vonChristian Ihle 16.05.2008

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Wer be your own pet damals im Molotow live gesehen hatte – oder auf jedem anderen Konzert ihrer Deutschland-Tour, dem dürfte sich der Eindruck verfestigt haben, dass diese Band entweder in wenigen Jahren verglüht sein wird oder aber auf lange Zeit in der Top-Liga amerikanischer Punkbands spielen wird. Jetzt steht das zweite Album an. Zeit, sich wichtig(er) zu machen…

Be Your Own PET - Get Awkward

Was war das im Molotow für eine halbe Stunde Musik. Völlig unbedarft stehen die vier Bandmitglieder da am Bühnenrand. Bevor es losggeht werden Dehnübungen gemacht. Man tritt sich gegenseitig in den Hintern und es sieht ganz so aus, als würde sich hier eine 10. Klasse auf den Turnunterricht vorbereiten. Was dann folgt, ist ein musikalischer Flohzirkus: Jemina Pearl Abegg, die Blaupause einer minderjährigen Karen O. in blond, fegt wie ein Derwisch über die Bühne und hat keine Hemmungen (weil offensichtlich betrunken), dem Publikum literweise Wasser ins Gesicht zu spucken. Jamin Orrall, der Drummer und zumindest anfänglich einer der Vernünftigesten der Band, ist geradezu empört, dass das deutsche Publikum so ruhig und regungslos vor der Bühne steht. Immer wieder macht er kreisende Bewegungen mit dem Finger; die Stirn in Falten gelegt. Die kurze Zeit, die BYOP auf der Bühne stehen, wird mit ihren rauhen, räudigen Punkstücken beiseite gefegt. Und dann der Exzess: die Bühne ist ein verlassener Ort, die gesammte Band übernimmt das Pogen in der Menge, Basshälse und Drumsticks wirbeln durch die Luft. Als das ohnehin schon sparsame Bühnenset zerstört ist und Drummer Jamin Orrall mit heruntergelassener Hose neben seinem Schlagzeug liegt, wird klar, dass das hier nur dann lächerlich gewirkt hätte, wenn die Band zusammengenommen älter als John Peel gewesen wäre. Aber das, was das Molotow wieder einmal erhellte, war Energie und Spaß. Nicht mehr – aber auch definitiv nicht weniger. Die Essenz von Rockmusik: der Exzess.

Und diese Form des Exzess haben be your own pet auch diesmal wieder auf Konserve gebannt. Der große Unterschied zum räudigen Debüt: es gibt keinen Unterschied. Hier und da vielleicht ein paar Tempowechsel, das war es dann aber auch schon. Jemina kratzt und brüllt noch immer herzzerreißend juvenil ins Mikro und der Rest der 20-jährigen Baggage hat nachwievor keine Lust, länge als eine halbe Stunde am Stück Musik zu machen. Vor allem die Nuancen haben sich verändert. „Becky“ ist eine rotzfreche Abrechnung mit der aufgesetzten Coolheit der meisten High School Idioten. Da wird dem fiesen Ex-Freund einfach mal ein Messer in den Rücken gerammt. Lalala-Songs wie „Becky“ bleiben aber auch diesmal die Ausnahme. Es wird gepunkt, nach Herzenslaune. Und wer ein Album mit dem eigentlich Hit, „The Beast Within“, zu Grabe trägt, hat eh nicht alle Tassen im Schrank. Lärm, Lärm, Attacke! Immernoch gut! (Robert Heldner)

Anhören!
* Super Soaked (hier)
* The Beast Within
* Becky

Im Netz:

* Indiepedia
* MySpace
* Homepage

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/album-des-monats-april-platz-3-be-your-own-pet-get-awkward/

aktuell auf taz.de

kommentare