeitlich mußte die Anklage angepaßt werden, je nach Beweislage. Erst war der Mordvorwurf und der Paragraf 129b drin, dem Flurfunk nach wollte die Anklage den Mord kurz vor der Vernehmung von Auslandszeugen in der Türkei fallen lassen. Nach der Zeugenvernehmung eines „Kronzeugen“ in der Türkei sei der Mordvorwurf aber wieder Gegenstand der Anklage geworden.
Weiterführende Berichte anderer:
Da ich dieses Verfahren nicht von Anfang an verfolgt habe, sondern erst gegen Ende des Prozesses einsteige, seien hier ergänzend einige Hinweise auf Fundstellen zu den Prozessbeobachterinnen aus der linken Solidaritätsszene und auf andere Publikationen erlaubt:
Im letzten Jahr haben, natürlich parteilich, haben die Leute von der Roten Hilfe aus Bochum/Mönchengladbach und von no129.net relativ kontinuierlich berichtet. http://no129.info/duesseldorf.html#prozesse
http://linksunten.indymedia.org/de/node/19147
Bundestags- und Landtagsabgeordnete von DIE LINKE schauten an einzelnen Prozesstagen vorbei und die Gefangenenhilfsorganisation TAYAD-Kommitee organisierte anläßlich der in Stuttgart-Stammheim und Düsseldorf stattfindenden Strafverfahren einen „langen Marsch“.