Die Haare! Die Wüste! Die Queens! Kann eine Band deutlicher einen Bruch mit ihrer urbritischen Tradition signalisieren als die Arctic Monkeys dies 2009 anzeigten?
Und ja, „Humbug“ ist tatsächlich ein Bruch mit den Dancefloor-Arctic-Monkeys, die vor einigen Jahren wie ein Sturm über die Musikwelt kamen. Auch wenn es ein Klischee ist: der Einfluss von Josh Homme (Queens Of The Stone Age), der dieses Album zur Hälfte produzierte und dazu die Monkeys in seine amerikanische Wüste einlud, ist nicht zu überhören. Zwar ist die Band um Alex Turner natürlich immer noch meilenweit von Stoner-Rock Homme’scher Prägung entfernt, aber wo vorher Riffs die Luft durchschnitten wird nun immer stärker auf einen flächigen Gitarrensound wert gelegt. Wahrscheinlich kann man mit dieser Platte nur warm werden, wenn man die Arctic Monkeys des ersten Albums aus seinem Kopf verdrängt. Das Riffmonster ist in der Wüste verschwunden.
Dass es sich bei „Humbug“ um ein Übergangsalbum handelt – weil die andere Hälfte der Platte eben doch vom alten Stammproduzenten John Ford (Simian Mobile Disco) betreut wurde – kann man so lesen, vergisst dabei aber, dass ja bereits das Vorgängerwerk „Favourite Worst Nightmare“ ein Album des Übergangs war. Schon dort kämpften die Arctic Monkeys gegen ihren auf präzise Riffs und die mächtigsten Drumdauerfeuer der Insel basierenden Ruf an, was nur aufgrund einer ersten Single, die so stark wie nie zuvor auf genau diese beiden Elemente setzte („Brianstorm“) übersehen wurde. War allerdings „…Nightmare“ ein unbefriedigendes, zerrissenes Album, das noch eine handvoll Hits (eben „Brianstorm“ und vor allem das fantastische „Fluorescent Adolescent“), aber viel mediokre Füller bereit hielt, geht „Humbug“ nun den ganzen Weg. Keine Hits unter der Wüstensonne, aber dafür auch keine überflüssigen Songs, sondern ein in sich geschlossenes, gutes Album. Der Vergleich mit der Singles-Maschine „Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not“ ist natürlich sowieso unfair. Kein anderes britisches Album diesseits von “Up The Bracket” – und vielleicht noch dem Franz-Ferdinand–Debüt – hatte eine solche Dichte an potentiellen Knallern aufzuweisen. Neben all dem Gerede um Haare und Gitarrentechniken vergisst man aber schnell, was eigentlich die größte Änderung ist: Alex Turner Texte entfernen sich deutlich von der Fish-&-Chips-Romantik der ersten beiden Alben und zeichnen seine Geschichten mit einer viel breiteren Farbpalette nach. Passend dazu hat sich auch seine Art zu singen verändert. Analog der Abkehr von der Riffmeisterei singt Turner nun auch, wo er zuvor nur melodisch sprach.
Dass die Arctic Monkeys diesmal die immanente Momenthaftigkeit eines Hits vermeiden wollten und dadurch ein gutes, aber wohl auch in der Bandhistorie wenig erinnernswertes Album produzierten, mag letzten Endes allerdings ein Treppenwitz sein. Wir jedenfalls sind gespannt, mit welcher Frisur die Monkeys auf Album Nummer Vier zustolpern werden. (Christian Ihle)
Anhören!
* Cornerstone
* Crying Lightning
* Dangerous Animals
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=J_G9RRY7SS0[/youtube]
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Die Arctic Monkeys im Popblog:
* Die Enttäuschungen 2007
* Plattenkritik „Favourite Worst Nightmare“
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