vonDetlef Guertler 05.12.2010

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In den deutschen Notstandsgesetzen taucht der Begriff Alarmzustand nicht auf, weshalb einige deutsche Medien den am Samstagmittag in Spanien ausgerufenen „Estado de Alarma“ denn auch als Ausnahmezustand oder Notstand bezeichneten.
Und diesen Alarmzustand sofort wieder auf die hinteren Nachrichtenplätze verbannten, als mit deutlicher Nachhilfe des Militärs die spanischen Fluglotsen wieder zu ihren Arbeitsplätzen zurückkehrten und sich die Lage im spanischen Luftraum und auf den Flughäfen wieder normalisierte.
Kein einziges deutsches Medium stellte sich meines Wissens die Frage, die eigentlich der Hauptgrund für den Übergang in den Alarmzustand sein müsste:
Wo ist Zapatero?
Der spanische Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero ist seit Samstag morgen neun Uhr nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetaucht, als er den Ministerrat leitete, der wegen des am Freitag Nachmittag begonnenen wilden Fluglotsenstreiks einberufen worden war. Dabei hätte es seither eine Menge Gelegenheiten gegeben, bei denen er geradezu hätte auftauchen müssen:
– Die Pressekonferenz zur Ausrufung des Alarmzustands fand ohne Zapatero statt.
– Das Dekret zur Ausrufung des Alarmzustands wurde nicht von Zapatero unterschrieben, sondern von seinem Staatsminister Ramon Jauregui Atondo.
– Der Vorschlag zur Ausrufung des Alarmzustands wurde König Juan Carlos nicht von Zapatero unterbreitet, sondern von den drei Minister Rubalcaba (Innen), Chacon (Verteidigung) und Blanco (Verkehr)
– Alle Statements nach der Niederschlagung des Fluglotsenstreiks stammen von einem dieser Minister, in erster Linie von Alfonso Perez Rubalcaba, Vizepräsident, graue Eminenz und Machiavellist reinsten Wassers.
Und eben jener Rubalcaba teilte zum Verbleib seines eigentlichen Chefs nur mit, dass jener am Donnerstag im Parlament zur Verhängung des Alarmzustands Stellung nehmen werde.
Entweder hat Zapatero eine Panik-Attacke o.ä. bekommen und ist nicht ansprechbar, oder er wurde gerade in einer Partei-Intrige entmachtet und muss noch hinter der Bühne dazu überredet werden, freiwillig zurückzutreten, oder Spanien befindet sich gerade in einem Staatsstreich, der bisher nur noch nicht so genannt wurde.
Auf jeden Fall ist da etwas los, das alle Alarmglocken läuten lassen sollte. Und das umso lauter, als alle spanischen Medien so tun, als würden sie das Nicht-Auftreten ihres Präsidenten bei der erstmaligen Ausrufung des Alarmzustand in mehr als drei Jahrzehnten Demokratie gar nicht bemerken.

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