vonRahel 30.11.2021

Abseitsregeln

Poised between rage, punk and politics

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In jedem Computer steckt ein Funken Anarchismus. Und in jedem Hippie ein Stückchen Cyberpunk. Schließlich waren es die „Rebellen“ und „Hippies“, die die Computerrevolution von den 1960er bis 1980er Jahren vorangetrieben haben (1). Ziel der Revolutionär*innen war es, einen „Personal Computer“ (PC) zu erschaffen, der ALLEN zur Verfügung steht – nicht nur einer kleinen Elite. Bis dahin haben Computer fast ausschließlich zu Rechenzwecken gedient und waren damit nur einigen wenigen Wissenschaftler*innen und Computer-Expert*innen von Nutzen.

Doch dann kamen die Computer-Revolutionär*innen. Sie hatten selbst keinen akademischen Hintergrund und wollten den Rechencomputer von seinem elitären und technokratischen Thron stoßen. An seinen Platz haben sie den Personal Computer gestellt, der günstig und leicht zu bedienen war (2). Heutzutage werden jährlich etwa 260 Millionen PCs weltweit verkauft und in Deutschland besitzt mehr als 90 Prozent der Bevölkerung ein solches Gerät (3). Auf den ersten Blick scheint es, als wäre die Computerrevolution geglückt.

Doch die Ziele der Rebell*innen enden noch lange nicht damit, dass immer mehr Menschen einen Computer bei sich herumstehen haben. Schließlich ist das auch das Ziel von Mark Zuckerberg und andern Big Playern. Nein, den Hippies und „Hackern“ ging es eben darum, eine solche technologische Elite zu verhindern, wie sie heute im Silicon Valley vorzufinden ist. Die Revolutionär*innen waren von einer Utopie getrieben; von einer Welt, in der kein Staat nötig sein sollte. Ziel war es, eine antikapitalistische Gegenkultur zu erschaffen mit selbstorganisierten und dezentralen Strukturen im digitalen Raum.

In ihrer Bibel, den „Hacker Ethics“ aus dem Jahr 1984 ist ihre Vision verankert:

„Access to computers should be unlimited and total.“

„Mistrust authority – promote decentralization.“

„You can create art and beauty on a computer.“

„Computers can change your life for the better.

„All information should be free.“ (4)

Im modernen Internet ist eine solche „free culture“ zwar präsent, wir bezahlen dafür aber mit persönlichen und sensiblen Daten, aus denen Profit geschlagen wird. Der Internetpionier Jaron Lanier hat schon früh vor den Gefahren dieser „free culture“ gewarnt. In seinem Buch „Wem gehört die Zukunft?“ beschreibt er, wie wir Daten an Riesenkonzerne wie Meta und Google geben, um ihre Dienstleistungen zu nutzen (5). Die Konzerne verwenden unsere Daten, um ihre Dienstleistungen zu optimieren. Allerdings seien unsere Daten irgendwann überflüssig, so Lanier, und dann würde auch die „free culture“ zu Ende gehen. Das heißt, sobald unsere Daten nicht mehr relevant sind, verlieren sie ihren Kapitalwert und wir müssen mit anderem Kapital für die Dienstleistungen im Netz bezahlen.

Außerdem warnt Lanier davor, dass mit fortschreitender Digitalisierung und dem Einsatz von Robotern die Mittelschicht und deren Jobs zerstört würden. Hält man sich diese Entwicklung vor Augen, wird schnell klar, dass die Computerrevolution noch lange nicht vollendet ist. Schließlich sahen die Hacker der 60er bis 80er Jahre den Computer nicht als kapitalistisches Produkt, sondern vielmehr als Werkzeug zur Befreiung an.

Ironischerweise ist die Erzählung einer „Revolution“ noch immer tief im heutigen Silicon Valley verankert: Start-ups wollen den Markt erobern und nebenbei die Arbeit der Menschen erleichtern, den Klimawandel aufhalten und die Gesellschaft im Ganzen neu erfinden. Auch Mark Zuckerberg versteht sich als einer der Guten, der mit seinen Erfindungen Glitzer und Glanz in die Welt bringt. So will er nun ein „Metaversum“ erschaffen – einen Online-Raum, in dem physische, erweiterte und virtuelle Realitäten zusammenkommen (6). Das Metaversum soll damit fundamental anders sein als alles, was wir bisher kennen und es soll unser aller Leben besser, schöner und einfacher machen. Der Zugang zu diesem Metaversum soll dabei erstmal kostenlos sein (abgesehen von der Hardware natürlich).

Die Frage lautet nur: Wer zahlt in einer kapitalistischen Welt für diese Erfindungen und diese Produkte?

Eine mögliche Antwort lautet: „If you’re not paying for the product, then you are the product“ (Daniel Hövermann).

Quellen:

1)  ZDNet: https://www.zdnet.com/article/hippies-shaped-the-pc-revolution/

2) The Guardian: https://www.theguardian.com/books/2013/may/05/stewart-brand-whole-earth-catalog

3) Statista: https://de.statista.com/themen/159/computer/#dossierKeyfigures

4) TIME Magazine Domestic: http://members.aye.net/~hippie/hippie/special_.htm

5) The Verge:  https://www.theverge.com/2013/5/23/4358680/who-owns-the-future-jaron-lanier-thinks-google-and-the-government)

6) Netzpolitik.org: https://netzpolitik.org/2021/digitale-revolution-radikale-subkultur-arbeitet-an-einer-alternative-zu-zuckerbergs-metaversum/

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