vonKarim El-Gawhary 19.12.2010

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Was passiert wenn Palästinenser statt zur Gewalt, zu Methoden des zivilen Ungehorsams greifen? Ist das überhaupt einen Medienbericht wert? Was ist, wenn diejenigen die die Lage gewaltfrei verändern wollen, festgenommen und in israelische Gefängnisse geworfen werden? Schreit dann der Rest der Welt auf, der zuvor von den Palästinensern immer gefordert hat, die Gewalt aufzugeben?

Abdallah Abu Rahmah

Nehmen wir den Fall von Abdullah Abu Rahmah. Der 39 Jahre alte Lehrer und Vater von drei Kindern aus dem palästinensischen Dorf Bil’in ist eine Symbolfigur für den gewaltlosen Widerstand gegen den israelischen Siedlungs- und Mauerbau. Seit 2004 half er wöchentliche Demonstrationen in in Bil’in, einem Dorf im Westjordanland zu organisieren. Er wurde von einem israelischen Militärgericht für das  „Organisieren illegaler Demonstrationen“ und wegen „Anstiftung“ zu 12 Monaten Hat  verurteilt.

Anstiftung“  definiert sich in der israelischen Militärgesetzgebung Sektion 7 (a) folgendermaßen:

„Der Versuch verbal oder auf andere Weise die öffentlichen Meinung in einem Gebiet in einer Art zu beeinflussen, die den öffentlichen Frieden und die öffentliche Ordnung stört“.

Abdallah Abu Rahmah (riechts) mit Ela Bhatt, Desmond Tutu, Jimmy Carter, Fernando H Cardoso, Mary Robinson und Gro Brundtland in Bil’in. Foto: Haim Zac
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Immerhin ein paar Stimmen waren in Europa zu hören, wenngleich ohne weitere Konsequenz, wie z.B. von der  Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitsfragen Lady Ashton oder von dem Grünen Bundestagsabgeordneten Tom Königs, dem Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Auch Desmond Tutu hat sich eindeutig dazu geäußert.

Aber jetzt kommt das eigentliche  Leckerbissen des Tages. Die offizielle Position der US-Regierung zu dem Fall.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=0Ngx6UDjFWQ&feature=player_embedded[/youtube]

Das Video beginnt mit einer Rede der US-Außenministerin Hillary Clinton, die sich dafür einsetzt, dass Aktivisten der Zivilgesellschaft weltweit geschützt werden müssen. Dem folgt das hartnäckige Nachfragen eines AP-Reporters, der tagelang den US-Außenamtssprecher PJ Crowley immer wieder mit der Frage belästigt, was denn nun die Position der US-Regierung im Fall Abdallah Abu Rahmah sei. Zu Beginn erklärt Crowley, er müsse sich erst informieren. Mit jedem Tag des Nachfragens eiert er mehr. Am Ende kommt er mit dem Satz. „Wir beobachten den Fall genau“. Weitere Nachfrage des Reporters: Was bedeutetet das? So wie sie das Wetter in Peking beoachten?“

Dann wird der Videozusammenschnitt noch mit der Rede garniert, die der US-Präsidenten Barack Obama am 4. Juni 2009 in Kairo gehalten hatte.

Der Videoauszug der Rede im Wortlaut:

„Die Palästinenser müssen der Gewalt abschwören. Widerstand durch Gewalt und Morden ist falsch und führt nicht zum Erfolg. Jahrhundertelang ertrugen schwarze Menschen in den Vereinigten Staaten als Sklaven den Hieb der Peitsche und die Erniedrigung der Rassentrennung. Aber es war nicht Gewalt, mit der vollständige und gleiche Rechte errungen wurden. Es war ein friedliches und entschlossenes Beharren auf den Idealen, die bei der Gründung der Vereinigten Staaten das Kernstück waren. Dieselbe Geschichte können Menschen in Südafrika, in Südasien, Osteuropa und in Indonesien erzählen. Es ist eine Geschichte mit einer einfachen Wahrheit: Gewalt ist eine Sackgasse.“

Dann noch einmal eine Collage der Sprecher zum Fall Abdallah Abu Rahmah. Das ganze bedarf keiner weiteren Kommentierung.

Was ist die poltische Botschaft an die Palästinenser, von ihnen ein Abschwören von der Gewalt zu fordern und sich dann nicht für jene einzusetzen, die versuchen durch zivilen Ungehorsam die Lage zu verändern?

a)   Die israelische Besatzung ist gut und sollte daher nicht verändert werden.

oder

b)    Auch wenn ihr friedlichen Widerstand leistet, werden wir euch nicht helfen, also könnt ihr auch bei der Gewalt bleiben.

oder

c) wählt die Hamas oder tretet den Al-Aksa-Brigaden bei, denn mit eurem zivilen Ungehorsam könnt ihr international keinen Blumentopf gewinnen.

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