Zum Auftakt von Walter Moers‘ fabelhaftem Cartoon „Adolf, die Nazi-Sau“ trafen seinerzeit in Moers‘ Wohnung Adolf Hitler und der Musiker Prince, der damals unter dem Pseudonym TAFKAP musizierte. Im Cartoon betranken sich der Diktator und der Sänger recht schlimm um später am Abend in Moers‘ Bad (wenn ich mich recht erinnere) an die Wand zu kritzeln – Prince sein verschnörkeltes Emblem und Hitler („I have a symbol, too!“) ungelenke Hakenkreuze.
Aber nicht jeder, der ein Hakenkreuz malt, ist Hitler. Und um das herauszufinden muss man nicht einmal gen Asien reisen – eine kleine Reise in die Geschichte reicht. In den späten 70ern war das Hakenkreuz eines der liebsten Schockmittel der jungen Punk-Bewegung.
In der FAZ stand dazu mal sehr hellsichtig:
Dass Punk-Ikonen wie Siouxsie von der Band „Siouxsie and the Banshees“ oder Sid Vicious eine Zeitlang Hakenkreuz-Armbinden trugen, bedeutete nicht, dass sie sich Rechtsextremismus oder gar die Ideologie der Nazis auf die Fahnen geschrieben hatten. Nein, das Hakenkreuz war einfach als naive Provokation gedacht. Wichtig war der Effekt, den es auf brave Bürger hatte. Das Hakenkreuz verbreitete Angst und Abscheu, und genau darauf hatte man es abgesehen.
Und 1984 malte der große Martin Kippenberger ein Bild mit dem fabelhaften Titel „Ich kann beim besten Willen kein Hakenkreuz entdecken“.
Ein bisschen eigenartig mutet es also schon an, wenn sich der junge Berliner Autor Fabian Wolff im Blog des großartigen New Yorker Juden-Magazins „Heeb“ besorgt über den postmodernen Umgang junger Berliner mit dem Hakenkreuz gibt.
Wolff schreibt da:
When they’re not busy with some kind of ‘project,’ be it a fashion label or an art space, or running around in used wedding dresses, they twitter and tumbler and blog – mostly outrageous things about rape and racism and the Holocaust. Let’s call them the Hitlerifik Twitkidz. They’re no Nazis. They just pretend to be.
Das scheint, als Haltung, ein wenig zu gewollt naiv und mit einem bestimmten Zweck – nämlich um aus der Warte der harmlosen Unbescholtenheit dann „Skandal!“ zu rufen. Erst macht man aus der Mücke einen Elefanten – um dann vor dem Vieh zu warnen. Damit tritt Wolff natürlich (und ich behaupte: sehenden Auges) genau in die Falle, in die die Postmoderne jeden lockt: Ein Hakenkreuz macht – siehe Sid Vicious – natürlich längst keinen Nazi (einmal davon abgesehen, dass sich zumindest die Berliner Lokalpresse in den vergangenen Jahren mit den Geschichten über das neue jüdische und israelische Leben in Berlin nur so überschlagen hat – aber das ist wirklich ein anderes Thema).
Und auch das Argument, diese Art der Witze seien Witz über die Opfer des Holocaust überzeugen zumindest mich nicht – die Pointen, die Fabian Wolff in seinem Blogbeitrag auflistet, amüsieren sich ja kein Stück über die Opfer des Nationalsozialismus – sondern über die Gralshüter der Gedenkkonventionen, Formulierungen und Vorschriften.
Dass diese Debatte gerade ansteht, nun, das ist vermutlich ein Thema dieser Tage. Nicht nur in Deutschland.