vonEva C. Schweitzer 21.08.2009

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Ist eigentlich irgendwem aufgefallen, dass Tarantino’s Basterds so ganz nebenbei den Völkermord an den Indianern weißwaschen? Das fängt schon an mit den Skalpierszenen, abgeblich, weil der von Brad Pitt gespielte Partisanenführer ein Viertelindianer ist. Nein, das Skalpieren wurde nicht von den Indianern erfunden, dafür gibt es überhaupt keine Belege. Skalpieren war in Europa schon zur Zeit der alten Griechen übrig, und die Trapper haben das nach Amerika gebracht. Die Indianer haben sich das teilweise abgeguckt, aber dass Indianer massenweise skalpiert haben, war eine Erfindung von, richtig, Hollywood. Wer sonst.

Im 18ten und 19ten Jahrhundert haben sogar mehrere amerikanische Staaten, darunter Massachussetts und Kalifornien (damals noch Territorry) Kopfgelder an Weiße für indianische Skalps gezahlt, auch für Skalps von Kindern. Indem Tarantino durch die Blume behauptet, seine monströsen Figuren hätten das Töten doch eigentlich von den Indianern gelernt, dreht er recht geschickt Täter zu Opfern.

Dem nicht genug, ausgerechnet ein semmelblonder Nordeuropäer wie Brad Pitt will ein Viertel ich-weiß-nicht-was-sein, Apache? (Apachen sehen in der Regel nicht aus wie Pierre Brice, sondern mehr wie mexikanische Indios, und ein Teil der Apachenstämme lebt auch in Mexico). Wie ja auch Tarantino angeblich ein Viertel Cherokee ist, weil er aus Tennessee stammt, wo die Cherokee mal gelebt haben. Die Cherokee wurden, auf einem Todesmarsch, dem Trail of Tears aus Tennessee vertrieben. Das war 1838. Ich weiß nicht, wie alt die Großmutter von Tarantino ist, aber garantiert nicht 200 Jahre alt. Übrigens ist die Manie, eine „Cherokee Princess“ als Großmutter zu haben, unter amerikanischen Weißen recht weit verbreitet. Indianer machen sich eher darüber lustig.

Vielleicht sollte einfach Bully Herbig mal eine Coverversion von den Basterds ins Kino bringen? Das wäre auch nicht historisch ungenauer, und wenigstens lustig.

Eva C. Schweitzer, Manhattan  Moments. Geschichten aus New York, erschienen bei Droemer-Knaur, Juni 2009, Taschenbuch, 9,95 €

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