Mein Freundeskreis (Foto: Môsieur J. |version 3.0b| /Lizenz: by) Ach wie schön, so viele nette Geburtstagswünsche auf meiner studiVZ-Pinnwand. Aber diesen Gratulanten kenne ich nicht. Wer ist das? Mal schnell auf seiner Seite vorbei geschaut. Ah stimmt, der Typ von der Party letzte Woche, der mit meiner Freundin Abi gemacht hat. Naja, bei fast 200 Freunden verliert man schnell mal den Überblick.
Mehrere Stunden täglich verbringen Jugendliche und junge Erwachsene wie ich im Internet, davon einen Großteil auf Social Network-Seiten. Dabei geht es ihnen vor allem darum, sich selbst zu inszenieren und „Freundschaften“ zu pflegen. Das zeigt eine Studie der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (lfm) über die Rolle der Web 2.0 Anwendungen. Doch dass diese „Freundschaften“ meist nur oberflächliche Bekanntschaften sind, hat Frauke feststellen müssen.
Frauke war selbst leidenschaftliche web-2.0-Nutzerin. Irgendwann hat sie beschlossen, ihrem Social Network Life ein Ende zu bereiten. „Es hat mich genervt, dass ich so viel Zeit auf Facebook, StudiVZ und Co verbringe“, sagt sie. Deshalb hat sie sich für den digitalen Selbstmord entschieden. Doch nach einem Jahr zog es sie wieder zurück ins Social Web. „Es hat sich angefühlt, als wärst du als Einzige nicht auf eine riesige Party eingeladen!“, beschreibt sie ihr Offline-Leben.
Ein Leben ganz ohne StudiVZ, Facebook und Ähnliches, das könne man sich ihrer Meinung nach heute kaum noch leisten. Denn ein Großteil der sozialen Kommunikation habe sich inzwischen auf diese Seiten verlagert und wer nicht dabei ist, steh außen vor.
Eine erschreckende Entwicklung? Ein natürlicher Trend, meint Frauke. Schließlich gab es auch einmal eine Zeit ohne Telefon, was sich heute keiner mehr vorstellen kann. Kaum vorstellbar ist für die meisten Social Network-User ein Leben ohne diese Netzwerke. Dabei sein, mitreden, nur nicht nicht dabei sein. Das sind laut der lfm weitere Nutzungsmotive.
Ganz schön anstrengend. Und dann muss man sich auch noch um seine Social Network Games kümmern und sein Happy Aquarium oder seinen Bauernhof pflegen. Kein Wunder, dass da keine Zeit für einen Kaffee mit Freuden im wirklichen Leben bleibt. Stumm wie ein Fisch in unserm Happy Aquarium dümpeln wir also durch das digitale Leben. Gesprochene Worte sind dabei überflüssig, das hat mein Kommilitone Andreas selbst erfahren müssen. Willkommen in unserer selbst gewählten Taubstummheit .
Wem dieses Leben gefällt, der kann gerne dieses Blog auf Facebook „liken“. Wem das aber zu viel „online“ ist, der kann, wie Frauke einfach mal die Notbremse ziehen und seinem digitalen Leben ein Ende setzen. Denn eines wurde Frauke dadurch bewusst: „Es zeigt sich deutlich, wer deine echten Freunde sind und wer nur irgendwelche Bekannten.“
Text: Michaela Brehm
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