Also nun zum angekündigten Thema, der Wende durch Obama. Als ich ihn mit den deutschen Studenten und anderen jungen Leuten am Freitag diskutieren sah, dachte ich auf einmal: vielleicht schafft es der Mann ja DOCH? Ich weiß, Hitlervergleiche rutschen fast immer in den falschen Hals, aber mit ein bißchen Wohlwollen wird man mich wohl nicht mißverstehen, wenn ich an eine Anekdote erinnere, die mein Onkel (väterlicherseits) Herrmann einmal erzählte. Nämlich, wie er als Gymnasiast mit seinem Busenfreund Peter über den damaligen Reichkanzler herzog. Sie beide waren sich einig gewesen, daß der Schreihals aus Braunau einfach das Letzte war. Ein Schmierenkomödiant, ein Aufsteiger, ein Vorstadt-Strizzi mit Zuhälter-Habitus, ein vulgäres Exemplar schlimmsten Pöbels. Ja, so dachten die beiden damals, junge elitäre Elbvorort-Schnösel die sie waren. Doch eines Tages hatte der Busenfreund Peter durch einen Zufall den sogenannten ‚Führer‘ von Angesicht zu Angesicht gesehen. Den Rest der Geschichte muß ich nicht erzählen. Oder habe ich vielleicht schon an anderer Stelle. Es geht mir ja auch um Obama diesmal.
Mein Urteil über ihn schwankte von Anfang an sehr. Erst war ich begeistert, dann erlebte ich ihn bei einer endlosen Jubelfeier, wo er stundenlang ‚yes we can‘ rappte und die Leute um den Verstand schunkelte. In jenem Moment dachte ich, der Mann würde eines Tages die westliche Welt samt Wirtschaft in einen achtjährigen Sinkflug steuern, bis China mit Affengeschwindigkeit an uns allen vorbeiziehen würde. Doch ich beruhigte mich wieder. Schon wenige Monate später gab ich meinen support für Hillary Clinton auf und spendete für das Obama Yes We Can Team.
Als dann die große Finanzkrise ausbrach, war ich von Anfang an auf der Seite der radikalen Apokalyptiker. Bis zu dem beschriebenen Freitag letzter Woche. Ich kann mir seitdem einfach nicht vorstellen, daß dieser Mann nicht GANZ GENAU weiß, was los ist und was zu tun ist. Ganz im Gegensatz zu Merkel, Berlusconi und all den verwirrten Typen. Obama weiß, daß es Spitz auf Knopf steht. Eigentlich ist alles aus. Im Zockersaal sitzen all die hunderte von Spielern, jeder hat sein Pokerspiel bei 50 Cent begonnen und hat nun auf zwei Billionen hochgereizt. ‚Zeigen!‘ ruft der Nebenmann, der dasselbe gemacht hat. Im Flüsterton fragt er einen Mitspieler, ob er ihm nicht kurzfristig 500 Millionen leiht, damit er weiterreizen kann. Und so machen es alle. Und alle warten erschrocken ab. Natürlich geht nun gar nichts mehr. Alle halten die Luft an, ein Engel geht lautlos durch den Raum, und das ist Obama.
Er wird den allesentscheidenden Coup tun. Die Decke mit einem blitzartigen Ruck vom Tisch ziehen und alle Teller und Tassen bleiben stehen. Wie er das machen wird, weiß ich nicht. Vielleicht durch pure Magie. Alle Luftbuchungen bleiben bestehen, und keiner merkt es. Die Realwirtschaft hört auf, auf diese virtuellen Meghabillionen zu starren. Denn Geld gibt es bekanntlich gar nicht wirklich. Es ist nur eine Verrechnungsgröße, ein stillschweigendes Abkommen aller mit allen. Es wird plötzlich wieder da sein, als wäre es nie weggewesen. Und die Zocker spielen abseits weiter ihr absurdes Spiel, handeln mit Phantasiederivaten – und keinen interessiert es.
Ja, so stellte ich es mir plötzlich vor. Also so luzide und doch verschwommen. Es war eine Vision. Aber bevor es soweit ist, werden in Deutschland noch viele Leute verzweifeln.
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