„Ein Dessert ohne Käse gleicht einer einäugigen Schönheit“, schreibt der berühmte französische Feinschmecker Brillat-Savarin (1755–1826) in seinem Büchlein „Physiologie des Geschmacks”. Derselbe Mann soll aber auch behauptet haben: „Ein Essen ohne Käse ist wie ein Mann ohne Schnurrbart.“ – Wohl alles eine Frage des Geschmacks. Der Volksmund sagt lapidar: „Käse schließt den Magen“, was den Stellenwert des Käses zwar ebenfalls klar definiert, aber nicht unbedingt auf seine Qualität eingeht. Und die hängt nicht nur vom Ausgangsmaterial, der Milch, ab, sondern auch von ihrer weiteren Behandlung und Pflege, der Reifung, aber auch von der richtigen Lagerung.
In den letzten hundert Jahren haben in Spanien große Fabriken viele kleine Betriebe geschluckt. Die beliebtesten Käse mit dem größten internationalen Erfolg wurden kopiert, was zu Lasten von „Persönlichkeit“ und Qualität einiger individueller Käsesorten ging. Doch noch immer gibt es Sorten wie den Blauschimmelkäse Cabrales oder den Picón, die heute wie früher hergestellt werden. Neue, kleine Käsereien bilden sich, Familienbetriebe, die nach den alten Traditionen arbeiten. Schließlich geht es um ein Produkt, dessen Siegeszug seit Jahrtausenden unvermindert anhält und offensichtlich auch in Zukunft nicht zu bremsen ist.
Wie beim Wein gilt auch für Käse: Am besten offenbart er seine Fähigkeiten dort, wo er auch zu Hause ist. Sobald das nicht gegeben ist, muss genau hingeschaut werden, etwa aufs Herstellungs- oder Mindesthaltbarkeitsdatum – und aufs Äußere, obwohl dabei die Qualität schwer zu erkennen ist. Ein individuell hergestellter Käse mag unter der hässlichen Rinde ein makelloses Käseherz verbergen.
Der Kenner kauft nicht zu viel Käse auf einmal, lieber geht er öfter oder, noch besser, kauft beim Hersteller, der die besten Lagermöglichkeiten hat. Ist man auf den Supermarkt angewiesen, kauft man den Käse als Letztes, damit er nicht geknautscht wird und frisch bleibt. Abgepackter Käse ist tabu, man lässt ihn sich vom ganzen Stück her abschneiden, denn nur da kann er atmen, reifen und sich entwickeln.
Käse – bis auf Frisch- oder Schmelzkäse – reift oder lebt weiter. Er mag es weder zu kalt, da verliert er an Geschmack, noch zu warm, er würde weiterreifen. Er liebt Zugluft sowenig wie Licht. Da bietet sich zu Hause das Frischhalte- oder Gemüsefach des Kühlschranks an. Jeder Käse wird einzeln verpackt, wobei Blauschimmelkäse besser in Alufolie aufgehoben ist, Hart- und Schnittkäse jedoch in Klarsichtfolie. Wichtig ist außerdem, den Käse eine halbe Stunde vor seinem Verzehr aus dem Kühlschrank zu nehmen.
Runde oder rechteckige Käse werden in dicke Stücke geschnitten, kleine Ziegenkäse halbiert, kegelförmige Käse viertelt man von der Mitte aus, und die Blauen schneidet man schräg an.
Im Folgenden eine Auswahl der beliebtesten Käsesorten Spaniens:
Manchego
Der Manchego ist unvergleichlich und sicher der beliebteste Käse Spaniens. Seine Heimat ist La Mancha, von den Arabern Al-ansha (Erde ohne Wasser) getauft. Schon seit langer Zeit widmet sich die Bevölkerung der Schafzucht und der Herstellung von Käse, was auch in Miguel Cervantes’ „Don Quijote“ zu erfahren ist.
La Mancha umfasst 35.000 Quadratkilometer und ist das größte spanische Naturgebiet. Die Käseproduktion findet vornehmlich in den Provinzen Albacete, Ciudad Real, Cuenca und Toledo statt, Gebiete mit großem, für die Ernährung der einzigartigen autochthonen Schafrasse wichtigem Pflanzenreichtum. Reste der Ernte von Getreide und Hülsenfrüchten sowie aromatische Kräuter komponieren die Zusammensetzung der Milch und machen schlussendlich auch die Einzigartigkeit des Käses aus. Der Manchegokäse ist fett und hat eine
Reifezeit von mindestens 60 Tagen. Je nachdem ob er industriell gefertigt oder handgemacht ist, wird er aus pasteurisierter oder roher Milch hergestellt. Die Käsemasse ist fest und kompakt, elfenbeinfarben und mit wenigen ungleichmäßig verteilten „Augen“. Sein charakteristischer Geschmack ist fettig und leicht säuerlich. Das Gütesiegel des Kontrollorgans Consejo Regulador bekommen nur die besten Käse. Man sagt, der Manchego sei nicht nur der Abschluss eines guten Essens, sondern könne auch ein schlechtes retten. Ob als Aperitif, Tapa oder perfektes Dessert, der Manchegokäse ist in unzähligen Gerichten präsent.
Der Manchego wird semicurado, curado oder auch viejo verkauft.
Queso fresco
Der bekannteste Frischkäse auf dem spanischen Markt ist der Burgos aus der gleichnamigen Provinz im Norden der Meseta (Hochebene). Original ist er mit roher Schafsmilch, der industriell gefertigte ist aus pasteurisierter Milch von der Kuh. Es gibt ihn gesalzen und ungesalzen, wobei Letzterer gleich mit dem passenden Quittengelee „Membrillo“ in der Käsetheke ausliegt. Er kann auf Brot mit Marmelade oder Kräutern gegessen werden, passt aber auch wunderbar zu Äpfeln und Birnen. Dieser „queso fresco“ ist schnittfest und kann einen Mozzarella ersetzen, ist aber nicht mit dem uns bekannten Frischkäse Philadelphia zu vergleichen.
Ein mehrfach prämierter „queso fresco“ ist der La Nucía aus dem gleichnamigen Ort oberhalb Benidorms. Seine originelle Form ist einem findigen Schäfer zu verdanken, der sich mit den Mulden von Eierkartons behalf – in der Größe, wie sie früher waren. Der weiße, milde Frischkäse ist aus Ziegen- oder Schafsmilch oder aus einer Mischung von beiden gemacht.
Afuega’l pitu
Vielleicht einer der ältesten Käse Spaniens, zumindest der älteste in Asturien. In der Region um Morcín und Grado wird fast in jedem Bauernhaus Käse gemacht – wenn gerade geronnene Milch von der Kuh anfällt.
Der Afuega’l Pitu ist ein kegelstumpfförmiger oder kugeliger kleiner Käse, entweder mit Schimmelrinde oder, wenn Paprika verwendet wurde, durch und durch rot. Es gibt ihn als Frisch- oder Weichkäse. Der typische Wein dazu: ein Apfelwein, die „sidra“.
Arzúa-Ulloa
Traditioneller, verbreiteter galicischer Käse aus pasteurisierter Kuhmilch. Wird zwischen den Provinzen A Coruña und Lugo oft noch in kleinen Käsereien gemacht, die ihr Handwerk von Generation zu Generation weitergeben und ihre Produkte auf Ferias und Märkten verkaufen. Arzúa-Ulloa, auch „queixo do pais“ genannt, ist ein junger cremiger Käse, der auf der Zunge zergeht und sich leicht schmelzen lässt.
Murcia al Vino
Es ist noch gar nicht lange her, dass die in Murcia erzielte Ziegenmilch zum Nachbarn La Mancha exportiert wurde. Mit einem speziellen Programm entwickelte man 1985 einen neuen Käse von kurzer Reifedauer und mildem Geschmack, um das schlechte Image der „reinen Ziege“ zu verbessern und die Käse-Industrie anzukurbeln. Das Resultat ist ein junger, buttriger Käse mit D.O., dessen Rinde mit Jumilla- oder Yecla-Wein aus der Region gewaschen wird.
Cabrales
Blauschimmelkäse mit viel Persönlichkeit von den Picos de Europa im Norden Spaniens. Gereift in Höhlen, belüftet von kalten, feuchten, salzigen Winden aus dem Golf von Biskaya. Aus nicht pasteurisierter Milch von Kühen, Ziegen und Schafen. Wurde der authentische Cabrales noch in Blätter eingewickelt, wird er heute aufgrund der hygienischen Bestimmungen in Aluminium oder Plastik gepackt. Schade, denn die natürlichen Pflanzenblätter geben dem Käse erst den charakteristischen Geschmack. Der „Cabraliego“ ist der bekannteste seiner Art in Spanien und wird aufgrund seines penetranten Geruchs und scharfen Geschmacks entweder geliebt oder gehasst.
Idiazábal
Möglicherweise führte die Definition dieses Käses, die 1987 zustande kam, zur ersten Einigung zwischen dem Baskenland und Navarra: Der Idiazábal aus Roh- oder Vollmilch vom Schaf der Rasse „Latxa“ wird sowohl in der autonomen baskischen Region sowie in Teilen von Navarra produziert. Er braucht mindestens drei Monate Reifezeit und wird auch geräuchert angeboten.
Torta del Casar
Lange Zeit musste der Käse aus dem Ort Casar de Cáceres in der Extremadura von seinen Schäfern selbst gegessen werden, denn mit der einer Torte nachempfundenen Form, seiner Farbe und Beschaffenheit der Rinde ließ sich der Käse einfach nicht vermarkten. – Bis man seinen außerordentlichen Geschmack entdeckte. Heute ist der Torta del Casar (Torte von Casar) einer der teuersten Käse Spaniens, absolut in Mode und über die Grenzen hinaus bekannt. Er besticht durch pikanten Geschmack und eine zarte, cremige Konsistenz. Bis zum Gebrauch im Kühlschrank aufbewahren, aber unbedingt eine Stunde vor dem Verzehr herausholen.
Käsekroketten als Tapa
Zwei Esslöffel Mehl in einem Esslöffel Olivenöl anschwitzen, mit 80 Millilitern Milch eine Sauce bereiten, zwei bis drei Minuten unter Rühren köcheln und dann leicht abkühlen lassen. 85 Gramm in Stückchen geschnittene Gambas und 85 Gramm geriebenen Manchego zufügen. Mit Salz und Pfeffer würzen, die Masse im Kühlschrank abkühlen lassen. Danach walnussgroße Kugeln formen, in geschlagenem Ei und Semmelbröseln wälzen, in reichlich Öl knusprig braten.
Bon profit!
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