vonsaveourseeds 23.06.2011

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Elektrische Abstimmungstafel im EP

So viel Einigkeit war selten: Grüner, gerechter, wettbewerbsfähig – die Europäische Agarpolitik geht besten Zeiten entgegen, wenn man den Bekundungen der Europaabgeordneten glaubt. Ein paar Pflöcke haben die Volksvertreter in Brüssel mit ihrem ersten Bericht zur Agrarreform 2014-2020 tatsächlich eingeschlagen: Direktzahlungen nur noch gegen Umweltleistungen, Obergrenzen für Direktzahlungen an Grossbetriebe, mehr heimische Eiweisspflanzen, weniger Soja aus Übersee. Und natürlich keine Kürzungen des Agrarhaushalts. Doch ansonsten trügt der grüne Schein: Formelkompromisse, die jeder für sich interpretieren kann wie er will, Vermeidung der wirklich heissen Themen und nach wie vor ein starrer Agrarierblick auf das Problem werden die Einigkeit dahinschmelzen lassen, sobald es ernst wird.Der britische Konservative Agnew stach irgendwie erfrischend heraus aus der gestrigen Agrar-Debatte in Brüssel: Ökologie, das sei etwas für Amateure, aber nicht für echte Profi-Bauern und dass das Gerede vom Klimawandel nur heisse Luft sei beweise ja wohl allein schon der letzte Winter. Und dann war da noch die FDP-Abgeordnete Reimers: Die Bauern sollten endlich selbstbewußter werden statt am Tropf der EU „Händchen halten und auf Mammis Rat warten“. Das geht aus ihrer Sicht natürlich nur mit Gentechnik.

Ansonsten waren die im 1 bis 2 Minutentakt vorgetragenen Positionen der Abgeordneten von Grün bis Schwarz von monotonem Gleichklang: Klimaanpassung, Kleinbauern fördern, mehr Ökologie und gerechtere Verteilung und wirklich schön, daß wir uns alle so einig sind.

Der Berichterstatter Albert Deß, der ursprünglich einen ganz anderen Bericht entworfen hatte, gab sich bauernschlau: Wer sich in der Politik auskenne, der dürfe niemals vorschlagen was er wirklich erreichen wolle, sondern müsse darauf achten „stets genügend Speck für die Verhandlungen zu haben“. Seine Rechung sei aufgegangen. Das wird er kommende Woche beim Bauerntag des Deutschen Bauernverbandes so vielleicht nicht wiederholen: Immerhin fordert sein Bericht, die Zahlungen an Grossbauern zu begrenzen und Direktzahlungen nur noch gegen zusätzliche Umweltleistungen zu vergeben. Dagegen sind Sonnleitner und die seinen in den letzten Wochen vergebens Sturm gelaufen.

Dem Kompromiss, den die Agrarpolitiker im Landwirtschaftausschuss ausgehandelt hatten, mochten die Abgeordneten im Plenum nichts Sinnvolles mehr hinzufügen. Schade eigentlich: Ein Antrag von 40 Abgeordneten fast aller Fraktionen, der u.a. forderte, dass Europäer sich künftig von dem Anteil an Resourcen ernähren müßten, der allen Menschen auf diesem Planeten zur Verfügung steht und ihren „ökologischen Fußabdruck“ deutlich zu reduzieren sowie konkrete Ziele für Artenvielfalt, Düngemittelreduktion und Klimaschutz vorschlug wurde von einer Mehrheit von 380 gegen 215 Stimmen abgelehnt.

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